Cool, cooler, noch viel viel cooler, dann kommt eine Zeit lang gar nichts. Und dann kommt "Get the Gringo". Ein Tex-Mex-Streifen mit Mel Gibson, der in seiner Art her irgendwo "Desperado" ähnelt, aber mehr Schwächen wie Stärken bietet. Ein Klassiker wird dieser Film auf jeden Fall nicht.
Ein namenloser Räuber ist er (Mel Gibson). Nach einem Überfall liefert er sich mit der amerikanischen Polizei an der Grenze Mexikos eine Verfolgungsjagd, die mit einem Sprung und anschließendem Totalcrash auf mexikanischem Boden endet. Zuerst wollen die mexikanischen Polizisten den amerikanischen Kollegen den Verbrecher übergeben. Doch als sie auf dem Rücksitz das ganze Geld bemerken, behalten sie den Ganoven dann doch lieber in ihrem Land - denn das Geld kann auch der kleine, korrupte mexikanische Polizist gut gebrauchen. So wird aus dem Namenlosen "Der Gringo".
Als das Geld unter den mexikanischen Gesetzeshütern aufgeteilt ist, wird der Gringo in einen Knast gesteckt, in dem ganz eigene Gesetze gelten. Das Gefängnis "El Publito" ist praktisch eine kleine Stadt für sich, in der Gefangene mit ihren Familien ein fast ganz normales Leben führen können, wenn sie sich an bestimmte Regeln halten und sich an die Gesetze der "Policia" halten. Der Gringo merkt schnell, dass er mit seinem Scharfsinn und seinem Grips durchsetzen muss, wenn er aus diesem Knast-Dorf lebend wieder rauskommen will...
"Mel Gibson" dürfte wohl jedem Filmfreak ein Begriff sein. Falls nicht, legt euch wieder ins Bett. Nachdem er seit dem Jahr 2002 eher selten in Filmen mitwirkte und sich aus seinem Beruf Schauspieler zurückzog, gab ihm das Jahr 2006 wohl den Rest: Nach einer Alkoholfahrt, bei der er antisemitische Tiraden von sich gegeben hatte, schoss er sich seitens Hollywood selber ins Aus. Nachdem er 2010 mit "Auftrag Rache" und dem Flop "Der Bieber" (2011) sein Comeback, oder wie man es auch nennen mag, versuchte, ist "Get The Gringo" sein dritter Anlauf zurück zu den fünf Minuten Ruhm. Und ja, der Film rockt, aber Logik oder Anspruch kann man bei diesem Film getrost über Bord werfen. Denn "Get the Gringo" ist nichts anderes geworden wie ein Fantasy-Knastfilm, bei dem alles aalglatt und selbstverständlich über die Bühne läuft.
Mit viel Wortwitz und Erzählbärstimme im Off kommt die Hauptlocation, das Gefängnis, zum Vorschein. Und naja, was soll ich dazu sagen? Ich hab noch keinen deutschen Knast von innen gesehen, oder paradiesisch angelegte Gefängnisse in aller Welt studiert - aber ganz ehrlich: Wenn das die Realität spiegelt kann man sagen, dass es sich hier ganz gut leben lässt. Am besten wird man ein Verbrecher und hat ausgesorgt. Drogen, ein Whirlpool, Currywurst oder Superkleber? Alles kein Problem in dem Knast, denn hier ist alles selbstverständlich.
Auch dem Gringo wird schnell klar, dass man als Durchschnitt hier nicht auffallen kann, und so handelt er. Er lernt den "ganz besonderen Jungen" (Kevin Hernandez), seine Mutter (Dolores Heredia) und ihr Schicksal kennen, was - wie soll ich es ausdrücken - irgendwo total bescheuert wirkt. Aber nach drei Tüten oder zwei Bongs geht das klar. El Kid (in dem Film hat scheinbar keiner einen echten Filmnamen) ist ein besonderer Junge, da er für den Obermotherfucka-Gangster irgendwann seine Leber und damit auch sein Leben lassen muss und wird somit von der Gang, die das Sagen hat, beschützt. Seinen Vater ereilte vor Jahren (oder Monaten?) das gleiche Schicksal. Die Leber geklaut und der Rest ab in die grüne Biotonne.
Dem Treiben und der Coolness zu folgen ist ganz nett. Während Mel Gibson mit dem Meisterbrief im Klauen, Betrügen und falsche Fährten legen den Obermeister darstellt (ohne auch nur einmal wirklich anzuecken), stellt sich das zehnjährige Kind als guter, vielleicht zu guter, Beobachter heraus. Er weiß über den Gringo komplett Bescheid und auch über alle Absichten der Bösen. Und so kommt praktisch eine Lawine nach der anderen ins Rollen. Fehler auf der Gibson-/Kid-Seite tendieren zu Null, während sich die wahren Bad Guys als absolute Oberflaschen erweisen, die nichts gepeilt bekommen.
Mel Gibson ist so cool, dass ich mir beim Ansehen eine Wollmütze und Omis selbstgestrickte Ohrenplauschen anziehen musste. Man hat zu keiner Zeit das Gefühl, dass dem Gringo was passieren könnte. Und genau das lähmt auch den insgesamten Spaß, den ich beim Ansehen von "Get the Gringo" hatte.
Vergleiche aufgrund der Tex-Mex-Story zu "Desperado" sind vielleicht etwas zu weit hergeholt. Auch wenn Banderas´ Film komplett durch den Logikdetektor fiel, wusste dieser Film es aber durch außergewöhnliche Szenen, dies gut zu vertuschen. Hier wird nur gerappelt und gerotzt, was das Zeug hält. Ohne nennenswerte Momente zu schaffen, die in Erinnerung bleiben. Schon alleine, dass der Bub die stärkste Szene im ganzen Film hat, spricht Bände für Gibson´s austauschbare Figur. Vielleicht kann man den Streifen auch besser mit dem Film "El Gringo" (Mit Scott Adkins) vergleichen, wobei der auch nicht wirklich aus der Masse heraussticht, aber dennoch im Gesamten besser wirkt wie diese One-Man-Show.
Ich will "Get the Gringo" nicht schlecht reden. Zum einmaligen Konsumieren ist er wahrlich eine Pracht. Hirn ausschalten (am besten noch im leicht angetrunkenen Zustand) und der Coolness, der Selbstverständlichkeit und auch dem Fantasy-Sektor zuzuschauen, ist okay. In meinen Augen aber auch nicht mehr. Ein zweites Mal könnte ich mir diesen Film nicht geben, da der Film auf viele Nebensächlichkeiten eine großen Haufen legt und nicht mehr weiter eingeht, und nur das zeigt, was man eben zeigen will, um die Leute zu unterhalten.
6/10