Die hier fast durchgängig sehr überdurchschnittlichen Noten für den Film halte ich für absolut berechtigt. Wie so oft ist es auch hier sinnvoll sich nicht die Story und sämtliche Trailer vorab anzuschauen. So überrascht einen WER IST HANNA ? im Laufe der Handlung total, ohne das der Film selbst vordergründig grosse Story-Twists nötig hat. Diese gute Leistung erfreut insbesondere da es sich hier um eine deutsch-britische Kooperation handelt.
Zur Story sei aus den o.g. und Spoilergründen hier auch nicht erschöpfend viel gesagt. Der Überraschungseffekt tritt wie gesagt am besten völlig unbelastet auf. Wer also völlig unbedarft den Film schauen will soll auch hier nicht weiterlesen obwohl keinerlei Spoiler geliefert werden. Der Film entzieht sich klar klassischen Genre-Zuweisungen. Durch einen phantastisch-zukunftsgerichteten Aspekt und dem Agieren und der Macht der Geheimdienste könnte der Film auch als Science-Fiction Drama bezeichnet werden.
Sowohl Eric Bana als Eric, der Vater von Hanna, und die kühle CIA Oberin Cate Blanchett als ihre Gegenspielerin spielen sehr souverän und überzeugend. Allen aber voran Saoirse Ronan als Hanna die man insbesondere aus den mittelmässigen ABBITTE oder CITY OF EMBER kennt. In WER IST HANNA ? läuft sie aber zu Hochform auf und die Rolle der jugendlich-coolen, sphärisch-verrückten aber auch emotional-isolierten Kampfmaschine scheint ihr auf den Leib geschnitten zu sein.
Ihr entrückt-blasses Tennie-Gesicht drückt diese und noch viel mehr Facetten in überragender Form aus. Aus Gründen der u.g. Isolation der Technik der zivilisierten Welt nicht gewachsen liegen Ihre Stärken in der Betonung des Instinktiven, des Überlebens und Kämpfens gegen alle möglichen potentiell bedrohenden Situationen. In diesem Sinne ist sie in der Lage in quasi übermenschlicher Form mit ihren Gegnern entsprechend zu kämpfen und sie zu besiegen.
Durch die 16-jährige Isolation von der Zivilisation durch Eric findet sie sich quasi wie eine Ausserirdische in der "normalen Welt" erwartungsgemäss nicht zurecht. Hier erinnert das setup der Handlung an Szenarien wie DER WOLFSJUNGE von Truffaut von 1970 in dem der Junge von tragisch-komischen Szenen bis hin zu lebensgefährlichen Situationen ob dieser emotionalen Isolation und Unberührtheit mit der Zivilisation und Ihren Errungenschaften gerät.
Im Zusammentreffen mit einer Hippiefamilie entstehen dadurch sogar teils komische Szenen, aber auch die Abgründe Hannas Nicht-Emotionaliät werden deutlich. Sie kann nur in der erlernten Weise reagieren und alles neue muss sie auf ihre eigene Weise versuchen einzuordnen. Und das passt nicht immer. Der Film besticht durch grossartige Bilder, insbesondere am Anfang bei den Naturaufnahmen.
Letztlich hat er eine erst ganz am Ende sichtbare stringend-konsistente Storyline die es nicht nötig hat durch ständige Twists Aufmerksamkeit zu erhaschen. Aber dennoch gibt es am Ende einen gehörigen Twist der dem Film nochmals das gewisse Etwas verschafft. Dazu kommt eine der besten Sound- und Musikuntermalungen eines Film der letzten Zeit durch die Chemical Brothers welche ich eigentlich trotz grossem Elektroherz nicht mag, aber zu den Actionszenen passen die Overground-Electro-Beats extrem gut zu den Bildern und erhöhen die Emotionalität des Gezeigten, jedoch ohne vordergründig zu stören oder in Richtung einer Musikvideoclip-Ästhetik zu driften.
Ein sehr aussergewöhnlicher Film, Kino pur, und somit ist es ein leichtes 8,5/10 Punkte mit klarer Tendenz nach oben zu vergeben ! Please watch and see !!!!