106min Schönheit und Gewalt, Schaffen und Verderben; eine Welt, in der getötet werden muss, um den Frieden zu bringen, als Nebenschauplatz der von Luo Guanzhong verfassten "Romance of the Three Kingdoms" Saga, dessen Kapitel zum Teil wiederum im Red Cliff Zweiteiler und seinem damaligen Konkurrenzprodukt Three Kingdoms: Resurrection of the Dragon noch einmal aus anderer und später angesiedelten Perspektive konkretisiert wurde. Im reichhaltigen Gedeck der bisherigen und auch noch kommenden und somit seit einigen Jahren anhaltenden sogenannten historical war Dramen, die sich gegenseitig mit Besetzung und Aufwand zu überbieten versuchen, um die jeweilige Aufmerksamkeit des noch nicht übersättigten, aber mittlerweile sorgfältiger auswählenden, da mit Masse verwöhnten Publikums zu erreichen, spielt The Lost Bladesman somit von vornherein eher die zweite Geige. Nicht nur vom Sujet her selber, sondern auch im diesjährigen Schaffen von Hauptdarsteller Donnie Yen, der zum finalen Nutzen seiner spät, vielleicht etwas zu spät noch einmal so richtig durchstartenden Karriere gleich mehrere Großproduktionen in petto hat. Und der seiner von ihm ausgewählten Regisseure, deren Mitarbeit er eigens als Überredung zur Zusage für dieses Werk verlangt hat; die bisher vollkommen genrefremden und sich eher in gesitterter Modernität von urbanen Szenerien und dort mit Dialog, Überlegung und eher der Ruhe vor dem Sturm auskennenden Alan Mak und Felix Chong.
Ihr Quasi - Debüt in der Welt mehr oder minder heroischer Schwertkämpfer von legendären Status, deren Mythos in der Historie ebenso wie in der Literatur geschärft und durch unzählige Anschauungen bereits ausführlich formuliert wurde, folgt dabei einem weitgehend gewohnten, optisch und inhaltlich erwartbar konventionellen Modus. [Zur Zeit der Dreharbeiten waren ganze drei Arbeiten anderer Studios angekündigt, von dem zumindest Benny Chans geplanter Legend of Military God mit Louis Koo durchaus interessant im Vergleich gewesen wäre.] Problematisch ist diese nunmehrige Gängigkeit in der Erzählung und der Erzählart und -weise im Grunde nicht, wird durch sie doch die Verständigung nicht nur erleichtert, sondern auch gefördert. Der Film als überaus solide, in unmittelbaren Anschauung gehaltene, aber wenig bis keine Fortschritt in der Kunst machende und auf wahrlich kognitive Mitteilung verzichtende Genrearbeit. In glänzender Bühnen- und Landschaftsdekoration:
Späte Östliche Han-Dynastie, 200 n. Chr.
Bei der Schlacht um Baima, Henan, wird General Cao Cao [ Jiang Wen ], der Zuarbeiter des Kaisers [ Edison Wang ] von der übermächtigen Belagerung des feindlichen Kriegsherren Yan Liang [ Chin Siu-ho ] bedroht, und bittet deswegen den eigentlichen Gefangenen General Guan Yu [ Donnie Yen ] um entscheidende Mithilfe. Durch die heroische, allerdings nur aus Abwägung vollzogene Tat noch mehr in der Achtung gestiegen, wird Guan darauffolgend von Cao um dessen Wichtigkeit für die zukünftige Herrschaft wissend umgarnt und umworben, entscheidet sich aber trotzdem ohne zu Zögern und wohl wissend um die Gefahren für seinen Freund und Caos mächtigsten Gegner Liu Bei [ Alex Fong ], dessen zukünftige Dritte Frau Qilin [ Betty Sun ] er auch begleitet. Die dennoch wie versprochen stattfindende Freilassung Guans und Qilins und ihre anschließende, aus der Ferne immer von Cao beobachtete Reise quer durch das Land stellt sich als Abfolge diverser Gefahren da.
Problematisch, wenn überhaupt, sind dabei nur die ersten Minuten des Geschehens, das erste Viertel, welches zu oft das Gefühl eines fehlenden Ursprungs erweckt. Der Film ist ohne Genese, die Geschichte ist nicht bloß schon geschrieben und von Mund zu Ohr quer durch das Land und Generationen weiter getragen, sondern wartet auch direkt aus der langen Rückblende auf, die zwar geschlagene zwanzig Jahre zurück in die Zeit springt, aber selbst dort längst gestandene Figuren vorfindet. Zwischendurch wird noch einmal zu einem entscheidenden Vorfall und Veränderung in die Ära zurück gewandert, als Aufzeichnung prägnanter Charakterisierung, die die Haupt- und so auch nahezu ständig im Bild befindliche Hauptfigur des Guan und ihre Beziehung zu dem mit wichtigsten Menschen in seinem Lebens offenbaren soll. Beides gelingt weniger; ist nicht bloß die Liebesgeschichte im Stillen und so eher Heimlichen bzw. Untragbaren weit uninteressanter als das Macht-Verhältnis zwischen ihm und Cao Cao. Als auch die Frau im Grunde nur für die damsel-in-distress Rolle herhalten und nicht als Kontrast oder auch Ausweg aus der sonstigen Männerwelt fungieren darf.
Theoretisch ist die Handlung als Wiedergabe der "Crossing Five Passes and Slaying Six Generals" Passage und so schon auf das Wesentliche zusammengefasst ein fortwährendes Duell, leider weniger zwischen den formal überaus sauber, aber auf überraschende Einfälle, Plansequenzen oder Abweichungen von den üblichen Linien und Farbenflächen leider oft verzichtenden Filmemacher mit ihrem selbst verfassten Stoff. Sondern der groß umrahmende, eher rhetorisch gekünstelte, psychologisch ausgedehnte Rundumschlag zwischen Guan und Cao einerseits, sowie die mit allerlei Stich- und Schneidewaffen ausgetragenen Auseinandersetzungen zwischen Guan und einer Handvoll anderer Vorkämpfer andererseits. In dem eh schon episodisch angelegten, trotz der Bodenständigkeit bis hin zum fühlbaren Naturalismus gerade von Ausstattung und Motivwahl eigentlich getragen, trotzdem lose vorübergehenden Hergang sind die Zwei- und Massenkämpfe noch mehr als gebräuchlich als die eigentlichen Pfeiler der dramaturgisch schlenkernden Abfolge arrangiert. Trotz der Reise von einem Ort zum anderen, gefangen wie in einer isolierten Nebelbank, ist nicht der Weg und auch sicher nicht irgendeine Weisheit das Ziel, sondern die Action. Alles Andere ist nur da, wunderschön anzusehen, mit einigen Spitzen in der wörtlichen Rede, aber ohne weiteren Belang für das in der freien Luft hängende Gerüst selber.
Fast levelartig wird sich durch die so unterkühlte, sowieso herbstlich in angenehm gedämpften Farben und klarer Kulisse gepflegte Umgebung bewegt, nicht nur von einer Gegend, sondern vielmehr von einem Cameo namhafter Akteure und ihrer jeweiligen Imitation zum anderem. Eine weit im Panorama aufgezogene Schlachtenszene aus dem berühmten Nichts gibt die Eröffnung vor, die offensive Belagerung einer Festung, die von außen mit Rammböcken gesprengt und deren tausende Angreifer mit Pfeil und Bogen begrüßt werden; alles weitere ist in Dimension wesentlich kleiner, elegisch, aber ohne Epos-Nachahmung, dafür in der Konzeption durchdachter. Hervorstechend sicherlich das Attentat vom regimetreuen Kong Xiu [ Andy On ] und die anschließende Hetzjagd mit Konfrontation zwischen zwei eng stehenden Mauern, deren Nähe das Tragen und Einsatz von Stangenwaffen wesentlich erschwerend macht. Poetischer, da in einer gleichzeitig befremdeten, still-schönen, und abgeschotteten Tor-Fassade stattfindenden Ausstrahlung die Todes-Partie mit Wang Zhi [ Wang Xuebing ]. Eigentümlich für das bis zu diesem Zeitpunkt herrschende Gleichmaß in der Inszenierung das Massaker mit den Mannen von Bian Xi [ Yu Ailei ], dass komplett hinter geschlossenen Türen und so außer Schemen und winzige Einzelheiten verschweigend, und gerade dadurch interessanter mit der Aussparung gehalten ist.