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Das jeder Mensch über gewisse Fähigkeiten verfügt, die es nur zu trainieren gilt, gehört schon zum Basiswissen jedes Erstklässlers. Nur bedarf das Herauskitzeln eines möglichst großen Teils des jeweils vorhandenen Potentials, entsprechenden Fleiß und Ausdauer - also eher anstrengende Attribute. Nicht wenige Zeitgenossen haben deshalb gelernt, ihr durchaus vorhandenes Talent, gepaart mit einer gewissen sprachlichen Geschicklichkeit, für ihre Außendarstellung zu nutzen, ohne dabei an ihre inhaltlichen Grenzen gehen zu müssen. Auch Eddie Morra (Bradley Cooper) gehört zu dieser verbreiteten Spezies, aber jetzt steht er am Abgrund. Während laute Geräusche davon zeugen, dass jemand mit Gewalt zu ihm vordringen will, steht er auf der obersten Brüstung eines Wolkenkratzers und überlegt, zu springen.

Was brachte ihn in diese Situation? - Vor nicht langer Zeit lebte er noch von den Tantiemen eines Verlags, der schon längere Zeit auf sein Buch wartete, verbrachte viel Zeit im Bett seiner kleinen New Yorker Wohnung und leistete sich das bequeme Leben eines Bonvivants. Auch wenn dem Mittdreißiger langsam die Zeit davon lief, seine Freundin Lindy (Abbie Cornish) an ihm verzweifelte und ihn verließ, obwohl sie ihn offensichtlich noch liebte, und dem Verlag langsam die Geduld ausging - egal, die Sympathien gehören von Beginn an Eddie Morra.

Im Gegensatz zu seinem früheren Schwager Vernon (Johnny Whitworth), dem er nach Jahren zufällig wieder begegnet, und der ihn sofort als Loser durchschaut. Der scheinbare Geschäftsmann wird schon nach kurzer Zeit wieder per Handy zum nächsten Termin gerufen, aber nicht ohne Eddie zuvor noch eine angeblich glückbringende Pille anzuvertrauen. Das ausgerechnet ein Typ wie Vernon, der früher gedealt hatte, ihm helfen will, wirkt wenig überzeugend, weshalb Eddie erst skeptisch gegenüber der ihm unbekannten Tablette ist, sie dann aber im Treppenhaus doch nimmt, da ihm sowieso alles egal ist. Als er die Frau seines Vermieters vor der Wohnung trifft, die ihn sofort mit Kritik belegt, ist er erst einmal nur genervt, aber dann beginnt die Pille zu wirken und er erlebt ein Wunder.

Die Idee dahinter ist so nahe liegend, wie spektakulär - bekanntlich nutzt der Mensch nur etwa 20 Prozent seines Gehirns, selbst wenn er sich viel Mühe gibt, aber warum von Superkräften träumen, wenn man dank einer Pille einfach seine schon vorhandenen Fähigkeiten vollständig nutzen kann? - Eddie erlebt plötzlich einen Zustand völliger Klarheit, erinnert sich an längst verschüttet geglaubtes Wissen und kombiniert im Schnelldurchgang. Wenig später hat er Sex mit der völlig begeisterten Frau, räumt und ordnet seine Wohnung und verfasst einen großen Teil seines Buches im Schnelldurchgang.

Nicht nur Brad Coopers Spiel, sondern vor allem der subjektive Blick, den der Film aus seiner Sicht einnimmt, führt zur unmittelbaren Identifikation, weshalb man Eddie nicht nur seinen schnellen Erfolg gönnt, sondern auch seinen Wunsch teilt, mehr von den Pillen bekommen zu wollen. Am nächsten Morgen führt ihn sein erster Weg zu Vernon, der ihn schon erwartet hat und Eddie erst einmal dazu benutzt, ihn Dienstbotengänge machen zu lassen. Das erhöht noch dessen Unsympathen-Status, weshalb es nicht wirklich traurig ist, dass ihn Eddie mit einer Kugel im Kopf antrifft, als er mit dessem Anzug aus der Reinigung zurück kommt. Und er reagiert genau richtig - er findet einen Sack voller Pillen, ruft die Polizei und zieht sich geschickt aus der Affäre. Das Leben kann beginnen!

"Ohne Limit" hält sich nicht mit moralischen Bedenken auf, sondern gönnt Eddie erst einmal die typischen Freuden, bevor er seine neu gewonnenen Fähigkeiten dazu nutzt, seine Freundin zurück zu gewinnen und ohne viel Mühe ordentlich Kohle zu machen. Unterstützt wird dieser Tripp durch einen optischen Overkill, indem Eddie sich selbst bei seinen Gedankengängen zusehen kann, ewig langen Kamerafahrten und hohem Tempo. Als er mit wenig Einsatz viel Geld bei Finanzspekulationen macht, erweckt das natürlich die Neugier der Alteingesessenen und es dauert nicht lange, bis Eddie den Finanzmogul Carl van Loon (Robert De Niro) kennenlernt, eine ganz große Nummer im Geschäft.

Doch langsam zeigen sich auch die Schattenseiten seines Drogen-Lebens, die aber wenig mit Selbstzweifeln des Protagonisten zu tun haben, der sich im Gegenteil sehr wohl in seinem neuen Leben fühlt, sondern mit ganz pragmatischen Belangen. Einerseits musste er sich von einem Gangster (Andrew Howard) Geld leihen, da auch der Intelligenteste sehr viel Zeit benötigt, um viel Geld zu machen, wenn der Einsatz niedrig ist. Andererseits hatte der gewaltsame Tod seines Ex-Schwagers nicht nur gute Seiten, denn ganz offensichtlich war er nicht der Einzige, der die Wunderpillen kennen gelernt hatte. Zudem vermehren sich die Nebenwirkungen der hohen Dosis, die er täglich zu sich nimmt. Die Zeit und damit seine Tätigkeiten verfliegen vor seinem inneren Auge im Zeitraffer. Als er im Fernsehen einen Bericht über den Mord an einer Frau sieht, mit der er in deren Hotelzimmer war, weiß er nicht, ob er für diese Tat zuständig war. Er beschließt, aufzuhören.

Nun läge es nah, die klassische Geschichte eines schnellen, letztlich unverdienten Aufstiegs mit dem unweigerlich folgenden tiefen Fall zu bestrafen - und einen Moment sieht es auch danach aus - aber "Ohne Limit" denkt gar nicht daran. Warum auch? - Zum Einen spielt der Film nicht ohne Grund in den Sphären der Finanzwelt, wo seit je her auch ohne Wunderpillen vor allem der Schein das Sein erzeugt, zum Anderen gerät Eddie durch Angriffe von mehreren Seiten und der Furcht vor der Droge, die gleichzeitig seine einzige Chance ist, den Gefahren zu entkommen, in eine Situation der Paranoia, in der logische Zusammenhänge nebensächlich werden. Einzig Handlung und Gegenhandlung bestimmen noch die Abläufe, bis Eddie gezwungen wird, zu überlegen, ob er springt oder nicht?

"Ohne Limit" ist vordergründig ein Thriller, aber tatsächlich ist er Eddies Tripp, an dem der Betrachter mit zunehmender Intensität teilnimmt. Natürlich handelt es sich um eine Droge, die das Gehirn zu seiner vollen Entfaltung bringt, und nicht um das Sammeln von Fleißkärtchen. Kampfsportarten, Fremdsprachen und Klavierspielen (gut, das Cis-Moll-Präludium von Rachmaninov hätte man auch ohne Pille erlernen können) lassen sich in wenigen Tagen perfekt beherrschen, aber was ist daran verwerflich? - Wenn etwas im Film zu Konflikten führt, dann doch nur der Fakt, dass es die Anderen auch alle wollen (9/10).

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