New Jersey 1935: Mitten in der tiefsten Depression träumt die Aushilfskellnerin Cecilia ausschließlich vom Kino. Ihr Job ist ein Alptraum, ihr Ehemann Monk noch viel mehr, und die einzige Abwechslung ist das Kino mit seinen damals so angesagten romantischen und rührseligen Melodramen. Cecilias Alltag ist grau, bis eines Tages der Held der aktuellen Schnulze, Tom Baxter (Entdecker, Poet, Abenteurer, von der Chicagoer Familie der Baxters), von der Leinwand steigt und mit Cecilia flüchtet. Der Film auf der Leinwand kann nicht weitergehen ohne Tom, und alle fangen an zu spinnen: Monk dreht am Rad wegen seiner untreuen Frau, Tom dreht am Rad wegen seiner Freiheit in der wirklichen Welt, die Schauspieler auf der Leinwand drehen am Rad und diskutieren mit dem eingeflogenen Produzenten, dieser dreht am Rad wegen möglicher (krimineller) Folgen, und der Darsteller Toms, Gil Sheperd, dreht am Rad wegen seiner Karriere. Gil fährt also nach New Jersey und trifft sich mit Tom …
Man könnte hier vieles schreiben was klug klingt. Über Metaebenen, über Hommagen, über Eskapismus, über Film-im-Film-Filme, … Fakt ist, dass PURPLE ROSE OF CAIRO einer der schönsten und liebevollsten Filme ist, der jemals über das Thema Film gedreht wurde. Jeder, der Filme liebt, kann sich hier wieder erkennen, kann sich in Cecilia hineinversetzen wenn sie aus dem Alltag in eine Traumwelt flüchtet, und wenn sie sich einen Film zum fünften Mal in Folge anschaut, um bloß nicht wieder da raus in die Wirklichkeit zu müssen. Hat nicht jeder schon einmal davon geträumt, was wohl wäre, wenn der Held (oder gar der Unhold - RINGU lässt grüßen) von der Leinwand bzw. der Mattscheibe steigt? Oder, noch besser und bestimmt noch häufiger geträumt, wenn man selber in den Film hineinsteigt? LAST ACTION HERO hat dieses Sujet ebenfalls überzeugend gezeigt, aber PURPLE ROSE hat einen gewaltigen Vorteil gegenüber dem John McTiernan-Blockbuster: Er hat Seele. Und er berührt …
PURPLE ROSE OF CAIRO ist der einzige Film, den ich jemals innert einer Woche zweimal im Kino gesehen habe. Und mehr als 30 Jahre nach seiner Erstsichtung wäre ich immer noch dazu bereit, ihn in kurzer Zeit mehrmals hintereinander zu sehen. Und das schafft kein einziger meiner anderen Lieblingsfilme. Es bleibt bei dem, was ich bei der Vorstellung in einem Filmforum vor vielen Jahren schrieb: Ich bin Mia Farrow …