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Der Trailer zu „Unknown Identity“ versuchte sehr sich an „Taken“-Erfolg anzuhängen, aber Jaume Collet-Serras neuer Film ist eher Paranoiathriller als Actionreißer.
Klare Vorbilder des eher als Horror- und Thrillerregisseur bekannten Filmemachers sind Hitchcock und Polanski: Der Plot von „Unknown Identity“ erinnert stellenweise klar an Werke wie „Der unsichtbare Dritte“ oder „Der Mann, der zuviel wusste“, die Creditsequenz, in der Dr. Martin Harris (Liam Neeson), anerkannter Wissenschaftler, und seine Frau Elizabeth (January Jones) erst am Flughafen eintreffen, ehe ausführlich ihre Taxifahrt zum Hotel bebildert wird, darf ganz klar als „Frantic“-Referenz gelten – mit dem Polanski ja bereits Hitchcock huldigte.
Ein am Flughafen vergessener Koffer ist die Eintrittskarte in die Welt des Unglücks, denn auf der Fahrt zurück geraten Martin und Taxifahrerin Gina (Diane Krüger) in einen Unfall, ihr Auto segelt von einer Brücke und Martin fällt infolge des Unfalls ins Koma. Als er nach vier Tagen erwacht, steht die Welt Kopf: Auf dem Kongress, auf dem er einen Vortrag halten sollte, wird ihm ein anderer (Aidan Quinn) als Martin Harris vorgestellt, der laut Elizabeth ihr langjähriger Gatte ist, während sie den frisch aus dem Koma Erwachten noch nie zuvor gesehen haben will. Nun sind natürlich alle Möglichkeiten offen, von einem Komplott über die tatsächliche Verrücktheit der Hauptfigur bis hin zu übernatürlichen Möglichkeiten.

Tatsächlich beginnt Martin an seinem Geisteszustand zu zweifeln, doch als man versucht ihn umzubringen glaubt er eine Verschwörung. Hilfe sucht er bei Gina und dem Privatdetektiv Ernst Jürgen (Bruno Ganz), einem ehemaligen Stasi-Agenten…
Hat man seine Erwartungen in Richtung „Taken“ begraben, kann man durchaus Spaß an „Unknown Identity“ haben – schließlich ist es nicht die Schuld des Films, wenn der Trailer die zwei, drei Actionmomente so auswalzt als sei dies Hauptattraktion des Films. Und das Gebotene kann sich sehen lassen, gerade die Autojagden auf den Straßen Berlins überzeugen mit kinetischer Energie und gelungenem Schnitt, während die gelegentliche Nahkämpfe dann wieder einen Hauch von „Taken“ versprühen. Nicht umsonst ist auch dessen Kampfchoreograph Olivier Schneider hier in gleicher Funktion unterwegs.
Zudem darf Schneider als Killer auch noch eine sehr charismatische Vorstellung abliefern, an die Stipe Erceg als zweiter Killer leider nicht heranreicht. Liam Neeson liefert als Charakterdarsteller dann genug Bandbreite um das volle Maß von Martins Emotionen auszuschöpfen – von der anfänglichen Verwirrung bis zur späteren Aggression bleibt er immer glaubwürdig. Auch Diane Krüger hat sich echt gemacht und liefert eine überraschend gute Vorstellung ab, während January Jones wenig Screentime hat. Famos ist Bruno Ganz als ehemaliger Stasi-Mann, der seine Vergangenheit nicht verleugnet, gelungen auch die Auftritte von Aidan Quinn und Sebastian Koch, während Frank Langella nicht über ein Okay hinauskommt.

Innovationen darf man bei „Unknown Identity“ nicht unbedingt viele erwarten, die Vorbilder sind klar zu erkennen und gerade die finale Auflösung wird nicht nur schon im Trailer angedeutet (ein weiterer bedauerlicher Fehler, der aber wiederum nicht beim Film liegt), sondern imitiert ein weiteres Vorbild deutlich. *SPOILER* Denn damit ist Martin Harris auch nur eine Variation der Persona Jason Bourne. Aber vielleicht hat auch Didier Van Cauwelaert, Autor der Vorlage, auch schon bei Ludlum abgeschrieben. *SPOILER ENDE* Immerhin: Die Auflösung erfordert zwar ein gewisses Strapazieren der Glaubwürdigkeit, entpuppt sich aber als schlüssig und logisch – man erwartet nur besser keinen Hammertwist wie Collet-Seras „Orphan“.
Collet-Sera inszeniert seinen Film nach bekannten Mustern, aber gerade das Wie dieser Erzählung macht „Unknown Identity“ durchaus sehenswert: Es ist schon erstaunlicher, dass man erst die Amerikaner braucht, damit man sieht wie Blockbuster-mäßig man deutsche Großstädte in Szene setzen kann. Doch nicht nur die Außenszenen zeugen vom visuellen Gespür des Regisseurs, auch so Kleinigkeiten wie die liebevoll mit Stasi-Memorabilia geschmückte Wohnung Ernst Jürgens verpassen „Unknown Identity“ jenen Touch, der ihn doch etwas über die Konkurrenz erhebt.

Insofern mag die Geschichte ein wenig von der Stange sein und sich ganz offen an die großen Vorbilder anhängen, doch gerade aufgrund des unverbrauchten Berlinszenarios, der guten Besetzung und Collet-Seras Inszenierung kann sich „Unknown Identity“ von anderer Genreware absetzen. Die Actionmomente machen etwas her, die Erwartungen stellt man aber doch lieber auf Thriller, denn viel Krawall hat der Film nicht zu bieten.

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