Obwohl ebenfalls zweimal vorkommend, einmal zu Beginn des Filmes und einmal im scheinbaren Mittelpunkt des Geschehens, steht die Lösegeldübergabe nicht in der Konzentration dieses Entführungsthriller, hat das Prinzip des Auslösens der Geißel gegen Bezahlung hierbei sowieso von vornherein keinen Bestand. Dass die Polizei, obwohl strengstens verboten, trotzdem involviert ist, ändert nichts an der Tatsache, dass die heikle Situation nicht mit dem Befolgen von Regeln, sondern erst mit dem Entdecken des eigenen Unterbewussten zu absolvieren ist. [ Arbeitstitel: The Destroyed Man ]. And Amen to that.
Man of Vendetta schildert den todgeweihten Widerstreit zweier Individuen. Vom Protagonist, der zwar mit glaubhaften Motiven ausgestattet ganz weit von einer positiven Identifikation entfernt, und vom Antagonisten, der die Schandtaten hinter einem jugendlichen babyface-Lächeln am Verbergen ist. Ein Duell in individueller Einsamkeit, in der Beide über die Jahre und die Umstände hinweg auf sich selbst zurückgezogen sind. Die Außenwelt und ihre moralische Leitlinie nicht bloß bezweifelt, sondern nur noch in einer Nutzentheorie vorhanden sind. Rettung, mit Aufschub, mit Erlösung ?:
Nachdem sein Kind vor acht Jahren entführt wurde und seitdem unsichtbar vom Erdboden verschluckt ist, hat sich das Leben auch für den Pastor Joo Yeong-soo [ Kim Myeong-min ] und seine Frau Park Min-kyeong [ Park Joo-mi ] um 180° geändert. Während er sein Amt niedergelegt hat, nun mehr schlecht als recht im Geschäftsleben tätig ist und sich auch mit dem möglichen Tod seiner nunmehr dreizehnjährigen Tochter abgefunden hat, sucht seine getrennt lebende Frau weiterhin täglich nach der Vermissten; sehr zum Leidwesen der für den Fall zuständigen Captain Koo [ Lee Byeong-joon ] und Detective Lee [ Kwon Seong-min ]. Eines Tages sieht Park per Zufall ihre mittlerweile herangewachsenes Mädchen in Begleitung des Akustikspezialisten Choi Byeong-cheol [ Eom Gi-joon ], erleidet dabei aber einen schweren, sie ins Koma bringenden Autounfall. Kurz darauf bekommt Joo nach den Jahren der Stille erneut eine erpresserische Anfrage über 200.000 USD, ist nunmehr aber auch nicht der von Skrupeln und Anstand begrenzte Mann, der er einstmals war.
Der bisher nur als Kleindarsteller und hauptberuflich im Transportation Management tätige Woo Min-ho legt in seinem befördernden Regiedebüt nach eigenem Drehbuch ein durchaus kompetent gehaltenes, leicht zwischen Isoliertheit und Abwegigkeit schwankendes Debüt mit dem Verlangen nach vielfältig hässlichen und überaus andauernden Verhandlungen vor, die sich mit zusätzlichen Ausdrucksmöglichkeiten entfalten. Sowohl manipulierend. Als auch umwerbend. Das Treffen von Entscheidungen zugunsten unterschiedlicher Güter wird dabei auch in einer psychologischen Selbstbespiegelung angedeutet, in der auch Unglücksfälle Dienliches an sich haben. Joo hat die Wahl zwischen dem Leben seiner Frau und dem seines Kindes. Zwischen der Auflösung seiner beruflichen und finanziellen Existenz und dem Bezahlen der Forderung. Zwischen der Rettung des ermittelnden Polizisten und der Tarnung im Hintergrund, die ihn auf die Fährte des Kontrahenten bis ans Ziel bringen soll. Der eingangs in einer kräftigen Predigt gebotene christliche oder auch humane Aspekt, in der damals noch ermahnende Pastor schon nahezu in die Kommune schreiend seine Verse von der Vergebung und dem Hinhalten der zweiten Wange vorträgt, wird danach allerdings nicht mehr beeinflusst; lässt man quasi die Kirche im Dorfe. Erlebnis statt Erkenntnis und das mit kaltem Herzen. Die Worte sind gesagt, aber nicht gedacht, der Glaube an Gott verloren und nicht mehr wiedergefunden. Die Welt des vorherigen biederen und schon so bieder aussehenden Theologen von Zweifel, Ausgebranntsein, Wut und anderen finstersten Tiefen und eben nicht den Diskussionen eines message pictures gefüllt.
Auch die Inszenierung verhält sich als Primat, mit Standhaftigkeit, zwielichtigem Stehvermögen und so konstanter Wirksamkeit ertragen. Mit wenigen, dann schon drastischen Gewaltausbrüchen, bei der der Phantasie durch lauten Ton und Sichtschutz allerdings weit mehr Spielraum als dem Voyeurismus gegeben wird, der nachvollziehbaren Ausweglosigkeit und der umfesten Grundlagen des Thrillerkinos. Das Dasein der Zentralfigur, das aus den Fugen und in die Desintegration geht, konkurriert mit einer sicheren, ab und an unbewegt reflektierten, oft alles andere als emotionalen Behandlung von Genregesetzen. Das ansonsten übliche positive Verhältnis zu Gesetz und Ordnung wird vorübergehend in Frage gestellt, die Konvention nicht. Ungewissheit und Unzuverlässigkeit hier, technisch sicher vollzogene Begebenheit und mit nützlichem Spannungsaufbau durchzogene Unternehmung da. In düsteren, oft braun-gelben Bildern in schummriger Untergrundumgebung wird das Gift der sich gegenseitig belauernden Verzweiflung eingespritzt, ist die prophezeite Hetzjagd schon aktiv, aufwändig, aber eher als kontinuierliches Katz-und-Maus abtastend und bis auf zwei Verfolgungsjagden nicht per se mit planen Actionszenen vorwärtsdrängend.