Review
von Pyri
Psychiatrie als Phrase
Mit dem Thema Exorzismus verhält es sich bei mir filmisch wie mit dem Thema U-Boot: die Klassiker kann ich alle mehr oder weniger nicht leiden, doch hoffe ich bei jedem neuen Film weiterhin das beste - ein Film der sich eindringlich und aufrichtig mit etwa den Tonbandaufzeichnungen aus Klingenberg beschäftigt bleibt für mich aber immer noch sehr zu wünschen übrig.
Niemand scheint so weit in religiöse Untiefen vordringen zu mögen, dass da etwas cineastisch wiedergegeben werden würde: im Arthouse kein Regisseur so sehr daran interessiert, so sich wirklich mit dem Katholizismus beschäftigen zu wollen, und im Mainstream das Ganze viel zu sperrig - wobei man sich zugunsten eines annehmbaren Thrills lieber banal-säkularen Schein-Weisheiten hingibt, wofür "The Rite" wiederum ein gutes Beispiel ist.
Als jemand der Katholik ist und auch mal was von echten ExorzistInnen liest erinnere ich mich auch noch an jenen NYT-Artikel über ein hochoffizielles Treffen in New York das bei dem Film vorangehend angeführt wurde. Anthony Hopkins kann ja auch als Priester nicht so schlecht sein dachte ich mir, und hoffte das beste: die verwendete Ästhetik ließ mich jedoch schon ein wenig zweifeln, auch wenn bei der meiner Meinung nach unterschätzten Omen-Neuverfilmung bereits ähnlich hochglänzend-unheilschwanger vorgegangen wurde. Doch leider ist dieser Film wirklich eher was für Dan-Brown-Jünger geworden - und ein Film der obwohl er "The Rite" heißt über den Ritus herzlich wenig Preis gibt: so wird ein vulgärer Dualismus zwischen Exorzismus und Psychiatrie vermittelt der jeder Grundlage entbehrt. Leider geht der Film auch als Fantasie über den Vatikan kaum durch, da vor allem Hopkins Spiel mit dem Film letztlich zu einem Klischee erstarrt scheint und - jedenfalls auf mich - bereits ansatzweise unfreiwillig komisch wirkt.
Ein Schauspieler von dem ich schon vor Jahren mal hörte, dass er eigentlich doch in Pension gehen möchte? Warum erscheinen bloß immer wieder solche Vehikel...
Zwischen Friedkins mir im Kern selbst unerträglich katholisierender Sexualmoral - in Verbindung mit Seventies-Psychologie -, und der Melodramatisierung von Klingenberg durch den 23-Regisseur scheint bei dem Exorzismus-Stoff mittlerweile auch nur wenig Platz für Neues mehr zu sein: der von Eli Roth produzierte "Last Exorcism" ging einen anderen, sehenswerten Weg als Paraphrase über den US-Evangelikalismus. Wer ein vermeintlich besessenes Kind mit tatsächlichem Gegenwartsbezug sehen möchte, dem empfehle ich abschließend noch "Joshua".
Rating 3.5