Review
von Leimbacher-Mario
Schauriger Tunnelblick
Mike Flanagan ist durch Horror-Knaller wie "Hush" oder "Oculus" mittlerweile mehr als ein Geheimtipp. Spätestens seitdem er sogar das "Ouija"-Franchise mit der größten Überraschung des Jahres wieder auf Kurs gebracht hat, gilt er als Grusel-Wunderkind & zukünftiger Horror-Meister. Da holt man gerne sein Indie-Film (nicht wirklich Debüt) "Absentia" nach, der vor 5 Jahren ein riesiger Geheimtipp war, doch leider vollkommen an mir vorbei ging. Besser spät als nie wird dieses Frühwerk nun unter die blutige Lupe genommen - selbst wenn er nichts taugen würde, hätte er nicht sofort einen Fan weniger. Dafür ist der Mann einfach zu gut, er hat einen Lauf. Zu "Absentia": jahrelang vermisster Man, schwangere Frau, mysteriöser Todestunnel - bam! So einfach, so günstig, so kreativ & vor allem sooo spannend!
"Absentia" ist bei weitem nicht auf dem aktuellen Flanagan-Level, doch Gruselfans sind gut beraten, dieses Debüt nachzuholen. Es dreht sich hier im Kern um ein trauriges & emotionales Thema: den Verlust von geliebten Menschen. Die Handlung erzählt von einer Gegend bzw. einem dunklen Tunnel, in der ein Mann spurlos verschwunden ist. Seine (von einem neuen Semi-Freund schwangere) Frau hofft seit 7 Jahren auf seine Rückkehr, geplagt von Visionen & der Angst, loszulassen. Das Thema ist tiefgreifender als man erwartet & trifft einen besonders, wenn man schonmal einen wichtigen Menschen verloren hat. Und früher oder später tun wir das leider alle. Vor allem die erste Hälfte des Films besticht durch eine traurige & gespenstige Atmosphäre, die das Können das Regisseure beeindruckend andeutet. Die JumpScares kommen aus dem Nichts, wirken nie cheap & sind oft tonlos - absolut futchteinflössend & wirkungsvoll. So werden JumpScares richtig gemacht & nicht übernutzt. Der "Geist" ist schlicht Gänsehaut-erregend & das mit simplem Make-Up.
Die Darsteller sind nett gesagt etwas über Laienniveau & das fehlende Budget merkt man oft - doch was Flanagan aus den beschränkten Mitteln macht, kann sich sehen lassen. Das Thema berührt, der Tunnel ist spooky genug & das man von dem sich in Hälfte 2 entfaltenden Creature-Horror fast nichts sieht, sehe ich als die Vorstellung anregenden Vorteil. Besser gute Soundeffekte & eine aktive Phantasie, als mittelmäßige CGI-Effekte. Wer nach dem Film unbesorgt durch einen Tunnel läuft, hat definitiv gute Nerven. Da Flanagan schon lange im Business arbeitet, kann man kaum von erster Visitenkarte oder Debüt reden, doch trotzdem deutete "Absentia" an, dass der Mann in seine Nische reinrutschte & die Kombi sitzt wie angegossen. "Absentia" ist ein kleiner, feiner & in Nuancen beeindruckender Mini-Grusler, der das Thema "Verlust" nice mit alten Mythen von menschenstehlenden Monstern verbindet. Und um Gottes Willen: bitte im O-Ton schauen - die deutsche Synchro ist, wie so oft bei B- oder C-Movies, gelinde gesagt eine Frechheit.
Fazit: Flanagans Debüt versprach viel, was er zum Glück dann auch halten konnte. Ein effektiver & nie zu billiger Low-Budget-Grusler, der eine gelungene Visitenkarte ins Genre war. Tunnel sind schon was Gruseliges...