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Love me, Gender

Ein Mann ist ein Mann und eine Frau ist eine Frau. Jedenfalls galt das bis zum Jahre 1960 für den amerikanischen Film. Aber dann zog Anthony Perkins eine graue Perücke über und metzelte als seine eigene Mutter alles nieder, was in seinem Motel Station machte. Nun war er auch unter der lustigen Perücke immer noch unschwer als Norman und nicht als Norma Bates zu erkennen. Aber am Ende landete er in der geschlossenen Anstalt und alles war gut.
Bei William Castles „Mörderisch" landet am Ende niemand in der Anstalt. Hier muss die Mörderin erschossen werden. Ja, die Killerin ist tatsächlich eine Frau, die aber eigentlich keine Frau ist, sondern als Mann sozialisiert wurde. Sie oder er ist der Halbbruder, also die Halbschwester der Heldin. Und um an das Erbe zu kommen, sticht er/sie alles ab, was ihr/ihm in den Weg kommt.
Keine Frage, „Psycho" ist der bessere Film. Schaupieler, Schnitttechnik und Regie sollten wegweisend für den Slasherfilm der 70er und 80er werden. Aber „Mörderisch" ist definitiv durchgeknallter. Die Verunsicherung sitzt tiefer. Die Mörderin spielt nicht die Frau. Sie ist sie. Und sie ist gleichzeitig auch der Mann. Beide nimmt man der Aktrice Jean Arless (a.k.a. Joan Marshall) ab. Und das ist ganz schön verunsichernd.
Der kleine Junge, der seiner kleinen (Halb)Schwester am Anfang die Puppe klaut und köpft, ist am Ende eigentlich ein Mädchen, dass vielleicht nur mitspielen wollte, aber nicht durfte, weil Jungen das nicht tun sollten. Denn sie könnten in der geschlechtlichen Rollenzuweisung verunsichert werden. Das Perfide daran ist, es liegt bei den Morden keine wirkliche Geisteskrankheit vor, sondern alles ist nur ein Plan. Der Plan ist zwar „Mörderisch", aber logisch. Bei Hitchcock ist das Ende beruhigender. Der verunsicherte „Mann" hat einfach einen an der Waffel. Castle lässt uns nicht so leicht entkommen. Der König der Gimmicks, der Skelette durch den Raum schweben ließ („Das Haus auf dem Geisterhügel") und Stromstöße verteilte („Schrei, wenn der Tingler kommt"), hat hier sein fiesestes Gimmick eingesetzt. Denn auch nach dem Kinobesuch bleibt die Unsicherheit. Ist das Geschlecht des Mädels bzw. des Jungen an deiner Seite wirklich das, was es zu sein scheint?
Nun mögen manche Menschen Castle so viel Klugheit nicht zutrauen. Aber vergessen wir nicht, dass er „Rosemaries Baby" auf den Weg gebracht hat, obwohl er den Film letztlich nicht inszenieren durfte. Auch hier bleibt danach die Unsicherheit.
„Mörderisch" ist eigentlich kein filmisches Meisterwerk. Die Schauspieler sind eindimensional, der Rest mittelmäßig. Trotzdem ist dieser kleine bis heute ein wenig unterschätzte Schwarzweißfilm ein Musterbeispiel des intelligenten Paranoiakinos.
Daher immerhin noch 7 von 10 mörderischen Blondinen.

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