Die Idee als solche klingt zuerst etwas widersprüchlich - eine animierte Persiflage des Italo-Western-Genres ist durchaus vorstellbar, aber dazu noch als Kinderfilm? - Kinder werden kaum die Anspielungen auf ein Genre verstehen, dessen Blütezeit schon einige Jahrzehnte zurück liegt, und die Reduzierung eines von Gewalt und Rücksichtslosigkeit geprägten Szenarios auf die Kinderebene hört sich für einen Western-Fan eher uninteressant an. Um es vorweg zu nehmen - Gore Verbinski gelang mit "Rango" ein wenig die Quadratur des Kreises.
Das beginnt schon bei der Wahl der Tiere, die hier im Mittelpunkt stehen. Außer dem Hauptdarsteller, der sich selbst "Rango" (nach "Durango") nennt, und der als in Gefangenschaft aufgewachsenes Chamäleon meist eine schön grüne Färbung trägt, zeichnen sich die übrigen Wüstenbewohner durch dreckiges und oft auch beschädigtes Äußeres aus. Nur eine kleine, brav gekleidete, Wüstenmaus, verfügt, im Gegensatz zu den sonstigen Bewohnern der Stadt "Dirt", über die übliche Niedlichkeit, was sie aber durch ihr toughes Benehmen ad absurdum führt. Auch sonst werden die bekannten Westerntypen - der Boss im Hintergrund, die für ihn arbeitenden Cowboys, der Bankier, die Bardame und vor allem der gefürchtete Pistolero Klapperschlangen-Jack - sehr stimmig umgesetzt.
Die Story orientiert sich natürlich an bekannten Mustern des Genres, erzählt sie aber schlüssig innerhalb der Wüstenlandschaft, denn hier geht es um Wasser als Machtfaktor. Das wertvolle Gut war immer schon knapp an diesem Ort, aber noch ausreichend zum Leben vorhanden. Doch seit einiger Zeit schwinden die Vorräte, was die Farmer dazu zwingt, ihr Land unter Wert zu verkaufen. Der Grund, warum Verbinskis Film auf allen Ebenen funktioniert, liegt an seinem mühelosen Spagat zwischen alten Westernzeiten und der Gegenwart. Während sich die Optik der Wüstenbewohner und ihr Umfeld an den alten Westernklischees orientieren, ist nicht nur die Wasserthematik aktuell - dem Film gelingt ein überraschender Berührungspunkt in dieser Hinsicht - sondern vor allem die Hauptfigur "Rango" ein Bote des heutigen Zeitgeistes.
Während sich die Anspielungen auf das Italo-Western-Genre aus einer Mischung zwischen ironischem Spiel und kindgerechter Spannung zusammen setzen, wobei der Film keineswegs vor diversen, für einen kindgerechten Animationsfilm überraschend konsequenten Härten halt macht, ist es besonders die Figur "Rango", die hier richtig Spaß macht. Zuerst ein verwöhnter, Fantasie begabter, aber etwas lebensfremder Terrarium-Bewohner, gelingt es dem selbst ernannten Revolverhelden "Rango" - gerade durch die zuvor erworbenen Fähigkeiten - seine Umgebung zu bluffen, bevor er doch gezwungen wird, Farbe zu bekennen. Es sind vor allem seine intellektuellen Fähigkeiten, die das Genre wunderbar ironisieren, wobei auch die anderen Wüstenbewohner immer wieder mit witzigen Bemerkungen glänzen, die nie auf Vordergründigkeit abzielen.
"Rango" nimmt als Grundlage zwar ein bekanntes Szenario, dass er zudem überzeugend zu zitieren vermag, setzt das aber mit einer sehr eigenständigen Gestaltung um, die sowohl ein kindliches, als auch ein erwachsenes Gemüt anzusprechen vermag. Allein schon, dass Verbinski seinen Film nicht in der besonders beim Animationsfilm inflationär missbrauchten 3D-Technik umsetzte, verdeutlicht schon, das er hier keine Kompromisse einging. Sein "Rango" lässt jeden Moment seine Begeisterung für das Western-Genre erkennen, verfällt aber weder in eine billige Persiflage, noch ihn unkritisches Fan-Tum, sondern bereichert es um einen gelungenen Beitrag, voller intelligentem Humor (9/10).