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Schweigsam und gelassen übt der Sezierer im städtischen Leichenschauhaus sein grausiges Handwerk aus. Die heruntergekommene Stadt voller Gewalt und Terror liefert ihm mehr als genug Arbeit. Auch in seiner Freizeit umgibt er sich lieber mit Toten als Lebenden - er stopft Tiere aus.

Doch dann löst das Tattoo eines Gemäldes auf dem Bauch einer toten jungen Frau seltsame Erinnerungsfetzen in ihm aus. Zur gleichen Zeit begegnet er Kane, einem Jungen auf der Flucht vor dem Mörder seiner Mutter. Das aggressive und verängstigte Kind bringt etwas lang Verborgenes in dem erstarrten Mann in Bewegung. Plötzlich regen sich überraschende Gefühle, Erinnerungen erwachen. Der Sezierer ergreift Partei, er mischt sich ein - und schlägt zurück!


Der Rapper Method Man (Wu - Tang Clan) spielt den in sich zurückgezogenen-und namenlosen Sezierer, der in diesem dunklen-und düsteren Film Noir Thriller im Focus einer fesselnden Geschichte steht. Ich kann mich nicht daran erinnern in den letzten Jahren einen Film gesehen zu haben, der von der ersten Einstellung an so düster in Szene gesetzt wurde, das den Zuschauer von Beginn an ein extrem beklemmendes Gefühl begleitet, das sich erst wenige Minuten vor dem Ende ein wenig aufhellt. Es ist eine äusserst trostlose Welt in der unser Titelheld lebt, menschliche Freuden scheinen ein absolutes Fremdwort zu sein und die einzigen sozialen Kontakte des Mannes bestehen in gelegentlichen Besuchen bei einer Prostituierten. Seine Umgebung ist an Tristesse schwerlich zu überbieten, was von Regisseur Gareth Maxwell Roberts optisch brillant in Szene gesetzt wurde. Befindet man sich doch in einer namenlosen Stadt, in der es augenscheinlich nichts Positives zu finden gibt. Heruntergekommene Häuser, vermüllte Strassen und verwahrloste Menschen sorgen hier für eine Grundstimmung, die sich wie eine bleierne Last auf die Schultern des Betrachters legt.

Inmitten dieser Umgebung lebt der Sezierer schon fast wie ein Einsiedler und man merkt ziemlich schnell, das sein Leben nicht unbedingt positiv verläuft. Durch die Leiche einer ermordeten Frau werden Erinnerungen in ihm wach und er wird in eine Geschichte hineingezogen, die erstaunliche Parallelen zu seiner eigenen Kindheit aufweist. Auf einmal ist nichts mehr wie vorher und das Leben des Mannes soll sich grundlegend ändern, was dann insbesondere in den letzten gut 15 Minuten des Werkes zu erkennen ist. "Der Sezierer" beinhaltet im Prinzip kaum Tempo, die Geschichte besticht vielmehr durch eine sehr ruhige Erzählstruktur. So wird beispielsweise gerade in der Anfangsphase viel Wert darauf gelegt, dem Zuschauer den Charakter der Hauptfigur näher zu bringen. Dies gelingt auch absolut erstklassig, schnell stellt man einen starken Bezug zu dem in sich gekehrten Mann her, der selbst sein Gesicht unter einem dunklen Bart versteckt. Es scheint fast so, als wenn er niemandem etwas von seiner Person preisgeben möchte, sondern viel lieber unbeachtet-und unerkannt durchs Leben gehen möchte. Es ist dem grandiosen Schauspiel von Method Man zu verdanken, das hier eine faszinierende Identifikation mit der Hauptfigur stattfindet, denn ganz unweigerlich taucht man in ihre düstere Welt ein und wird dabei zeitweise in eine Art sogartigen Strudel gerissen, aus dem es scheinbar kein Entkommen gibt.

Es ist die wirklich einzigartige Atmosphäre des Filmes, die eine fast unheilvolle Faszination auf einen selbst ausstrahlt, der man sich beim besten Willen nicht verweigern kann. Praktisch unmöglich erscheint es, sich der fast bannartigen Intensität dieses Werkes zu verweigern, das einen tiefen Einblick in die menschliche Abgründe der Seele offenbart. Obwohl einen phasenweise ein Gefühl der Schwermut überkommen will, versucht man die vom Szenario ausgehende Dunkelheit zu durchbrechen und endlich einen Lichtschimmer zu erhaschen. Gerade bei diesem Aspekt kann man die Arbeit von Gareth Maxwell Roberts gar nicht genug loben, hat er doch zum Ende hin einen geradezu fantastischen Kontrast der Ereignisse eingebaut, der einen letztendlich mit einem sehr befriedigenden Gefühl aus der Geschichte entlässt. Nachdem nämlich der Fall der ermordeten Frau beendet ist, unternimmt der Sezierer eine Reise in die eigene Kindheit, um die quälenden und unbeantworteten Fragen zu klären, die ihn sein Leben lang belastet haben. An diesem Punkt vollzieht der Film auch eine visuelle Wende, denn auf einmal ist es vorbei mit der vorherrschenden Dunkelheit, es präsentieren sich farbenfrohe und helle Bilder und auch die Persönlichkeit des Hauptcharakters ändert sich völlig. Dieser Kontrast wertet das Werk noch einmal zusätzlich auf und beinhaltet auch eine gewisse Symbolhaftigkeit.

Letztendlich kann man nur ein äusserst gutes Gesamtzeugnis für einen Film ausstellen, der von der ersten bis zur letzten Minute eine unglaubliche Faszination ausstrahlt und trotz eher selten eigestreuter Action-Szenen zu keiner Zeit langatmig erscheint. Die ruhige, dafür aber umso intensivere Erzählstruktur der Geschichte und ein brillant agierender Hauptdarsteller sind neben einer herausragenden Atmosphäre die ganz großen Stärken. "Der Sezierer" ist ganz sicher ein aussergewöhnlicher Thriller, der aber insbesondere bei den Liebhabern des Film Noir großen Anklang finden dürfte.


Fazit:


Selten erlebt man einen Film der einem sofort mit der ersten Einstellung die richtige Grundstimmung vermittelt, um einen perfekten Einstieg in eine Geschichte zu bekommen, die kaum düsterer hätte kreiert werden können. Jede einzelne Passage entfaltet dabei ein extremes Maß an Tristesse-und Trostlosigkeit, die wie eine schwere Last auf den eigenen Schultern liegt und einen scheinbar erdrücken will. Was sich hier eventuell negativ anhört ist als absolut positiv zu bewerten, denn nur so kann man den richtigen Zugang zu einem Werk finden, das meiner persönlichen Meinung nach ein absolutes Highlight des Filmjahres 2011 darstellt.


9/10

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