Der Wissenschaftler Dr. Martin Harris und seine Ehefrau Elizabeth reisen nach Berlin, um dort an einem biotechnologischen Symposium teilzunehmen. Nachdem sie im Hotel eingecheckt haben, bemerkt Martin, dass er versehentlich einen wichtigen Aktenkoffer liegengelassen hat und fährt mit einem Taxi zurück zum Flughafen. Unterwegs gerät der Wagen in einen Unfall, den Martin nur durch das beherzte Eingreifen der bosnischen Taxi-Fahrerin Gina überlebt, die den bewusstlosen Mann aus der demolierten Karre zieht. Die nächsten vier Tage liegt Martin im Koma und als er wieder erwacht, leidet er an einer milden Form der Amnesie und ist doch sehr erstaunt darüber, dass sich niemand nach seinem Verbleib erkundigt hat. Der wahre Schock steht ihm allerdings noch bevor, denn als er ins Hotel zu seiner Frau zurückkehrt, behauptet diese nicht nur, ihn noch nie zuvor im Leben gesehen zu haben... Elizabeth gibt sogar einen anderen Mann, in dessen Begleitung sie sich befindet, als ihren Ehemann Dr. Martin Harris aus und sämtliche Beweise sprechen dafür, dass sie die Wahrheit sagt. Zunächst scheint alles darauf hinzudeuten, dass Martin wohl unter den Folgen des Unfalls leidet oder schlicht und ergreifen den Verstand verloren hat, doch als ihm kurz darauf ein paar Auftrags-Killer nach dem Leben trachten, schwant ihm, dass doch mehr an der ganzen Sache dran sein muss. Zusammen mit Gina, die eher unfreiwillig in die ganze Angelegenheit verwickelt wird, und dem ehemaligen Stasi-Mann Ernst Jürgen versucht Martin, seiner wahren Identität auf die Spur zu kommen und herauszufinden, warum ihn jemand mit allen Mitteln beseitigen will... Mit "Unknown Identity" legt Hollywood-Produzent Joel Silver einen Film vor, der ein wenig abseits des üblichen Outputs seiner Dark Castle-Schmiede angesiedelt ist und deshalb nicht als aufgefrischtes Remake eines klassischen Horrorfilms oder zumindest als reiner Genre-Stoff daherkommt, sondern stattdessen eher als Action-Thriller, der aber immerhin noch mit einigen Hitchcock-Anleihen aufgepeppt wurde. Zweifellos handelt es sich hierbei auch um ein Star-Vehikel für Hauptdarsteller Liam Neeson, dem mit unterhaltsamen Streifen wie "96 Hours - Taken" und "Das A-Team" im fortgeschrittenen Alter doch glatt noch der Sprung vom Charakter- ins Action-Fach geglückt ist. Wenig verwunderlich also, dass "Unknown Identity" wirklich von A bis Z auf den ehemaligen "Darkman"-Akteur zugeschnitten ist und dieser somit wiederum die Gelegenheit erhält, ganz schön an seinem markigen Image zu feilen. Neesons schiere Leinwand-Präsenz ist dann auch der größte Pluspunkt dieser internationalen Co-Produktion, die sicherlich auf Drängen deutscher Geldgeber in Berlin spielt... wobei man doch sagen muss, dass die winterlichen Original-Drehorte der ehemals geteilten Stadt "Unknown Identity" im Verbund mit der düster-blassen Fotografie zu einer recht bedrückenden Atmosphäre verhelfen und zudem auch die unter der Oberfläche der Geschichte verborgene Thematik rund um Identitäts-Verlust und dergleichen so richtig passend herausstellen. So könnte dann auch eigentlich alles in Butter sein... wenn es denn nur nicht wieder am Skript hapern würde, das allem Anschein nach von dem Autoren-Duo Oliver Butcher und Stephen Cornwell (zwei ungeübte TV-Film-Schreiberlinge) nach der Manier dummer Hollywood-Blockbuster ohne große Mühe aus altbekannten Versatzstücken und Klischees zusammengepuzzelt wurde. Der genrekundige Fan erkennt zudem schnell, dass es sich bei "Unknown Identity" nur um eine höher budgetierte Variante von Avi Neshers 1991er B-Movie "Nameless - Total Terminator" handelt, dessen Science-Fiction-Aspekte lediglich unter den Tisch gekehrt und durch eine im Stil gängiger Mystery-Unterhaltung aufgezogene Psycho-Kante ersetzt wurden. Den falschen Fährten, die da anfänglich ausgelegt werden, folgt man zwar gerne, doch münden diese leider schlussendlich in einer enttäuschenden Auflösung, die das Ganze eher als schlichten Polit-Thriller kennzeichnet, der halt nur aus einem ungewohnten Blickwinkel erzählt wurde. Jaume Collet-Sera, der nach "House of Wax" und "Orphan - Das Waisenkind" nun schon zum dritten Mal für Silver und seine Dark Castle-Klitsche arbeitet, stellt mit diesem Streifen zudem eindeutig klar, dass er ein Regisseur ist, der auf visueller Ebene wohl nicht viel anbrennen lässt und darum auch immerzu in der Lage ist, für einen ansprechenden Look zu sorgen, bei dem die Qualität seiner Filme jedoch stark von der Güte des jeweiligen Drehbuchs abhängt. Alleine durch die Art der Inszenierung Logik-Lücken und Plot-Holes zuzukleistern, ist seins nicht und so laufen die oben angesprochenen Anleihen bei Thriller-Altmeister Hitchcock doch irgendwie ins Leere, wenn man sich statt mit Liam Neeson mitzufiebern doch noch während des Ansehens eher das Hirn über einige unstimmige Details zermartert... schade drum. "Unknown Identity" baut folglich auf ein Publikum, das es einem Film nicht zwangsläufig übel nimmt, wenn er hin und wieder ganz vorsätzlich dessen Intelligenz beleidigt und welches darauf konditioniert ist, in ein lupenreines Happy End entlassen zu werden... ganz egal, wie viele brennende Fragen da noch offen geblieben sein mögen. Ein in guter Form aufspielender Liam Neeson und die ebenfalls nicht zu verachtende Riege bekannter Nebendarsteller erleichtern es einem jedoch ungemein, sich dennoch auf "Unknown Identity" einzulassen, und zumindest für den deutschen Zuschauer ist es doch auch mal ganz ungewohnt, ein wenig Hollywood-Prominenz an Locations herum wuseln zu sehen, die quasi vor der eigenen Haustür liegen. Irgendwie hätte man sich aber hinterher doch gewünscht, dass das durchaus interessante Set-Up der Handlung auch in einem ebenso interessanten Pay-Off resultiert hätte, bei dem sich nicht das unangenehme Gefühl breitmacht, mal wieder an der Nase herumgeführt worden zu sein. Das einigermaßen krachige, mit kleineren Explosionen und Faustkämpfen aufgemotzte Finale schafft da nur knapp den Ausgleich. Im Showdown schießt der Streifen übrigens nochmal einen seiner größten Böcke, wenn der anfänglich durch eine Kopf-Verletzung ausgeknockte Neeson im entscheidenden Moment durch einen zweiten Schlag auf den dummen Dötz ganz spontan sein Gedächtnis wiedererlangt... ne, oder? So was trauen die sich heutzutage tatsächlich noch in einem "ernstgemeinten" Thriller...?
4/10