Review

Der Gretchen-Film, an dem sich alle anderen Gretchen-Filme messen müssen.

Regisseur, Produzent & Ko-Autor Erwin C. Dietrich hat keine Kosten & Mühen gescheut, um dieses brisante & weitgehend unterschlagene Kapitel der deutschen Wehrmachts-Geschichte dem Publikum möglichst authentisch (& schmackhaft) nahezubringen. Die Gefährte, die Panzer, die Flaks, die Uniformen, die Ausstattung & die Sets (mit zeitgenössischen Postern & Bildern des Führers an den Wänden), die mit "Räder rollen für den Sieg" beschriftete Lokomotive, die Fahnen, der Phonograph, die Hakenkreuz-Torte, da fühlte ich mich, leichtgläubig wie ich bin, sofort in eine Zeit zurückversetzt, die ich Gottseidank nicht miterleben musste. Lediglich die zwei Gestapo-Typen im Trenchcoat & mit Hut wirken seltsam fehl am Platz.

Das Rundherum passt also. Doch wie sieht es mit den im Mittelpunkt stehenden Fräuleins in Uniform (= Alternativtitel), den She Devils of the SS (= US-Titel), den Nazilægens frontludere (= dänischer Titel), also den umgangssprachlich auch als "Blitzmädchen" bezeichneten Gretchens aus, die mit Haut & Haaren dem Führer dienen wollen & es kaum erwarten können, ihren Militärdienst anzutreten? Obwohl sich ein paar drücken wollen, ist die überwiegende Mehrheit kaum zu bremsen. Eine kleine Szene zu Beginn veranschaulicht die herrschende Euphorie ganz vorzüglich, da schneit nach exakt 2 Min. & 44 Sek. völlig überraschend das erste Nackedei ins Bild & ruft fröhlich: "Hurra, ich bin diensttauglich, Kinder." Ein perfektes Gretchen, vermute ich mal.

Im Mittelpunkt stehen mit Eva Kuhn (Karin Heske) & Ulrike von Menzinger (Renate Kasché) zwei junge Frauen, die aus unterschiedlichen Motiven in den Krieg ziehen. Die Eva wird zur Strafe eingezogen, da ihr Papa, der Oberstabsarzt Dr. Felix Kuhn (Carl Möhner), so manches Mädel zu schnell krankgeschrieben hat, die Ulli ("Wo andere Mädchen hübsch sind, bin ich gesprenkelt") hingegen tritt den Dienst anstelle ihrer Schwester an, da sie schwer krank ist & hofft, bei der Armee was zum Bumsen zu finden. Sexual gesehen herrscht hier nämlich so viel Verkehr, dass eine Vorgesetzte (Birgit Bergen) diese "undeutsche Sittenlosigkeit" & diese nicht vertretbare "morsche Moral" lauthals beklagt, andererseits ist die Geschlechtsverkehrsanbahnung oft auch schwieriger als gedacht, was eine Unberührte resigniert "wenn das hier so weitergeht, werde ich noch als Jungfrau ins Gras beißen müssen" seufzen lässt.

Die Außenaufnahmen des prestigeträchtigen Projekts (einer der wenigen Filme, bei denen Dietrich auf ein Pseudonym verzichtete) entstanden in Jugoslawien, wo man auch die benötigten Kriegsgeräte anmieten konnte. Die (spärliche) Action (u. a. Geballer, Explosionen, ein Flugzeugangriff & ein Feuer-Stunt) kann sich (für die damalige Zeit) sehen lassen, an Kamera & Musik (von den beiden Baumgartners!) gibt es nichts auszusetzen & die Schauspielerinnen mühen sich redlich & legen für die Kunst auch schon mal die Klamotten ab. Der Hingucker schlechthin ist der Strip auf der Stiege, wo sich eine Dame vor den rot-weiß-schwarzen Fahnen gekonnt aus ihrer sexy Reizwäsche schält. Ich weiß ja nicht, aber ich denke, der Führer wäre darob not amused gewesen.

Kommen wir nun zur Gretchenfrage. Ist Eine Armee Gretchen ein guter Film? Uzumaki meint... ja, das ist er. Der Film ist passabel in Szene gesetzt, die Schauwerte sind beachtlich, ich wurde gut unterhalten & das Ende hat mich sogar ein klein wenig traurig gestimmt. Inwieweit das Werk historisch akkurat ist, wage ich nicht zu beurteilen, aber da bin ich bei Tarantino, da habe ich gegen ein paar künstlerische Freiheiten absolut nichts einzuwenden.

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