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"Mit Vollgas in den Action-Olymp"

Wenn ein Rennfahrer überraschend das Feld von hinten aufgerollt hat, tut er gut daran, das Gaspedal nochmal so richtig durchzutreten und der Konkurrenz damit die Rücklichter zu zeigen, bevor sie sich von der Überraschung erholt hat. Ähnliches wird sich auch Regisseur Justin Lin gedacht haben, als er vor gut zwei Jahren die vor sich hinstotternde PS-Franchise The Fast and Furious mit einem vierten Teil wieder völlig unerwartet auf die Siegerstraße bugsiert hatte.

Dabei war er ein gehöriges Risiko eingegangen, als er den Cast des Originalfilms wieder zusammentrommelte, schließlich saß vor allem Hauptdarsteller Vin Diesel durch eigenes Verschulden in der Karriere-Sackgasse fest, aus der kein Weg herauszuführen schien. Die gewagte Rechnung ging bekanntermaßen auf und verschaffte der Serie die dringend benötigte Benzin-Spritze um weiter im Action-Zirkus mitfahren zu können.
Mit diesem von vielen nicht mehr für möglich gehaltenen Erfolg taten die finanzierenden Universal Studios und Justin Lin das einzig Richtige und traten mit dem fünften Teil beherzt und selbstbewusst die Flucht nach vorn an. Nach dem Motto „Stillstand ist Rückschritt" legten sie noch eine Schippe drauf und konzentrierten sich darauf die bereits fulminanten Schauwerte des Vorgängers noch zu toppen.

Hardcore-Fans mögen ob dieser noch weiteren Entfernung von den Erfolgsgaranten des Erstlings die Nase rümpfen, die Entscheidung, der Reihe eine breitere Basis an Szenarien und ausbaufähigen Ingredienzien zu geben ist jedenfalls essentiell, um auch für die Zukunft weiterhin konkurrenzfähig aufgestellt zu sein. Schon im vierten Teil bewegte man sich weg vom prolligen Kosmos der illegalen Autorennen und der damit verbundenen Chrom-blitzenden Subkultur getunter Karossen und nicht minder aufgetakelter Schönheiten. In Fast Five - so der griffige Originaltitel - gönnt man dieser Glitzerwelt nur noch ein paar wehmütige Augenblicke und setzt ansonsten voll und brachial auf Action.

In Anordnung und Progression orientierte man sich dabei eindeutig am Genreprimus. Wie fast alle Bondfilme startet Fast Five mit einer fulminanten Pre-Title-Sequenz, die bereits die Spektakellatte ordentlich hoch legt. Der Rest des Films wartet mit drei groß angelegten Actionhöhepunkten auf, die mit fortschreitenden Dauer teurer, lärmiger und wuchtiger daherkommen, um dann schließlich in einem Finale Furioso zu kulminieren, das alles bisher Gesehene nochmals in den Schatten stellt.

Soweit die Theorie, geht diese auf, ist zumindest im Actiongenre ein Platz auf dem Treppchen zementiert. Kommen noch ein paar coole Posen, kombiniert mit dem ein oder anderen knackigen One-Liner, dazu und wird das ganze Gedöns noch mit einer Prise Selbstironie entschärft, dann darf es auch gerne der Platz an der Genre-Sonne sein.
Um es kurz zu machen: Mission in allen Belangen erfüllt. Fast Five schafft das seltene Kunststück, als viertes Sequel sämtlichen Vorgängern kaltschnäuzig Gummi zu geben und gleichzeitig der Serie ungeahnte Möglichkeiten für ihr langfristiges Fortbestehen zu eröffnen. Dass dabei so ziemlich alle physikalischen Grundgesetze mit ordentlich Schmackes pulverisiert werden, tut dem krachigen Spaß keinen Abbruch.

Natürlich passt die Story auf einen Bierdeckel und bietet Logikfetischisten Kontinentgroße Angriffsflächen. Wer sich daran stört, sollte lieber zu Hause bleiben. Die ganze Sause ist hochtouriges Action-Entertainment ohne irgendeinen anderen Anspruch als laut dröhnend zu unterhalten. Das ist in seiner brachialen Offenheit und lärmigen Unbekümmertheit entwaffnend sympathisch.

Sympathisch auch die Idee den Cast aus den vorangegangenen Filmen zusammen zu klauben und daraus eine Art B-Action-Variante von Ocean´s Eleven zu zimmern. Wie damals Danny Ocean alias George Clooney, ruft nun Dom Toretto (Vin Diesel) eine illustre Riege an alten, gesetzesuntreuen Kampfgefährten zusammen, um den richtig bösen Buben - hier in Gestalt des schmierigen brasilianischen Unterweltbosses Reyes (Joaquim Almeida in seiner Paraderolle) - seiner einzigen großen Liebe zu berauben: seinem Geld.
Neben Doms Schwester Mia (Jordane Brewster) und seinem Schwager in spe (Paul Walker in seinem vierten Fast and Furious-Auftritt als Ex-Undercover-Cop Brian O´Connor), geben sich noch sein Kumpel Vince (Teil 1) aus alten Gang-Zeiten, O´Connors Race-Kumpane Ramon und Tey (Teil 2), der Japaner Han (Teil 3) und die ebenfalls PS-affine Gisele (Teil 4) die Ehre. Für die Komik ist schließlich das erstmals auftretende, sich ständig zankende Latino-Duo Leo und Santos verantwortlich.

Aber damit nicht genug. Dieses launige Klassentreffen wird noch zusätzlich aufgepeppt durch einen weiteren Gegner: den ebenso kompromiss- wie humorlosen FBI-Agenten Hobbs. Schließlich wurde der zu 25 Jahren Haft verurteilte Dom zu Beginn des Films in einer wörtlich halsbrecherischen Befreiungsaktion vor einer tristen Gefängniszukunft bewahrt. Sein Zufluchtsort Rio bleibt den US-Behörden natürlich nicht lange verborgen, die kurz entschlossen ihren besten Mann fürs Grobe schicken, um das lästige Toretto-Problem ein für allemal zu den inzwischen meterdicken Akten legen zu können.

Und auch hier verfuhren die Macher nach der Devise „warum kleckern, wenn man auch klotzen kann" und heuerten keinen geringeren als Actionstar Dwayne „The Rock" Johnson an, der vor allem auch optisch bestens als Widerpart des bulligen Diesel funktioniert. Johnsons Verpflichtung ist natürlich auch ein deutlicher Fingerzeig, wohin die Reise der vormals lediglich auf Autorennen setzenden Reihe künftig hingeht. Zumal Hobbs von einem Team schwer bewaffneter und äußerst schießfreudiger Spezialisten begleitet wird, das sich kriegsähnliche Straßenkämpfe mit Reyes Schergen liefert.

Womit wir wieder beim entscheidenden Pluspunkt des Films wären. Justin Lin nimmt die beliebtesten Figuren der wiedererstarkten Franchise und verschafft ihnen ein neues Betätigungsfeld, bei dem ihr fahrerisches Ausnahmekönnen nicht mehr allein Poser-Zwecken genügt. Wer das als Verrat am Original sieht, wird wenig Freude an Fast Five haben. Allzu viele Puristen scheint es in dieser Hinsicht allerdings nicht zu geben, da Teil fünf sich anschickt alle Vorgänger am Box Office zu überholen. Und das standesgemäß rasend schnell, „Fast and Furious" eben. Und da haben wir sie dann am Ende doch noch, zwei wesentliche Bauteile des Originalmodells.

(8,5/10 Punkten)

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