Die Rückkehr von Joe Cheung auf den Regiestuhl nach über einem Jahrzehnt Pause, in dem viel und nicht immer zum Vorteil von Geschäft und Beteiligten passiert ist, stellt sich von Beginn weg an als grundsätzlich altmodisch formulierte Fingerübung dar. Cheung, der im Laufe seiner bisherigen Karriere zwar eher mit Bloodshed-Dramen und dort der Inszenierung von Shootouts einen durchaus respektablen Namen machte, startete seine Laufbahn Ende der damit überfüllten 70er mit einem Trio an Kung Fu Filmen, in der gewohntermaßen schon geringste Dispute zu weitreichenden Schlagabtauschen führten, wobei das Debüt Shaolin Devil And Shaolin Angel unbeachtet blieb, darauf mit The Incredible Kung Fu Master und The Killer In White zwei schon prägnantere Titel der chop socky Ära folgten. Kung Fu Wing Chun als die Essenz aus diesen Erfahrungen, zusätzlich mit viel Räuspern und folgend freier Bedienung bei den verschiedenen traditionellen Grundzügen des Genres an- und einer sympathisch antiquarischen Haltung vorgelegt. Schon Alles drin, was das Herz begehrt, aber eher auf Sparflamme und wie als reservierte Zweikampfschulung, und so trotzdem noch zu wenig. Außerdem schnell gesehen und schnell wieder vergessen:
Qing-Dynastie. Da Liang Shan, Sichuan, China.
Die junge Yim Wing-chun [ Bai Jing ] leitet zusammen mit ihrem Vater Yim Yi [ Dung Chi-wa ] und der Cousine Ying Chun [ Wang Yan-su ] ein kleines, aber sehr beliebtes Tofu-Restaurant in der friedlichen Stadt nahe der südwestlichen Seidenstraße. Trotz oder wegen ihres eher nassforschen, burschikosen, aber immer um Glück und Lächeln anderer bemühten Auftretens der heranwachsenden Frau zieht sie alle Aufmerksamkeit der männlichen Bevölkerung an. Neben dem gutherzigen Schreiner Wu Yin [ Wong Yau-nam ] ist es vor allem der schwerreiche Gao Shing [ Alan Ng ] aus der angrenzenden Nachbarschaft, der ihre Aufwartung, da aber mit Nachdruck und Drohung macht, und daß, obwohl sie schon als Kind Leung Bao-Chou [ Yu Shaoqun ] und so als Schwiegertochter dessen Eltern [ Yuen Wah & Yuen Qiu, die auch im kommenden I Love Wing Chun gewohnt gemeinsam auftreten ] aus Fujian versprochen worden war. Mithilfe der durchreisenden Nonne Ng Wui [ Kara Hui ] kann Yim allerdings den aufdringlichen Nachsteller besiegen, nur um kurz darauf einer härteren Prüfung gegenüberzustehen. Master Ng ist eine von fünf geflohenen Shaolin-Mönchen, die unter Verfolgung des Regimes und speziell der Abgesandten Kam Ying [ Ngai Sing ] und Lau Kam [ Austin Wai ] stehen.
Spannend ist das Ganze aufgrund von Niedlichkeitsattacken nicht wirklich, eher zwischendurch sogar einen Tick ziehend bzw. gerade für Kenner der Materie, der Legende und der [dort abggewandelten] früheren Erzählung Wing Chun [ Yuen Woo-ping, 1994 ] eher zu ausgehandelt und überformuliert, als dass trotz optischer Vielwirkung auch eine glühend lebendige Darstellung erweckt wird. Die verschiedenen Ideenverbindungen gehen zwar harmonische Realisierungen miteinander ein, fast getreu der Maximen von Yim Wing-chun, in denen Rücksicht auf Alles und Nachsicht gegenüber Jedem geprägt wird; allerdings ergibt sich daraus kein von vornherein erfrisches und erfrischendes Neues, sondern eher die große Zusammenfassung in Form eines langen und irgendwie weitgehend undramatischen Zusammenschnitts. Wie die mehr oder minder beliebten, alles andere als ehrgeizigen Rekapitulationen von mehrepisodigen Martial Arts Fernsehserien zu einem langen "Spielfilm"; mit schon zutiefst konventionellen Zugängen und kategorisierten Auflistungen, die sinnvereinend übergehen. Aufmerksamkeit wird dabei neben den obligatorischen, schon in den Frühwerken vom legendären Seasonal Film Corporation Gründer Ng See-yuen stetig in rauer Menge vorhandenen Trainingsszenen, auch auf die Philosophie der Angriffs- und Verteidigungstechnik dahinter und getreu von Drehteamberater Ip Chun auf die Lehre des Ursprungs gelegt, wobei weiterreichende Informationen natürlich Mangelware und nicht entscheidendes Thema des Schaffungsprozesses sind.
Visuell angenehm anheimelnd, in zwischen lauwarmen Braun bis über Sepia zu Bronze entgleitenden Farbtönen, mit einem überaus hübsch ausgestatteten Inventar in abgestimmter Kulisse geschmückt, die nur in wenigen Einstellungen mit einen Blick aus der Innendekoration in die gleichfalls prächtige Außenszenerie ergänzt wird. Hier und da sind die Studiowände und die Beengung der vier Seiten spürbar, stellt sich die Handlung aber sowieso nicht mit epischem Atem, sondern als begrenztes, fast privates, in bestimmten Abläufen funktionierendes [Theater]Stück auf kleiner Bühne am Rande der medialen Gesellschaft und filmhistorischer Beachtung dar. Ähnlich sind auch die Actioneinlagen der Choreographen Guy Lai, Benz Kong und Stephen Tung angeordnet; anfangs vermehrt eine Handvoll recht kurzer, nichtsdestotrotz gefälliger Sparrings, die mangels Durchschlagskraft im Angriff das Wort "Auseinandersetzung" oder gar "Gefecht" noch nicht verdienen, als anschauliche Übungsstunde im Wirework aber trotzdem mit offenen Händen willkommen geheißen werden. Gen Ende dann doch noch die geforderte Erbittertheit mit ein, zwei Ideen in der Gestaltung, ohne sich den anderen Wing Chun - Vertretern um Ip Man, Fortsetzung und Prequel auch nur im Entferntesten annähern zu können.
Sichtlich auch auf das kleine Vergnügen aus ein wenig Romanze, harmlosen Humor um "sissy" und "tomboy", teils anmutig anzuschauenden Körperbewegungen und somit die spielerisch leichte Unterhaltung konzentriert, erfüllt man den Zweck der sicher nicht einfältigen, aber doch unbedenklich arglosen Unterhaltung ohne weitere Spitzen oder Negativa so auf jeden Fall. Erreicht die spezielle Besonderheit so aber auch nur durch sein nunmehriges Einzelschicksal, in der man die aktuellen Vertreter mit der Lupe suchen muss, der Intimität einer eher kleinen Produktion, in der niemals das auffällige Spektakel und das Durchbrechen von Rekorden angestrebt und so zwar auch kein fühlbarer Antrieb, aber auch keine Enttäuschung erreicht wird. Der Film als die weitere Variation doch fühlbar längst vergangener Geschehen, eine Auffrischung von Gepflogenheiten, als die Nachmittagsveranstaltung für Abonnementen der Gattung, mit einer kleinen Handvoll aus Newcomern und ehrwürdig ins Alter gewechselter Nebendarsteller aus früheren Zeiten im Stelldichein besetzt.