Atomkraft nein danke
Für den Bau eines Kraftwerks in einem japanischen Dorf müssen ein paar unliebsame Fischer von der Bildfläche verschwinden, darunter auch Migiwas Ehemann. Sie entgeht dem Anschlag nur knapp und schwört Rache. Wer allerdings auf brutale Exploitation und tabubrechenden Splatter hofft, muss sich gedulden, bzw. wird schlichtweg enttäuscht, denn das hier ist kein zweiter GUINEA PIG.
Man muss schon viel guten Willen mitbringen, wenn man sieht, wie die zierliche Perlentaucherin ihre körperlich deutlich überlegenen Gegner bezwingt. Ein Mann wird von ihr mit einem Tuch im Nacken (!) gewürgt, was sie aber nicht davon abhält, kurze Zeit später quasi ihr komplettes Apartment mit seinem Blut neu zu streichen. Denn, ja, der rote Saft sprüht hier fontänenweise. Das ist bisweilen nicht ganz ernstzunehmen, auch wenn der Film alles andere als ironisch gemeint ist.
MERMAID LEGEND lässt sich nicht an heutigen Maßstäben messen, auch nicht an den üblichen Genremaßstäben der 80er, es ist ein ganz eigener Bastard, der vielleicht nur Menschen begeistern kann, die mit japanischen Genrefilmen der 80er und 90er ihre filmische Erziehung genossen haben. Ein Film, der zärtliche und gewalttätige Momente vereint, der sich Zeit nimmt für Momente des Trauerns und ebenso lange auf ein absurd ausgedehntes Massaker draufhält, der Szenen eigentlich konträr, dann aber doch wunderbar passend mit einem wehmütigen musikalischen Thema unterlegt wie seinerzeit Riz Ortolani sein romantisches Theme für Deodatos CANNIBAL HOLOCAUST komponierte.
Ein seltsam schöner Film, dem Poesie wichtiger ist als Realismus – das ist heute auch im Genre selten geworden.