Eine mysteriöse Krankheit verbreitet sich rasend schnell auf der ganzen Welt: Erst erleben Menschen wie aus dem Nichts extreme emotionale Ausbrüche - Trauer, Angst, Wut - dann verlieren sie nacheinander je einen Sinn - erst der Geruch, dann der Geschmack, und immer so weiter. In dieser Atmosphäre allmählich aufkeimender Weltuntergangs-Panik lernen sich der Koch Michael (Ewan McGregor) und die Epidemiologin Susan (Eva Green) kennen - und verlieben sich ineinander. Doch nicht nur die zunehmend gefährliche Krankheit, sondern auch die Dämonen ihrer Vergangenheit machen ihnen das Leben schwer.
„Perfect Sense" ist ein Film, der gekonnt zwischen typischen Genre-Versatzstücken jongliert und doch immer wieder neue Aspekte und überraschende Ideen liefert. So scheint er nur auf den ersten Blick ein zur Pandemie passender Beitrag zu sein, da die Krankheit, die er hier beschreibt, eher einem philosophischen Gedankenexperiment als einer wissenschaftlichen Grundlage gleicht: Was geschieht mit Menschen, die ohne jede Möglichkeit der Heilung mit dem schleichenden Verlust ihrer Sinne konfrontiert werden? Hier stehen nicht die Regierungsmaßnahmen im Vordergrund oder der Kampf gegen eine unbekannte Seuche - solche konkreten Aspekte werden schnell zugunsten der emotionalen Seiten des Geschehens ausgeklammert.
Viel mehr geht es hier darum, im Moment des Verlusts zu erkennen, was dieser eigentlich bedeutet. Die emotionalen Zusammenbrüche vor dem jeweiligen Sinnesverlust stehen metaphorisch für ein letztes Aufbäumen - ein letztes Mal die Gerüche der Welt einatmen und ihren Verlust betrauern, ein letztes Mal alles Essbare in sich hineinstopfen, bevor der Geschmack für immer verloren geht. In poetischen Bildern, untermalt mit einem wunderschönen, traumartigen Score, feiert der Film all die kleinen und großen Dinge, die wir im Alltag für selbstverständlich halten. Der Duft eines Waldspaziergangs, der Geschmack eines guten Essens, die Erinnerungen, die mit solchen Sinneseindrücken verknüpft sind und ohne diese bald unwiederbringlich verloren gehen können. „Perfect Sense" ist gerade angesichts der eigentlich düsteren Handlung eine Ode an die Schönheit des Lebens, die dazu auffordert, jeden Moment bewusst zu genießen. Und zugleich ein Trauerspiel über den Verlust all dessen, was uns (bewusst oder unbewusst) zu den Menschen macht, die wir sind.
Ein Trauerspiel allerdings, das mit kleinen, hoffnungsvollen und zärtlichen Szenen immer wieder zum Lachen und Träumen anregt. Wenn das Pärchen in der Badewanne sitzt und herzhaft in Seife und Rasierschaum beißt oder sich ihre dunkelsten Geheimnisse anvertraut und trotzdem zusammen hält, dann zeugt das immer von all dem, was uns über unsere bloße Körperlichkeit hinaus zum Menschen macht. Die Tiefe und Kraft der Emotionen wird hier beinahe beiläufig und doch als zentraler Bezugspunkt gefeiert. Ein tiefgründiges Traktat über das Wesen des Menschen, das immer wieder für Gänsehaut sorgen kann.
Dank der überzeugenden Darstellerriege, einer grandiosen Kamera, die brillant zwischen temporeichen Fahrten und ruhigen Einstellungen changiert und auch immer wieder originelle Blickwinkel findet, und der durch und durch gelungenen Inszenierung ist „Perfect Sense" ein enorm intensiver Film über den Umgang mit Verlusten und den Kern dessen, was uns zu Menschen macht. Ein faszinierendes, tief unter die Haut gehendes Vexierspiel mit Erwartungen und scheinbaren Selbstverständlichkeiten, das sicher noch lange nachwirkt.