Ich habe die Ehre diesen außergewöhnlichen Film als Erste zu rezensieren. International ist der Film sehr populär, besonders unter depressiven Teenagern.
Dominik ist ein angehender junger Mann aus einem Elternhaus der Oberschicht. Er schreibt gute Noten, und pflegt dem sozialstatus seiner Eltern entsprechende Kontake. Seine Eltern zeigen ihren Sohn zu dieser Zeit gern vor. Er kommt, so glauben sie, ganz nach ihnen. Zufällig schaut Dominik sich ein SVV Video an (Selbstverletzendes Verhalten), und kann zu diesem zeitpunkt eher nicht nachvollziehen, wie man "drauf" sein muß, um so etwas zu tun und hinterläßt beiläufig einen kleinen Kommentar bezüglich des Videos.
Auf einer ausgelassenen Feier küssen sich zwei Mädchen demonstrativ, um die Stimmung in die Höhe zu treiben. Dominik und ein Mitschüler werden aufgefordert, das Gleiche zu tun. Wie dumm man in einer so männlich-heterophoben Welt als Teenager sein kann, selbst, wenn man gute Noten schreibt, dafür liefert Dominik gleich den Beweis. Das Video landet im Internet., wo es von den Teilnehmern der Party zunächst gut kommentiert wird - als eher feindlich gesinnte, fremde Votes dazukommen begreift Dominik jedoch erstmal die Tragweite. Dann geht alles zügig.
Dominik wird von seinen Mitschülern aufgezogen bezüglich des Videos, eher verlegen reagiert er darauf und täuscht vor, als könne auch er darüber lachen, doch beim engen Körperkontakt mit dem gleichen Jungen wie auf der Party, diesmal beim Kampfsporttraining, erkennt er unmißverständlich, daß Jungen ihn anziehen. Ein gefundenes Fressen für seine Mischüler, um nun offen feindliches Material gegen ihn im Internet zu veröffentlichen. Dominik ist mit dieser Situation überfordert - obgleich er ahnt daß ja auch etwas daran ist - Jungen ziehen ihn an.
Da er auf das SVV Video einen Kommentar hinterlassen hatte, kontaktiert ihn genau an dieser Stelle ein ihm bisher unbekanntes Mädchen. Dieses Mädchen heißt Sylwia, hat sich von der sie verletzenden Außenwelt seit Ewigkeiten isoliert, indem sie nur noch in einer virtuellen Welt lebt. Dort, wo sie die Regeln macht, und wo jeder, egal ob zu dick, behindert oder sonstwie benachteiligt, sich ein Aussehen geben kann, wie er sich fühlt. An und für sich ist das ein netter Gedanke, aber Sylwia ist der fatalste Einfluß den Dominik sich in dieser geschwächten situation nun hätte suchen können. Denn die Mitglieder ihres Virtuellen Königreiches, des "Suicide Room", egal, welche persönlichen Schicksale dahinterstecken, woher sie also kamen, eint der Wunsch, wohin sie gehen möchten: Sie geben sich selbst in melancholietriefender "Emo-Manier" dem Wunsch bzw der Vorstellung hin, ihrem Leben ein Ende zu setzen, konsumieren Selbstmordvideos und schmachten nach dem Ende.
Sylvia verletzt sich, indem sie ihre Arme schneidet, und ist für Dominik, der an einem lwunden Punkt angekommen ist, befremdlich, anders - und faszinierend. Der Grund, warum der Film bei sovielen Depressiven so gut ankommt, ist, weil diese ebenfalls in der Altersklasse sind, und sich den "selbstbestimmten Rückzug" in einen Schutzraum innerhalb ihrer vier Wände wünschen. Ich habe mit vielen gesprochen, sie alle fasziniert Sylwia's "unabhängigkeit". Bei Dominik kommt hinzu, daß er Sylwia dazu auch noch attraktiv findet, und regelrecht verstehen lernen will. Somit wird sie seine Lehrerin, der er anfangs zwar widerspricht, sich ihr aber nicht entziehen kann. Das setzt dem Homosexualitätsplot zwar ein abruptes Ende, aber sich in dieses Mädchen zu verlieben ist sein finaler Fehler. Denn Sylwia hat auf ihre Art ebensowenig Moral wie die Welt, von der sie sich abschottet, und benutzt Dominiks Gefühle ihr gegenüber - benutzt ihn - für ihre Zwecke. Ihre Eingebungen, die zunächst eine Rechtfertigung ihrer isolierten Lebensweise darstellen, werden bald von ihm akzeptiert, und sie wird sein Mentor, ganz nach Grimar Schlangenzunge, der König Theoden Gift ins Ohr flüstert (Herr der Ringe, 1978).
Als Dominiks Eltern ihn zu einer Veranstaltung mitnehmen, ist er bereits in Sylvias Bann, und auf Provokation aus. Er lehnt die Bekanntschaft eine hochstehenden Mädchens in Gegenwart seiner Familie ab, um diese zu blamieren und zu verkünden daß er schwul sei - und beginnt mit einer römischen Statue vor deren Augen herumzuknutschen. Seine Eltern sind strikt gegen jede mögliche
Homosexualität und versuchen den Vorfall zu verdrängen. Sie sprechen ihm seine Behauptung, homosexuell zu sein, einfach ab. Er hat nicht so zu
sein, wie er ist. Er hat so zu sein, wie sie ihn haben wollen. Er ist
nun am Scheitelpunkt angekommen und leicht beeinflußbar. Von nun an saugt er Sylwia's "Lehren" und Erkenntnisse in sich auf wie ein schwamm. Dominiks Sicht für die Realität verklärt sich, so geht er mit einer Schusswaffe in die Schule, und bleibt viele Tage dann zuhause um nur noch mit Sylwia zu reden. Er beginnt mit selbstverletzung und endet im Hospital. Erneut verdrängen seine Eltern, er solle keine Zeit im Krankenhaus verschwenden und zur Schule gehen.
Er kehrt in den Suicide Room zurück und dort immernoch der neuling unter den Langzeitdepressiven, die ihn noch nicht als vollwertiges Mitglied akzeptieren.
Sylwia erkennt allerdings daß sie Dominik in der Hand hat - er braucht sie nun, was bedeutet, daß sie ihn mit seelischen Grausamkeiten erpressen kann - wenn er nicht das tut, was sie wünscht, bräche sie den Kontakt ab.
Dominiks Eltern stammen, wie ihr Sohn noch vor Wochen selbst, aus einer karriereorientierten Welt, die keine Kontakte mit Depression oder ähnlichem hat. Erneut geht es, als sie ärztliche Hilfe konsultieren, nur darum, Dominik rechtzeitig geradezubiegen, nämlich für seine Abschlußprüfungen. Was ihr Sohn, eingeschlossen in sein Zimmer, im Internet macht, ist ihnen nicht bewußt. Sylwia erpresst Dominik, daß er sich von dem Doktor, den die Eltern ins Haus geholt haben, Tabletten verschreiben lassen soll, die er widerum ihr geben soll, damit sie sich davon in Überdosis umbringen kann. Als sie den Übergabeort, eine Bar, genauer umreißen bzw diktieren will, trennt Dominiks Vater die Internetverbindung vor der Zimmertür, und Dominiks Welt bricht wie ein Kartenhaus zusammen. Dominik ist durch Sylwia internetsüchtig, und droht und bettelt gleichermaßen vergeblich, er müsse wieder online, zu seiner neuen Familie.
Dominiks Eltern erlauben ihrem Sohn nicht mehr, das Internet zu benutzen, und so macht der sich auf den Weg zu besagter Bar, in der Hoffnung, Sylwia dort zu treffen. Der Barkeeper verweigert die Antwort, ob er ein Mädchen mit Sylwia's Haarfarbe (rosa) gesehen habe, Dominik müsse etwas bestellen für eine Antwort. Damit entspricht der Keeper entspricht genau dem Typ Mensch, der nach Sylwias Lektionen nach den großteil der Welt bevölkert und vor dem sie sich einschließen.
Das Bier, das Dominik erhält, ist zuviel für ihn, und er ist alkoholisiert, entsorgt einige Pillen im Klo und schluckt aus einer Mischung aus kuriosität und verzweiflung die anderen. Dominik stirbt unter den amüsierten Augen eines Pärchens einen qualvollen, langsamen Tod. Sie filmen Dominiks Todeskampf amüsiert mit ihrem Handy.
Dominiks Mutter loggt sich Tage später im Suicide Room ein, wo man bereits überlegt den Raum in Ehemalige selbstmörder oder andere Sachen umzubenennen - ein Zeichen dafür, wie verspielt man mit dem Thema umgeht. Die Mutter nutzt Dominik's Avatar, um der Gemeinschaft mitzuteilen, daß ihr Sohn tot ist und dankt ihnen daß sie für ihn da waren. Die Mitglieder disqualifizieren sich selbst, indem deutlich wird, daß sie für niemanden dagewesen sind und daß ihr Königreich nichts anderes als eine Lüge ist , indem sie blitzschnell ausloggen, weil man das im Internet einfach tun kann um sich unangenehmen Konfrontationen oder gar verantwortung zu entziehen. Sylwia blickt in die virtuellen Augen der Mutter des Jungen den sie auf dem Gewissen hat, weil ihre Irrlehren von demjenigen geschluckt worden sind. Sie kann es nicht fassen daß da etwas wie Verantwortung in ihrer virtuellen Welt existiert, hält dem Blick der Mutter nicht Stand, und flüchtet sich aus einer völlig verdreckten Wohnung hinaus auf die Wiese, das erste mal seit drei Jahren, wo sie ihre hilflosigkeit und ihren Schmerz hinausschreit und die Welt nicht mehr fassen kann. Der einzige Junge der im Raum der Selbstmörder letztendlich gestorben ist, ist derjenige, der mit der ganzen Materie nur zufälllig, in einem ungünstigen Augenblick, in Kontakt gekommen ist, und der eigentlich nicht sterben wollte.
Der Film endet damit, daß man die nun geschiedenen Eheleute Santorska, Dominiks eltern, sieht. Sie nehmen nach wie vor an Veranstaltungen für die höhere Schicht teil, jedoch gezeichnet von dem Verlust des Sohnes, für den sie zu Lebzeiten nicht genug da waren, und dann wird noch deutlich daß das Pärchen in der Bar für die pervertierte, dumme und nie lernende
Gesellschaft steht. Sie, die Dominiks, Todeskampf gefilmt haben, haben das Video als ein weiteres "lustiges Video von einem Spinnner" hochgeladen. Damit endet der Film, der im Herstellungsland Polen einen dicken Preis abgesahnt hat.
Der Film dürfte für alle Eltern eine Warnung sein, besonders alarmierend ist allerdings, daß er zu einem Kultfilm in der "Szene" der depressiven Jugend emporgeklommen ist. Sylwia ist dort keine Verliererin sondern ein Idol, kann ich aus persönlichen Kontakt-Quellen bestätigen, sodaß ich den an sich grandiosen, wirklich tollen Film irgendwie gar nicht mit BenX vergleichen möchte, denn zeigt ben X in aller Härte und unmißverständlichkeit die Widerlichkeiten der Welt und wie sie mit den Sensiblen umgeht, so gibt es in Suicide Room seitens Sylwia nur einige Hinweise und Rechtfertigungen, warum man diese Welt da draußen meiden sollte. Die Romantik wird in den Vordergrund gestellt, sodaß gerade (ausgerechnet) der Teil des Publikums, der den Figuren der Handlung ähnelt, dem weitgehend zustimmt und findet, das sei ja auch alles richtig, und folglich sei Sylwia ganz toll. Ich bin mir daher nicht sicher, ob der Film denn wirklich gelungen ist, wenn die "normalen" Zuschauer die Message verstehen, die "labilen" im Publikum aber ihre Heldin Sylwia auf Fanpages mit Gallerien, Gedichten und vor allem virtuellen Suicide Rooms in den 3D chats dieser Welt zelebrieren.
Der Film jedenfalls ist brilliant, spannend aber auch vor allem das, was ben X nicht war -- vergleichsweise leichter verdaulich da romantisch verklärt und nicht umsonst zugunsten der Zielgruppe mit animetypischem Japano soundtrack unterlegt.