Review

Flämischer Downer

Flämische Thriller, wie in den letzten Jahren z.B. hervorragend "Die Behandlung", erinnern oft an gute Krimis, Tatorte & andere TV-Produktionen aus Deutschland - nur intensiver, härter, erbarmungsloser, hübscher & meist einfach besser. "Bullhead", der nun schon 5 Jahre auf dem bulligen Buckel hat & der sogar für den Auslandsoskar nominiert war, ist zwar mehr Drama als (Gangster-)Thriller, gehört jedoch sicher in die gleiche Kategorie & hält, was Vorschusslorbeeren versprechen. Man braucht Geduld & die Studie über einen stumm-aggressiven Bauernhof-Hünen inmitten der flämischen Hormon-Mafia, ist sicher nicht der temporeichste Film seiner Art. Wenn man die überdurchschnittlich schönen Bilder & die heftige Charakterentwicklung des jungen Mannes auf sich wirken oder sogar in sich eindringen lässt, hat der "Rundskop" (Originaltitel) Potenzial unter die Haut zu gehen & dort zu bleiben. Fast so wie die Spritzen & Drogen des Protagonisten, mit denen er Masse aufbaut & komplexe seelische Schmerzen verdrängen zu versucht.

Einige etwas unnötig ausschweifende Nebenplots & Charakter, die es nicht unbedingt gebraucht hätte, lassen die Laufzeit des farblosen Dramas etwas zu lang werden & Actionfans sind hier absolut falsch, trotzdem ist der depressive Downer sehenswert. Die Mafia wird nicht nur von einer ungewohnt unglamurösen Seite gezeigt, die Bilder sind teilweise fast poetisch traurig. Zudem bietet der Film in dem entscheidenden Rückblick auf den Ursprung dieser menschlichen Tragödie, eine der härtesten Szenen, die ich seit langem gesehen habe, ertragen musste. Da wird mir sicher jeder Mann zustimmen, zimperlich & weich ist anders. Die Darsteller sind durch die Bank hervorragend, der Bulle himself, Matthias Schoenarts, thront jedoch nochmal über allen. Wie er den an seiner Männlichkeit zweifelnden, einst fröhlichen Jungen verkörpert, nun wütend, antisozial & zerstört, ist ganz großes Kino & fast schon unangenehm eindringlich. Man hat Mitleid & gleichzeitig oft genug Unverständnis zugleich - auch wieder: schmerzhaft realistische Grauzonen. 

Fazit: eindringlicher, unterkühlter Blick auf die belgische Hormon-Mafia, aber viel eher eine wesentlich härtere Charakterstudie & erschreckender Blick auf verlorene Unschuld, aufgestaute Wut & ein verwirktes, dunkles, auswegloses Leben!

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