Tatort: Mord in der ersten Liga (2011)

*Enthält SPOILER*

Das ich mal ein Review zu einem Tatort schreiben würde, hätte ich auch nicht für möglich gehalten, zumal ich absolut kein Fan von Deutschlands erfolgreichster Krimireihe bin und sich die Anzahl der von mir gesehenen Episoden im einstelligen Bereich bewegt.

Warum also das Ganze?

Zum einen, weil sich die Folge im Fussballmilieu bewegt und zum anderen weil er zusätzlich noch in meiner Heimatstadt Hannover spielt. Der sich aus der Kombination der beiden Gründe ergebende Bezug zu meinem Lieblingsverein Hannover 96 ließ mich also nach einer gefühlten Unendlichkeit wieder einmal am Sonntagabend die gute alte ARD einschalten.

Vor Spielbeginn: Im Vorfeld der Partie gab es ja schon einige hitzige Diskussion bezüglich des Themas Homosexualität und Fussball. Lassen wir uns mal überraschen, was davon in den nächsten 90 Minuten auf dem Spielfeld zu sehen ist.
Die Mannschaften treten heute jedenfalls in Bestbsetzung an, so dass man durchaus ein flottes und unterhaltsames Spielchen erwarten kann.

Anpfiff. Der Ball rollt.

1. Minute: Schöne Bilder vom Derby mit dem HSV. Dazu ein paar gefakte Spielszenen. Fussballatmoshäre kommt auf.

3. Minute: Lindholm holt sich mit ihrem Söhnchen ein Autogramm von 96-Star Kevin Faber. Ein kommender Nationalspieler? Möglich. Etwas kurioses am Rande: Das 96-Logo auf den Trikots ist weiß abgedeckt, aber auf den Fanschals und den Stadionfahnen sichtbar!!! Muss man nicht verstehen.

5. Minute: Erstmals richtig Aufregung im Spiel. Faber, eben noch der gefeierte Held im Stadion, wird unsanft am Maschseeufer gelegt. Stimmen sind zu hören. Eine Handy-Cam wackelt schnell hin und her. Der steht nicht mehr auf. Das ist sicher. Glatt Rot meiner Meinung nach.

9. Minute: Lindholm kommt immer besser ins Spiel und beginnt die Ermittlungen aufzunehmen. Jetzt sind erfahrene Spieler wie sie gefragt, um wieder etwas Ruhe in das Geschehen zu bringen. Doch sie stürmt lieber forsch nach vorne. Waffe gezogen. Wohnungstür aufgebrochen. Jochen Krämer verhaftet. Sein Wagen stand an der Stelle wo Faber gefunden wurde. Hat er das Foul begangen?

12. Minute: Zum ersten Mal greifen die Hooligans von Hannover ins Geschehen ein. Stecken sie hinter dem Foul? Hat Faber sie mit einem Interview provoziert? Auch die Homosexualität, die im Vorfeld für viel Diskussionstoff gesorgt hatte, wird nun thematisiert. Was ist dran an den Gerüchten um eine Beziehungen zwischen Faber und Krämer? Ein klares Dementi von allen Beteiligten. Bisher wird das Thema irgendwie recht halbgar behandelt.

18. Minute: Nach etwas Leerlauf im Spiel treten Fabers Mannschaftskollege Ben und sein Manager Leo Biller in Aktion. Das ändert jedoch nicht viel am Geschen auf dem Rasen. Beide agieren noch äußerst zurückhaltend.

26. Minute: Hannovers Hooliganszene nimmt immer stärker am Spielgeschen teil. In einem Chatroom findet Lindholm verdächtige Einträge und Bilder. Besonders User "Robben" ist von Interesse. Robben? Fussball? Wie kreativ!!!! Und wie sieht eigentlich der Chatroom aus?! Zeitgemäß ist das jedenfalls nicht.

30. Minute:  Lindholm im direkten Duell mit Robben. "Hallo, ich bin Charlotte aus H."  "Ich bin Jan C. aus B."  Besonders intensiv ist der Zweikampf noch nicht. Aber der Junge sieht ziemlich gut aus. Und die Lindholm ist doch Single, oder? Nachtigall ick hör dir trapsen.

35. Minute: Aus dem Nichts brennt hier der Baum!!! Im Hooligan-Chat tauchen Bilder des gefoulten Fabers auf. Damit war nun wirklich nicht zu rechnen. Doch wer hat sie hochgeladen? Robben?

37. Minute: Jetzt gehts Schlag auf Schlag. Lindholm mit schönem Sololauf ins Kreuz Bube. Die Hooligan Kneipe schlechthin. Doch was ist das? Das sollen Hooligans sein? Schlecht gecastet. Schlecht gespielt. Und vor allem schlecht geschrieben. Das ist zwingend Gelb für die Autoren. Die Darsteller kommen grade noch so mit einer Ermahnung davon.

40. Minute: Uhiiii!!!! Was ein Zuckerspielzeug werden jetzt einige sagen. Hooligen "Robben" entpuppt sich als Undercoverjournallist. Andererseits hätte eine internatinonal erfahrene Spielerin wie Lindholm das doch vorausehen können. Vielleicht auch müssen. Immerhin ist Oberhool "Direktor" identifiziert. "Direktor"!!!  Langsam wird peinlich. Noch sowas und die verantwortlichen Schreiberlinge fliegen hier noch vor der Pause mit Gelb-Rot vom Platz.

45. Minute: Kurz vor dem Halbzeitpfiff wirds nochmal richtig turbulent. Lindholm lässt Ben mit einer einfachen Körpertäuschung stehen. Der guckt völlig belämmert. Sie weiss jetzt, dass er homosexuell ist. Aber Lindholm spielt fair. Sie verspricht zu schweigen. Dann ist Halbzeit.

Halbzeitfazit: Die ersten 45 Minuten sind vorbei und man weiß nicht so recht, was man davon halten soll. Hat stark angefangen,  nur um dann stark nachzulassen. Hat mal wär 3 Euro für das Phrasenschwein?
Besonders von Lindholm hätte ich mehr erwartet, aber auch Ben auf den Außen und Jan in der Mitte blieben bisher ziemlich blass. Die Hooligans sind aber die mit Abstand größte Enttäuschung. Ein einziger Totalausfall. Sie wirken wie Fremdkörper. Bleibt nur zu hoffen, dass in der zweiten Hälfte etwas mehr passiert und es die eine oder andere zwingende Offensivaktion zu sehen gibt. Ach ja, schwul war ja auch noch. Oder doch nicht? Weiß gar nicht mehr so genau. Irgendwie nur eine Randerscheinung bisher. Und dafür das ganze Trara vor Anpfiff.

48. Minute:  Alles Bitten hat nicht genutzt.  Die Partie plätschert weiter recht unspektakulär vor sich hin. Fabers Manager Biller taucht mal wieder auf und erzählt von einem angeblichen Wechsel zu Inter Mailand. Aber es bleibt dabei. Biller wirkt hölzern. Das ist nicht sein Spiel heute.

50. Minute: Da motz ich gerade noch rum und schon kommts dicke!!! Endlich wirds mal richtig schwul. Ben und Krämer am rummachen. Wurde auch Zeit nach den ganzen Ankündigen im Vorfeld der Partie.

56. Minute: Geht da jetzt vielleicht mal was? Lindholm und Jan kommen sich auf dem Spielfeld entscheident näher, aber was vielversprechend beginnt endent erneut ohne große Aufreger. Die Partie verliert grade arg an Tempo und Unterhaltung. Da muss jetzt reagiert werden. Vielleicht sollte mal ein frischer Spieler gebracht werden.

65. Minute: Ben ist immer verzweifelter. Seine Homosexualität ist bekannt geworden. Er weint. Er weiss nicht weiter. Trotzdem wird wieder nur oberflächlich an der Thematik gekratzt. Auch Bens Performance überzeugt nicht.

70. Minute: Nochmal etwas Spannung. Biller scheint bei den Verhandlungen mit Inter nicht ganz sauber gearbeitet zu haben. Lizensentzung droht. Wusste Faber davon?

73. Minute: Aus dem absoluten Nichts wirds plötzlich fuchsteufelswild. Zwei Hooligan Gruppen prügeln sich Nachts im Schein von Bengalos in einem Parkhaus. Warum? Keiner weiss es. Das Ganze ist einfach nur absolut lächerlich. Da kann man auch über glatt Rot für die Autoren nachdenken. Aber der Schiri ist milde und schickt sie "nur" mit Gelb-Rot vom Feld. Das hatte sich schon ein der 1. Hälfte angedeutet. Ganz unnötige Aktion.

82. Minute: Lange ist hier gar nichts mehr passiert. Nun aber doch noch einmal Lindholm, die hart gegen "Direktor" einsteigt. Aber auch diese Aktion verläuft im Sand. "Direktor" hat zwar die Bilder von Faber gemacht, aber nichts mit dem Foul an ihm zu tun.

83. Minute: Immer wenn du glaubst es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her. Da haben sich schon alle mit dem Remis abgefunden und dann aus dem Nichts plötzlich die Entscheidung. Lindholm mit DER Aktion des Spiels. Sie schaut sich noch einmal ganau das Video vom Foul an Faber an und findet die Lücke. Der Weg zum Tor ist frei. Jetzt muss sie nur noch den Ball versenken und die Partie bekommt hier kurz vor Spielende doch noch einen Sieger.

84 Minute: Lindholm geht alleine auf Biller zu. Geschickt klappt sie den Laptop auf und lässt Jugendvideos von Kevin laufen. Biller ist dem Druck nicht gewachsen. Er bricht zusammen und gesteht das Foul. Toooooooooor!!!!!! Damit ist das Spiel entschieden. Ein bitterer Beigeschmack bleibt nach dieser entscheidenen Szene trotzdem. Irgendwie schon komisch, dass der eisenharte Biller hier nicht gegenhalten kann. Seis drum. Nicht das erste Mal, dass in diesem Spiel komisch agiert wird.

89. Minute: Pressekonferenz mit Ben. Alles wird gut. Ja, ich bin schwul. Musste ja noch kommen. Aber musste das wirklich sein? Das Homosexualitätsthema wirkt nicht nur in dieser Szene ziemlich aufgesetzt. Egal. Der Schiri pfeifft nach 90 mehr schlechten als rechten Minuten ab. Das Spiel ist aus.

Spielende: Was gut begann wurde mit zunehmender Spieldauer leider ein ziemlich müder Kick. Zu kaum einem Zeitpunkt konnte die Partie den Zuschauer wirklich fesseln. Die Diskussionen im Vorfeld entpuppten sich als laues Lüftchen. Homosexualität im Fussball wurde thematisiert. Aber bitte wie? Man wird das Gefühl nicht los, dass mit diesem Schachzug lediglich ein paar Trikots mehr verkuaft werden sollten. Positiv fürs Spiel war diese Aufstellung jedenfalls nicht wirklich.
Festzuhalten bleibt, dass das heute insgesamt technisch sicherlich eine ganz ordentliche Vorstellung war, aber ob das wirklich ausreicht, um das zahlende Publikum zufrieden zu stellen, darf bezweifelt werden. Besonders die Autoren müssen sich fragen lassen, was das eigentlich sollte. Mit Fussball hatte das jedenfalls herzlich wenig zu tun und Spannung geht auch anders. Zusätzlich wirkten die Spieler allesamt wenig frisch und so bleibt der Traum von Europa dann leider nur ein Traum. Mehr als graues Mittelmaß war das heute nicht. (4,5/10)