Schuld und Sühne im Actiondramagewand epischen Ausmaßes; die erst zweite Regie- und Autorenarbeit von Lee Jeong-beom nach seinem völlig unbeachteten und medial entsprechend wirkungslosen Cruel Winter Blues [ 2006 ] als ein Gegenschlag in der erzieherischen Maßregelung. Von Beginn an mit einer verblüffenden Souveränität und Selbstbewusstsein gestreckt, die selbst in der vorhandenen Konkurrenz eines diesjährig ertragreichen Koreanischen Thrillerkinos noch Ihresgleichen sucht.
Die Lust an der Angst, auch der Ausgrenzung in die abstoßende Gewalt und der Extremsituationen abseits alltäglicher Sicherheiten wird in dieser Verarbeitung untrennbar mit den Empfindungen auch emotionaler Nähe zu den Figuren gesucht und gefunden. Ein Anfang voller Stille, in der in raren Dialogen, in Blickkontakten und umso mehr auch dessen Vermeidungen schon die Ursachen der Sehnsüchte und die Folgen des Sich-Aussetzens in die tödliche Gefahr angedeutet wird:
Eine mehrwöchige Observation mit anschließender Razzia durch die von Detective Kim Chi-gon [ Kim Tae-hoon ] und No [ Lee Jong-pil ] geleitete Drug Squad wird ausgerechnet durch die unerwartet eingreifende Tänzerin Hyo-jeong [ Kim Hyo-seo ] zunichte gemacht, die im unbeobachteten Moment das benötigte Beweismaterial einer Drogenprobe entwendet. Als die selber süchtige Mutter kurz darauf von Ramrowan [ Thanayong Wongtrakul ] und den Schergen der Besitzer Man-seok [ Kim Hee-won ] und Jong-seok [ Kim Seong-oh ] heimgesucht und zur Preisgabe des Versteckes mit Schlägen und einem brandheissen Fön auf nackter Haut gefoltert wird, geraten auch ihre kleine Tochter So-mi [ Kim Se-ron ] sowie der ein Pfandhaus betreibende Cha Tae-sik [ Won Bin ] in die Schusslinie der Verbrecher. Als Glück im Unglück erweist sich der Hintergrund des bisher unauffällig vor sich hin lebenden Tae-sik: Acht Jahre Dienst bei einer Spezialeinheit als Unterabteilung der Military Intelligence.
Teils sanktioniert in Genrebahnen und so nicht wirklich überraschend im narrativen Fortgang, sondern in der dramaturgischen Effizienz dahinter. Teils mit Ausbrecher aus der Filmwirklichkeit hinaus in die Unterwelt verborgener Albträume von Selbstjustiz, Organ- und Sklavenhandel hinein. Im geschickten Wechsel zwischen dem, was das Publikum sehen und dem, wovor es lieber die Augen verschließen will, solang es noch kann, auf den Punkt gebracht in einem Massaker mit Stich- und Handfeuerwaffe in einem stillgelegten Badehaus im Römischen Stil, inszeniert Lee die Vergeltung vor allem über das Ausleben von lange vollzogenen Provokationen und lange aufgestauten Aggressionen. Wobei trotz viel Blut und Schmerz keine zusätzliche oder gar obsessive oder voyeuristische Achtsamkeit auf den Gewalttaten wie Messer im Mund oder die Axt im Kopf gelegt, sondern durch das Koppeln von Andeutungen und Resultaten und der grausamen Fantasie erzeugt wird. Die Schwierigkeiten mit der Zensur und die Betrachtung als "Over-the-top gore", die auch den noch mehr in Bedrängnis geratenen I Saw the Devil anheim wurde, sind deswegen nicht wirklich nachzuvollziehen oder in entsprechender Weise zu argumentieren.
Dabei ist der Prozess – als marketingtechnischer Appetitanreger, aber dessen haltlos von der Öffentlichkeit oft mit Léon: The Professional und [mit Abstrichen: eventuell] Taken verglichen, während die Verantwortlichen selber gerne auf Kim Young-bin’s The Terrorist [ 1995 ] verweisen – sogar vergleichsweise träge, zielstrebig ja, im rasanten oder gar gehetzten Tempo nicht, und auch nie oberflächlich mit sowieso eher sporadischer und knapp bemessener Action vorwärtsdrängend. Gerade die von Park Jung-ryul choreographierten Kampfszenen des mit 6.25 Millionen Zuschauer erfolgreichsten Filmes des Jahres sind oft relativ durchschnittlich bis sogar [angesichts des intensiven Rests] minimal enttäuschend, trotz der versuchten Mischung des südostasiatischen Silat, Kali und Arnis und dreimonatigen Trainings niemals mit Schwerpunkt und Nachhaltigkeit des sich dadurch hervortuenden Martial Arts Kinos, aber wenigstens mit Kollateralschäden bezüglich des Inventars und einem deftigen Hit and run, cut and run Showdown formuliert. Die Schusswechsel klein und erdig, die aufsehenerregenden Stunts [ Fenstersturz und Landung in scheinbarer Einzeleinstellung, ein Attentat mit bahnbrechendem LKW ] gehören gar eher außerhalb des eigentlichen Geschehens und fast wie als Zusatz pointiert.
Ein unaufhaltsamer Fortgang mit dem Totaleindruck relativer Absolutheit, zwischen sich horizontal ausbreitender Erregung und Betäubung, in blaustichigen, zunehmend düsteren Bildern erzählt, in der die Wege aus einem Drecksloch hinaus in das nächste noch üblere hinein gegangen werden. Vom schäbig zusammengezimmerten Pfandhaus in die Hinterhofspelunke, aus der bald vollständig verwüsteten Herrentoilette eines mit Sex und Drogen vollgestopften Clubs in ein mit Exkrementen und Heroindampf geschwängerten Kellergemäuers. Das große Geld sieht man weder den Hintermännern des florierenden Handels noch der Stimmung, Handlung und Situation an, wird nur in verschiedenen geographisch und personell aussondierten Momenten und dann auch nur kurz der Gestus einer finanziell, kommerziell und kreativ abgesicherten Cinema Service Produktion / CJ Entertainment Distribution markiert.
So wird sich zuweilen hemmungslos in die Pose geworfen, Jungstar Wong Bin [ auf dessen Wunsch das eigentlich für einen doppelt älteren Mann geschriebene Drehbuch des später siebenfachen Korea Film Awards Gewinners eigens moduliert wurde ] ebenso wie die Riege der auffällig vielen anderen männlichen Charisamatiker in die geeignete Szene, das Standbild gesetzt. Eine Form der kontrollierten Wildheit von ganz besonderem Format, knorrig und aufregend, als sowohl überlegene Trophäe als auch schwindelnder Rausch, in der auch so Vieles abseits der Mi.st.er bzw This Man [ AT ] Titelfigur viel mehr als nur eine untergestellte, akzidentielle Bedeutung in Anspruch nimmt. Hat eine Stimmenmehrheit inne, Ohne bei einer Person überhaupt unbedingt eine reiche Charakterentwicklung, dafür aber reflexionsstarke Leidenschaft vom Guten und vom Bösen und die entsprechende tragische Kollision vorweisen zu können. Will viel, wagt viel und gewinnt auch.