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Wie die Filmgeschichte bereits gezeigt hat, lässt sich „Rotkäppchen“ verschiedenartig interpretieren, sei es durch die schlichten, aber meist werkgetreuen Umsetzungen der DEFA, oder aber die verträumt- erotische Version „Zeit der Wölfe“.
Das Problem bei dieser Variante ist von vornherein offensichtlich, denn abgesehen vom unterhaltsamen Ratespiel um die Identität des Werwolfs, sieht die Sache aus, als hätte man „The Village“ und „Twilight“ miteinander gekreuzt.

Valerie (Amanda Seyfried) musste soeben den Tod ihrer jüngeren Schwester durch den Wolf verkraften, als der Wolfsjäger Pater Salomon (Gary Oldman) und sein Gefolge im Ort eintreffen und eine inquisitorische Bestandsaufnahme durchführen. Schon bald steht auch Valerie im Fokus der Wolfsjagd…

Wenn schon eine magere Dreiecksgeschichte bemüht werden muss, die noch nicht einmal Tiefgang mit sich bringt und lasche Figuren einbindet, ist es um das Skript schlecht bestellt.
Die Aktionen des Lykanthropen lassen demgegenüber einige Zeit auf sich warten und werden eher blutarm und mit wenig Aufwand in Szene gesetzt, wobei man das Vieh besser nicht so häufig in Nahaufnahme präsentiert hätte, denn seine Gestaltung lässt im Detail doch arg zu wünschen übrig.
Aber zumindest punktet ausgleichend eine Stimmung des gegenseitigen Misstrauens, denn recht geschickt wird annähernd jeder in verdächtiges Licht gerückt und besonders Valerie kann sich bald auf niemanden mehr verlassen, da ihr geliebter Peter genauso zwiespältig handelt, wie Henry, den sie auf Wunsch ihrer Eltern heiraten sollte.

Allerdings passen hier einige Aspekte überhaupt nicht zusammen, was mit typischen zeitgenössischen Fönfrisuren beginnt, über zu offensichtliches Make-up geht und einige Regeln über Werwölfe bricht, obgleich sie kurz zuvor noch erwähnt wurden.
Hinzu kommt, dass die Nebenhandlung um die beiden jungen Männer um Valerie zuviel Zeit beansprucht, während interessantere Interaktionen wie mit der Großmutter oder zu Beginn der jüngeren Schwester viel zu kurz kommen und das Potential mit symbolischen Spielereien, mit Farben und Metaphern zu selten ausgeschöpft wird.

Aufrecht erhalten wird die Chose lediglich durch das Whodunit, welches sich zumindest nicht als so einfach herausstellt, wie man es zwischenzeitlich befürchten könnte.
Von Vorteil ist auch, dass trotz inhaltlicher Eindimensionalität die abwechslungsreiche Kamera und die ordentlich gesetzten Schnitte für Tempo sorgen, was dem Score leider nie gelingt. Denn jener wirkt aufgrund einiger moderner Einflüsse schlicht kontraproduktiv und phasenweise regelrecht unangemessen.
Okay ist letztlich noch die Ausstattung ausgefallen, denn auch wenn das mittelalterliche Dorf oftmals nach Studio riecht, sehen die Kleider und Requisiten passabel aus.

Darstellerisch sticht ein Gary Oldman mit leichtem Overacting und viel Gepose deutlich heraus, da ihm die Figur des selbstgerechten Jägers und Richters offenbar liegt und er damit eine Menge Präsenz auf die Leinwand bringt.
Schlechter ist es hingegen um die jungen Mimen bestellt, denn eine Amanda Seyfreid kann als vermeintliches Rotkäppchen nie mehr, als ihre großen Augen mit bangem Blick in die Landschaft zu richten. Wirklich übel sind allerdings Shiloh Fernandez als Peter und Max Irons als Widersacher Henry: Die hätten direkt bei „Twilight“ einsteigen können, ohne negativ aufzufallen, denn das hölzerne Spiel wird lediglich von der Holzhütte der Großmutter getoppt.

Und so fühlt sich dieser Werwolf-Krimi auch eher wie eine ins Mittelalter verfrachtete Variation der zeitgenössischen Vampir-Saga an, als mit eigenen Akzenten zu punkten.
Anlehnungen ans originale Märchen sind zwar willkommen, werden jedoch oft wahllos eingebunden und untermauern lediglich die Unausgewogenheit des Drehbuchs.
Wenn das Ratespiel um die Identität des Werwolfs nicht so halbwegs unterhaltsam ausfiele, könnte man den Rest prompt vergessen…
4,5 von 10

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