Bei dem dramatischen Horror-Streifen „Hisss“ handelt es sich um eine indisch-amerikanische Co-Produktion aus dem Jahre 2010, welche von David Lynch´s Tochter Jennifer sowohl verfasst als auch direkt in jenem südasiatischen Land in Szene gesetzt wurde. Basierend auf der dort recht verbreiteten „Ichhadhari Nagin“-Mythologie sowie im Rahmen einer international zusammengestellten, mehrheitlich allerdings einheimischen Cast&Crew realisiert, schuf sie in Gestalt des ambitionierten Projekts das erste „Bollywood Creature Feature“ unter der Führung eines Regisseurs aus den Vereinigten Staaten. Schon während der Dreharbeiten kam es jedoch immer wieder zu „kreativen Differenzen“ zwischen ihr und einigen Produzenten, in deren Zentrum vor allem die „grundlegende Ausrichtung“ des Werks stand: Statt eine ungewöhnliche Liebesgeschichte zu erschaffen, waren letztere offenbar viel stärker auf ein klassisches Genre-Movie aus – was schließlich u.a. dazu führte, dass man Jennifer den „Final Cut“ entzog sowie aus dem vorliegenden Material eine veränderte Schnitt-Fassung anfertigte, von der sie sich sogleich entschieden distanzierte. Etliche Verschiebungen des Kinostarts später, brachte man den Film dann Ende 2010 in die indischen Lichtspielhäuser – wo er weder bei Kritikern noch Zuschauern einen ergiebigen Anklang zu finden vermochte. Angesichts der Umstände und Gegebenheiten entschieden sich die Verantwortlichen im Folgenden dazu, die Veröffentlichung in den USA eher „still und leise“ durchzuführen – genau genommen über das „Redbox“-Verleihkiosk-System sowie in Form einer spärlich ausgestatteten DVD-Edition...
Unter extremen Schmerzen reist der an Hirnkrebs leidende George States (Jeff Doucette) nach Indien, wo er sein Leben mit Hilfe des legendären „Nagmani“-Edelsteins zu retten erhofft, welcher seinem Träger Unsterblichkeit verleihen soll und seitens der Schlangengöttin „Nagin“ gehütet wird. Um diesen in seinen Besitz zu bringen, lässt er sich von einigen angeheuerten Ortsansässigen direkt in das tief im Dschungel gelegene Paarungsgebiet eben jener ganz besonderen Königskobras führen – wo es der kleinen Gruppe dann auch tatsächlich gelingt, ein männliches Exemplar einzufangen sowie es anschließend in ein verlassenes Industriegebäude am Rande der nächsten Stadt zu transportieren. George´s Plan ist es, das „primäre Weibchen“ auf diesem Wege anzulocken sowie zur Herausgabe des „Objekts seiner Begierde“ zu zwingen – was vom Ansatz her durchaus zu funktionieren scheint, denn bereits unmittelbar darauf nimmt das erzürnte Wesen eine menschliche Form an (Mallika Sherawat) und folgt der Spur der Entführer bis in die „urbane Zivilisation“ hinein, wo sie (dank ihrer Schön- und Unerfahrenheit) jedoch prompt ins Visier einiger „niederer Subjekte“ gerät: Von einem auf einem Marktplatz für Geld spielenden Schlangen-Beschwörer in dessen „Bann“ geschlagen, sind es zwei Herren, die ihren Trance-ähnlichen Zustand kurzerhand auszunutzen gedenken – was in einer versuchten Vergewaltigung mündet, welche die beiden Männer allerdings rasch „mit dem Tode bezahlen“. Den zuständigen Polizei-Inspektor Gupta (Irrfan Khan) stellen ihre ebenso grausam wie „ungewöhnlich“ zugerichteten Leichen vor etliche Fragen und ermittlerische Herausforderungen – zumal sie nicht die einzigen Opfer dieser Art verbleiben und er überdies (zumindest eingangs) bloß nur nach einer rationalen Erklärung für das Gebotene sucht, abseits aller unter der Bevölkerung erkeimenden Gerüchte…
„Hisss“ ist ein höchst unebener, eigenwilliger sowie aufgrund der miteinander in Konflikt stehenden (inhaltlichen wie stilistischen) Vorstellungen seiner Schöpfer „schwer gezeichneter“ Film, mit welchem Jennifer Lynch in erster Linie eine auf einer alten indischen Glaubensgeschichte basierende (abnorm-bizarre) Love-Story erzählen wollte – angereichert mit charakteristischen Einflüssen amerikanischer B-Movies sowie eher surreal-atmosphärischer Werke aus Europa. Der Überlieferung nach ist es so, dass „Nagin“ allen andächtigen und respektvollen Menschen Gesundheit gewährt – wohingegen den übrigen Schicksale á la Unfruchtbarkeit oder Dahinscheiden drohen: Als ein Mann im Prolog (beispielsweise) eine Schlange tötet, werden die Angehörigen seines Stammes umgehend von speziellen „garstigen Konsequenzen seines Handelns“ ereilt. In ihrer weiblichen Form selbst (wiederholt) ein Ziel sexueller Übergriffe, reißt jene Göttin die entsprechenden Täter stets „überraschend und unschön“ aus dem Leben – worüber hinaus sie sich (generell) auch noch diverse weitere Frauenschläger und Kriminelle (des anderen Geschlechts) „vorknüpft“. Feministisch orientierte Motive wie diese kommen allerdings weder sonderlich filigran noch tiefsinnig ausgearbeitet daher – genauso wenig wie gewisse „Kultur-kritische Spitzen“, unter ihnen das an den Tag gelegte Auftreten der Presse an einem der Tatorte oder das selbstherrliche Verhalten des „gebieterisch-wohlhabenden“ US-Bürgers George States gegenüber den Einheimischen. Zusätzlich wurde die Chance, die arrangierten Bilder mit einer angepasst-individuellen Symbolik zu versehen, angrenzend immerzu vertan: Nur in ganz vereinzelten Momenten schimmern die „poetisch-tragisch-künstlerischen“ Ambitionen Lynchs noch durch – wie im Rahmen einer Szene, in der die Schlangenfrau eines Nachts (splitternackt) eine Straßenlaterne hinaufklettert sowie (im oberen Bereich angelangt) dann weinend nahe der Lichtquelle verharrt, sich nach ihrem vermissten Partner sehnend...
Der für die Untersuchung der mysteriösen Tötungen zuständige, dank einer „schwierigen privaten Situation“ die meiste Zeit eher in sich gekehrte Cop Gupta wird seitens des (merklich unterforderten) gestandenen Mimen Irrfan Khan („Slumdog Millionaire“) relativ passabel verkörpert – was ebenso für Divya Dutta („Veer-Zaara“) als seine Frau Maya gilt, welche gern schwanger werden möchte, in der Vergangenheit jedoch schon mehrere Fehlgeburten erlitten hat. Ferner lebt noch ihre „senil-verwirrte“ Mutter bei ihnen daheim, welche fest von dem betreffenden „Nagin-Fruchtbarkeits-Glaube“ überzeugt ist. Das unverkennbare Potential, aus diesen Elementen wesentlich reichhaltigere Verknüpfungen zu anderen Aspekten bzw. Motiven der Handlung herzustellen, blieb größtenteils unausgeschöpft – stattdessen bremsen jene Plot-Ausprägungen den „Fluss“ des Werks in regelmäßigen Intervallen nun geradezu aus, was in gleicher Weise auf Gupta´s Interaktionen mit seinem übereifrigen neuen Partner Navin (Raman Trikha) zutrifft. In der Rolle des stark karikaturesk gezeichneten Bösewichts chargiert der ständig schreiende und grimassierende Jeff Doucette („the Dentist 2“) dermaßen fürchterlich, dass man als Zuschauer schnell genervt reagiert und sich die Frage stellt, wie man einen solchen (an sich beileibe nicht uninteressanten) Part – nämlich der eines verzweifelten Sterbenskranken, der im Angesicht seiner Schmerzen und Todesnähe zu extremen Mitteln greift – bloß dermaßen unvorteilhaft ausgerichtet präsentieren konnte. Bei Mallika Sherawat („the Myth“) handelt es sich indes um eine wahrlich betörende Schönheit, die im Vorliegenden eine Menge Haut zeigt, kein einziges Wort spricht, über eine intensive erotische Ausstrahlung verfügt sowie die „unsicheren Blicke“ ihrer Figur (u.a. in Anbetracht der „harschen Auswüchse der modernen Gesellschaft“) zwar prima meistert – „mimisch“ jedoch so einige evidente Defizite zu verzeichnen hat. Nichtsdestotrotz markiert sie mit ihrer Präsenz einen der wenigen Gründe bzw. Anreize, sich diesen Streifen hier überhaupt mal anzuschauen...
Ich muss gestehen, dass es „nicht gerade unsexy“ ist, Mallika dabei zu beobachten, wie sie sich (als wäre sie eine Schlange) nahezu nackt durch den Schlamm über den Dschungelboden bewegt – nur sind manche Sequenzen einfach zu (!) sonderbar ausgefallen: Allen voran eine, in der sie (in menschlicher Gestalt) Sex mit ihrem aus der Gewalt seiner Entführer befreiten Lover hat – und das mit ihm in „animalischer Form“! Derart auf Film gebannt, und dazu noch vollkommen ernst dargereicht, ist der Anblick ein überaus seltsamer wie auch unfreiwillig komischer – zumal jenes Reptil im Zuge des gesamten finalen Akts extrem nach einem „arg billigen Gummi-Tierchen“ ausschaut. Apropos Effekte: Während die Make-up-Schöpfungen von Robert Kurtzman, seines Zeichens ja Gründungsmitglied der geschätzten „KNB EFX“-Schmiede, weitestgehend überzeugen können – vor allem bei den Verwandlungen, allerdings mit markanter Ausnahme der recht peinlich geratenen „Plastik-Giftzähne“ – kommen die CGI-Kreationen dagegen in einer derart unterdurchschnittlichen Qualität daher, dass man unweigerlich an Veröffentlichungen des amerikanischen „SyFy-Channels“ oder an die berüchtigte „the Asylum“-Filmschmiede denken muss. Trotz allem erkeimt aber nie wirklich ein „echtes Trash-Feeling“ – was primär daran liegt, dass Lynch den „Basis-Ton“ des Werks (außer im Bereich der „Nagin-Einbindung“) möglichst realistisch halten wollte: Eine Absicht, aus der u.a. diverse „nüchterne Alltags-Impressionen” hervorgegangen sind – wie etwa ein Pärchen im Kino, ein Junge, der seine Notdurft auf der Straße im Slum verrichtet, ein brutaler Beziehungsstreit oder einige Zufluchtsuchende in einem Frauenhaus – doch kollidierte eben jene Intention letztlich sowohl mit dem grundlegenden Eindruck der Story als auch mit den Vorstellungen einiger Finanziers, die wesentlich lieber ein klassisches „Monster-Movie“ (zum Zwecke der entsprechenden Vermarktung) abgeliefert bekommen wollten...
Abgesehen davon, dass nie gesungen und nur an einer Stelle (im Rahmen einer farbenfrohen Festlichkeit) getanzt wird, hatte sich Lynch bei ihrer inszenatorischen Herangehensweise gezielt an gewissen „kulturell-lokalen Sehgewohnheiten“ orientiert, inklusive vergleichsweise langer Einstellungen und Gesprächs-Passagen – woraus sie jeweils eine bestimmte Atmosphäre zu generieren versuchte. Im Nachhinein bemühte man sich dann jedoch mit Hilfe von Jump-Cuts und anderen „Editing-Spielereien“, aus dem vorhandenen Material noch so etwas wie einen „flotten Horror-Thriller“ zu formen – was sichtlich misslungen ist und einige unverkennbar „holprige“ Bildfolgen hervorgebracht hat. Untermalt von einem gerade mal annehmbaren Score des Deutschen Alexander Bubenheim („In Hell“), schwankt das Tempo je nach Subplot unvorteilhaft stark, kommt zu keiner Zeit Spannung auf und beginnt man sich stattdessen rasch zu langweilen sowie sich gar auch über die Natur des Gebotenen zu ärgern (u.a. angesichts mehrerer massiver Logiklöcher). Bei all dem ist allerdings herauszustellen, dass Jennifer ebenfalls eine klare Mitschuld am Scheitern des Projekts trägt: Die Dialoge sind überwiegend banal und schwach, die Tatsache, dass das Gesprochene teils mitten im Satz zwischen Englisch und Indisch (mit Untertiteln) wechselt, ist durchaus als störend zu vermelden, und verschiedene Szenen kranken „per se“ schon an einer auffällig uninspirierten Annäherung bzw. Konzeption: „Nagin“ (zum Beispiel) tötet normalerweise nur, wenn sie angegriffen oder provoziert wird – doch jagt sie einen ihrer Widersacher irgendwann plötzlich (quasi wie der „T-1000“ rennend) kreuz und quer durch die Stadt, und das obendrein eine schwarze Burka tragend! Das ergibt schlichtweg keinen Sinn – wie gleich so einiges im Verlauf. Im Gegensatz zu Jennifer´s Debüt, dem viel thematisierten '93er Flop „Boxing Helena“, haben wir es in diesem Fall nicht einmal mit etwas in der Art eines „Guilty Pleasures“ zutun. Zum Glück jedoch ist es ihr in Gestalt des düsteren Thrillers „Chained“ (2012) zwei Jahre später gelungen, erneut an den guten Eindruck ihrer 2008er Regie-Arbeit „Surveillance“ anzuschließen...
Fazit: In seiner jetzigen Schnittfassung ist „Hisss“ nichts weiter als ein unaufregendes, inhaltlich wie stilistisch mangelhaftes „Durcheinander“ ohne einem brauchbaren Unterhaltungswert. Vereinzelte positive Faktoren (wie etwa das exotische indische Setting oder die hübsch anzusehende Hauptdarstellerin) können in keiner Weise darüber hinwegtäuschen, dass der Film weder als „Trash“ noch als ein ernstzunehmender (dramatischer) Horror-Streifen vernünftig zu funktionieren weiß. Jennifer Lynch hatte die Umsetzung dieses eigentlich relativ ambitionierten Projekts seinerzeit an den Rand des Nervenzusammenbruchs gebracht – worüber es sogar eine Dokumentation mit dem Titel „Despite the Gods“ gibt, welche mit Sicherheit um ein Vielfaches sehenswerter ist das dieses missratene Machwerk hier...
„2 von 10“