Der US-amerikanische Horror-Thriller „Silent House“ (2011) ist nicht nur eine weitestgehend werkgetreue Neuverfilmung der aus Uruguay stammenden 2010er Veröffentlichung „La Casa Muda“ – er markiert zudem das lang erwartete Nachfolgeprojekt eben jenes „kreativen Duos“, welches im Jahre 2003 mit dem Low-Budget-Indie-Hit „Open Water“ nahezu allerorts einen erheblichen Grad an Aufmerksamkeit erweckte: Laura Lau und Chris Kentis. Darüber hinaus wartet er – so wie der zugrunde liegende Streifen übrigens auch – mit einem speziellen „stilistischen Gimmick“ auf, das in mehrerlei Hinsicht unweigerlich Interesse und Respekt erzeugt sowie im Rahmen der betreffenden Präsentation Schrägstrich Verwendung (obendrein) weder einen „aufdringlichen“ noch sonst irgendwie „ablenkenden“ (oder anderweitig negativ anmutenden) Eindruck heraufbeschwört: Der gesamte Film wurde nämlich so gedreht und geschnitten, dass er wie im Zuge einer einzigen langen Kamerafahrt arrangiert bzw. „eingefangen“ wirkt, während sich die gebotenen Ereignisse (entsprechend) sozusagen „in Echtzeit“ entfalten...
Sarah (Elizabeth Olsen) ist eine junge Dame, die es sich vorgenommen hat, ihrem Vater John (Adam Trese) und Onkel Peter (Eric Sheffer Stevens) bei der Renovierung des Landhauses ihrer Familie zu helfen, welches längere Zeit unbewohnt war und nun wieder hergerichtet werden soll, um es anschließend besser verkaufen zu können. Ihnen steht eine Menge Arbeit in Aussicht – u.a. da die meisten Fensterscheiben eingeschlagen wurden (worauf man so ziemlich jede Öffnung mit Brettern und Holzplatten vernagelt hat), sich Ratten durch die elektrischen Leitungen gefressen haben und überdies auch Schimmel an einigen Wänden zum Vorschein gekommen ist. Seit ihrer Kindheit war sie nicht mehr an jenem Ort gewesen – und so erkundet sie die Räumlichkeiten erst einmal, bevor sie damit anfängt, einige ihrer alten (noch immer dort aufbewahrten) Sachen auszusortieren. Bald schon lassen gewisse merkwürdige Geräusche Sarah jedoch „zunehmend angespannter“ werden – was sich weiter verstärkt, als Peter wenig später (zwecks Besorgungen) in die nächstgelegene Stadt aufbricht und es ihr just dann plötzlich nicht mehr möglich ist, John zu finden, nachdem dieser ein erneutes Mal in die oberen Etagen hinaufgestiegen war. Es wird aber gar noch schlimmer: Entsetzt muss sie im Folgenden feststellen, dass außerdem alle Haustüren fest verschlossen sind – sie also nicht hinaus ins Freie gelangen kann – und offenbar noch jemand (oder „etwas“) mit ihr im Innern des Gebäudes zugegen ist...
Von oben herab gefilmt, setzt „Silent House“ in Gestalt der sich auf einem Felsstein am Ufer eines Sees aufhaltenden Sarah ein, wonach sich die Kamera (in einer ruhigen, geschmeidigen Bewegung) zu ihr hinab begibt und sie sogleich (über eine Wiese sowie Auffahrt entlang) hin zu einem schönen, mehrstöckigen, für die US-Ostküste bzw. Gegend rund um den Drehort New Rochelle (N.Y.) recht typisch gearteten Haus begleitet, wo sie geradewegs von ihrem Dad und dessen Bruder freundlich in Empfang genommen wird: Ein unprätentiöser, gelungener sowie „aus technischer Sicht“ (zumindest für den fachkundigen Betrachter) erfreulich gut in Szene gesetzter Einstieg. Abgelegen und von Wäldern umschlossen, kann man sich unschwer ausmalen, an jenem Fleckchen Erde nicht nur die Sommermonate zu verbringen. Die Wohnfläche ist riesig und verteilt sich auf diverse Zimmer und mehrere Ebenen, welche mit Treppenaufgängen, Fluren sowie einer Vielzahl an Türen miteinander verbunden sind. Ferner wird das alles durch so etliche Wandschränke plus einen (extrem beklemmenden) Keller ergänzt. Zusammengestellte, teils mit Laken abgedeckte Möbel, staubige Oberflächen, die „charakteristischen Laute“ eines älteren, überwiegend aus Holz errichteten Bauwerks (knartschende Dielen etc.) – dazu dann noch die Tatsache, dass die Stromversorgung unterbrochen ist und dank der zugenagelten Fenster auch kein Licht von draußen hineindringt, was das Trio (in der Hinsicht) von einem kleinen Generator sowie bei sich getragenen Lampen abhängig macht: Das Setting ist auf jeden Fall ein überaus stimmiges...
Bereits die frühen Verlaufsminuten verfügen über ein ersprießlich dichtes „unheilschwangeres Grundgefühl“ – worüber hinaus auf Seiten des Zuschauers (aus speziellen Einzelheiten des Gebotenen resultierend) relativ zügig die „unterschwellige Vorausahnung“ erkeimt, dass hier so einiges „unterhalb der Oberfläche verborgen“ liegt. Das Auftauchen eines Mädels (Julia Taylor Ross) in Sarah´s Alter, welches früher (ihrer Aussage nach) des Öfteren mit ihr gespielt bzw. Zeit verbracht hat – etwas, über das sich die Weggezogene allerdings „nicht mehr wirklich sicher“ ist – steigert diese Empfindung nur zusätzlich. Basierend auf Gustavo Hernandez´s Original-Skript, kommt auch Laura Lau´s Adaption überwiegend „minimalistisch“ gehalten daher: In diesem Sinne erfährt man (z.B.) nur wenig Konkretes über die jeweiligen Protagonisten und wirkt die Story an sich ähnlich „gradlinig“ wie die gewählte Methode ihrer Darreichung. Es dauert nicht lange, bis sich Sarah verängstigt und allein in dem unübersichtlich-düsteren Gebäude gefangen wiederfindet: Eingangs sucht sie nach ihrem Vater und geht den seltsamen Resonanzen nach, die auf einmal zu vernehmen sind – im Zuge dessen ihr (mit Schrecken) bewusst wird, dass sich offenbar noch weitere Personen im Haus aufhalten. Ihren Dad entdeckt sie schließlich schwer verletzt im Obergeschoss – und jemand greift nach ihr, als sie sich an einer Stelle unter einem Tisch versteckt: Rasch wird klar, dass es sich dabei um weit mehr als nur ein Streich oder Scherz irgendwelcher Jugendlichen handelt, die im Rahmen der Abwesenheit der Eigentümer (eventuell) u.a. fürs Einschlagen der Scheiben verantwortlich waren...
Immer intensiver setzen die Geschehnisse der „seelisch-emotionalen Verfassung“ Sarahs zu: Entsetzen und Panik beginnen die Oberhand zu gewinnen – während unterschiedliche creepy Geräusche und Bewegungen schemenhafter Gestalten in der bloß arg spärlich ausgeleuchteten Dunkelheit sowohl an ihren als auch den Nerven des Publikums zerren. Haben wir es hier mit einem „Home Invasion“-Thriller im Stile von „Ils“, einem „Spukhaus“-Streifen á la „Paranormal Activity“ oder vielleicht gar um eine Art Kreuzung dieser beiden „Genre-Sparten“ zutun? Ohne in der Hinsicht ins Detail zu gehen, vermag ich getrost zu verraten, dass im Schlussdrittel vereinzelte „surreale Elemente“ ins Spiel kommen – wie etwa eine Toilette, die sich vertikal an einer Wand befindet und aus welcher ein dünner Strom roten Blutes fließt. Wie so oft in den vergangenen Jahren, mündet die Geschichte letztlich in einem finalen (zutiefst ungemütlichen) Twist, der einigen gewiss nicht sonderlich zusagen dürfte, meiner Meinung nach aber durchaus gut und „effektiv“ funktioniert – zumal Lau und Kentis das Geschehen sogar ein Stück weit besser an eben jenen „heranführen“ als Oscar Estévez und Gustavo Hernández ihrerzeit bei „La Casa Muda“. Die betreffende Erkenntnis rückt das Vorangegangene „in ein anderes Licht“ – und obgleich dadurch (zugegebenermaßen) bestimmte Dinge Schrägstrich Eigenschaften (dank des „veränderten Blickwinkels“) plötzlich nicht mehr umfassend plausibel erscheinen, ist der zutage gekehrte Subtext dennoch sehr reizvoll und seitens seiner Beschaffenheit (per se) auch keineswegs „ungereimter“ Natur…
Aufgrund dessen, dass der Film vergleichsweise früh einige „etwas zu unsubtile“ Hinweise in Richtung der „Offenbarung“ am Ende preisgibt, schmälert das (leider) den betreffenden „Schlag in die Magengrube“ – und das mehr oder minder stark, je nachdem wieviel man sich im Vorfeld selbst zusammenzureimen vermag. Sarah indes bleibt bis hin zum Einsetzen der Credits kontinuierlich im Mittelpunkt des Präsentierten: Die Kamera verlässt nie ihre direkte Nähe – dokumentiert jede ihrer Handlungen, Reaktionen und Emotionen. In fast jeder Sekunde ist sie im Bild zu sehen. Der Zuschauer wird dabei Zeuge, wie ihre Verunsicherung immer fortschreitender Angst und Verzweiflung weicht: Das Grauen hält Einzug, bricht über sie herein – eingesperrt, auf sich allein gestellt, dem (hauptsächlich psychischen) Terror der Situation ausgesetzt. Um eine solche Rolle zu meistern, benötigt man eine wahrhaft talentierte Schauspielerin – und seit „Martha Marcy May Marlene“ wissen wir ja, dass Elizabeth Olsen zu genau dieser „Sparte ihrer Zunft“ gehört. Im Vorliegenden beweist die jüngere Schwester von Ashley und Mary-Kate erneut, dass sie weitaus mehr als „nur ein hübsches Gesicht“ ist: Ihre Performance wirkt authentisch, ist eindringlich und weiß zu imponieren. Sie dominiert das gesamte Werk – „trägt“ es sozusagen auf ihren zarten Schultern und „gibt einfach alles“, ohne je dem Overacting zu verfallen – was unweigerlich dazu führt, dass ihre Co-Stars Adam Trese („40 Days & 40 Nights“), Eric Sheffer Stevens (TV´s „As the World turns“) und Julia Taylor Ross (TV´s „Saving Hope“) nur noch „blasser“ anmuten, als es vor allem erstere zwei ohnehin schon sind…
Gedreht in jeweils rund 10-minütigen Segmenten, welche anschließend dann (mit geschickt kaschierten Übergängen) aneinander gefügt wurden, um einen „durchgehend-nahtlosen Anschein“ zu erzeugen, markiert diese konzeptionelle Herangehensweise eine beachtliche technische wie organisatorische Leistung, bei der u.a. ja Kameraarbeit und Ausleuchtung perfekt mit den angedachten Bewegungen (von Gegenständen und Akteuren) abgestimmt sein müssen – und das nicht bloß ein paar Sekunden lang, wie sonst ja meist üblich. Beispiele für gelungene „One-Take“-Sequenzen gibt es einige – siehe „the Player“, „Goodfellas“, „Strange Days“, „Touch of Evil“ oder „Step Up 3D“ – solche für gleich mehrere hintereinander (so wie hier oder im Falle des Originals) dagegen kaum: Hitchcock´s „Rope“ käme mir da eigentlich bloß noch in den Sinn. Und ja, es gibt sogar vereinzelte Filme, die gänzlich ohne Schnitte umgesetzt wurden – wie Albert Pyun´s „Infection“ oder Aleksandr Sokurov´s „Russian Ark“. Erfreulicherweise erkeimt beim Sichten aber nie das Gefühl, es würde sich dabei nur um ein „reines Gimmick“ handeln – im Gegenteil: Sowohl der als „unaffektiert“ zu charakterisierende kreierte Eindruck als auch die enge „aufgebaute Verbindung“ zu Sarah bewirken, dass man jenes Stilmittel irgendwann überhaupt nicht mehr bewusst wahrnimmt. Darüber hinaus überträgt sich das ungemütlich-unheimliche „Feeling“ des Szenarios geradewegs aufs Publikum, da man Sarah während des kompletten Verlaufs nie „von der Seite weicht“ und sich obendrein alles „in Echtzeit“ (also frei etwaiger Ablenkungen oder Verschnaufpausen) entfaltet…
Auf hervorragende Weise ist es Cinematographer Igor Martinovic („Man on Wire“) geglückt, dem Betrachter u.a. Sarah´s Angst und Desorientierung zu vermitteln: Regelmäßig sind gewisse „schemenhafte Dinge“ innerhalb der engen Flure und finsteren Räumlichkeiten minimal außerhalb des direkten Lichtscheins ihrer Lampe zu erspähen – was in Kombination mit dem feinen Sound-Design weit mehr als nur einmal in „wohliger Gänsehaut“ resultiert. Trotz des „Video-artigen“ Aussehens der Bilder ist das Gebotene übrigens nicht mit einem „Found Footage“-Flick zu verwechseln – dennoch unterstützt dieser Look die „Impression von Authentizität“ natürlich ebenfalls merklich. Mit diesem Projekt haben sich die Eheleute Kentis und Lau ein weiteres Mal selbst (erfolgreich) herausgefordert: Der „Leidensweg“ Sarahs wurde von ihnen unkonventionell, aber ungemein wirkungsvoll arrangiert – und das ja ohne der Möglichkeit, dabei u.a. auf schnelle „Jump Cuts“ oder „alternative Perspektiven“ zurückgreifen zu können. Zugegeben, nicht nur Genre-Kennern dürfte einiges „vertraut“ vorkommen – á la eine geradezu klassische Szene, in der das Blitzlicht einer Polaroid-Kamera zum Einsatz kommt – doch (wie schon erwähnt) erfüllen diese Momente ihren „Zweck“ nichtsdestotrotz ergiebig, gibt es spezielle „Überraschungen“ zu verzeichnen und kann der Suspense-Grad über die volle Laufdauer hinweg aufrecht erhalten werden. Losgelöst davon, dass es sich bei der Produktion ja „nur“ um ein Remake handelt, wird zudem (einmal mehr) der Beweis dafür erbracht, dass man mit Talent (im aktuellen Fall primär auf die fähige Hauptdarstellerin und Crew bezogen) weder solche Dinge wie „Eye Candy“ noch ein stattliches Budget benötigt, um einen anerkennenswerten Film zu erschaffen…
Fazit: Zwar entpuppt sich die US-Version von „the Silent House“ weder als ein Meisterwerk noch echtes Genre-Highlight – wohl aber als eine Verbesserung gegenüber dem Original sowie (für sich allein betrachtet) als ein spannender, unheimlicher, düster-atmosphärischer, kompetent realisierter und technisch beeindruckender psychologischer Horror-Thriller, der entscheidend von der exzellenten Performance Elizabeth Olsens profitiert…
„7 von 10“