Review

Er ist gerade wieder in nach „Grindhouse“, der Retrotrash, und mit „Hobo with a Shotgun“, basierend auf einem Faketrailer aus einem Wettbewerb, der anlässlich jenes Initiationsprojektes abgehalten wurde, ist nun der nächste Vertreter am Start.
Wobei dieser kein auf dreckig gebürstetes Mainstreamprodukt wie „Planet Terror“ oder „Machete“ sein will, keine überdrehte Komödie wie „Black Dynamite“, sondern waschechte 2011er Exploitation. Der titelgebende, namenlose Hobo (Rutger Hauer) kommt anfangs noch Schießgewehr in Hopetown an, das von Drake (Brian Downey) und seiner Bande kontrolliert wird. Dabei macht „Hobo with a Shotgun“ schnell klar, dass er in einer vollkommen überzogenen Parallelwelt angesiedelt ist, in der die Kriminellen ihre Opfer auf offener Straße köpfen und die Bevölkerung zum Zusehen verdonnern.
Die örtliche Polente macht gemeinsame Sache mit den Bösi-Mösis, doch der Hobo will eh nur einen Rasenmäher kaufen und damit Geld verdienen, sein Geschäft aufbauen. Als jedoch Übelwichte den Pfandleiherladen überfallen, als er das Gerät kaufen will, investiert er die 50 Tacken doch lieber in eine Schrotflinte und beginnt Kriminelle auszuknipsen…

Außerdem turnt noch die junge Prostituierte Abby (Molly Dunsworth) durch den Film, die der Penner beschützen möchte, doch mit solchen Kinkerlitzchen wie Plot oder Charakterzeichnung will sich „Hobo with a Shotgun“ in bester Exploitationmanier gar nicht aufhalten. Alle Figuren hier sind grell überzeichnete Stereotypen, warum der Hobo genau dann zur Flinte greift ist eigentlich egal, auch wenn sich Hauer immerhin um Nuancen bei der Darstellung des Obdachlosen bemüht. Doch mit Erzählstruktur ist nicht viel, selbst „Machete“ hangelte sich da noch kunstvoller von Idee zu Idee, während „Hobo with a Shotgun“ so wirkt als sehe man immer noch den Trailer, eine mehr oder minder motivierte Abfolge möglichst krasser und abgedrehter Szenen, wobei sich der Ideenreichtum der hier Verantwortlichen (im Gegensatz zu Herrn Rodriguez) leider auf das Ausdenken immer abtruserer Brutalitäten beschränkt.
Tatsächlich ist das in seiner political incorrectness phasenweise tatsächlich lustig, nicht zuletzt macht die Ansiedelung in einer vollkommen überzogenen Parallelwelt macht die permanente Over-the-Top-Gewalt durchaus vertretbar, weshalb sogar über weggeschröggelte Schulkindern durchaus schmunzeln kann, viele andere Szenen dagegen sind nur dämlich und selbstzweckhaft wie die Blutdusche (zumal die Frau danach nie wieder eine Rolle spielt), die Autoscooter-Szene oder das Pinata-Spiel. Stellenweise nervt der Film noch mit seiner bei Troma abgeschauten Inszenierungstaktik einfach schreiende Menschen in Großaufnahme bei wackelnder Kamera und bis zum Anschlag aufgedrehtem Ton abzulichten – das transportiert für mich keinen Terror und keine „sickness“ (um das Mode-Unwort mal zu gebrauchen), sondern geht einfach nur tierisch auf die Nüsse. Im klassischen Sinne guckt man als Actionfan weitestgehend in die Röhre, das gegenseitige Umpusten fällt meist reichlich statisch aus, aber das ist den Machern wohl egal: Hauptsache es suppt ordentlich.

Dabei ist das Potential durchaus erkennbar. Gerade gegen Ende macht „Hobo with a Shotgun“ noch mal ordentlich Boden gut, wenn der Oberschurke die zwei „The Plague“-Killer loslässt, die in einer skurrilen Burg hausen und dort Fotos ihrer Opfer aufhängen, darunter unter anderem Abraham Lincoln, Jesus und der Osterhase. Man würde sich mehr solchen Ideen wünschen, mehr von den absurd-komischen Onelinern, die manchmal vorgetragen werden (u.a. „It’s a beautiful day for a skaterape!“) – kurzum: Mehr Ideen, die über kreative Killing und exzessive Gewaltdarstellung hinausgehen, die eben mehr als pubertäres Krassheitsgehabe sind.
Weitere Stein im Brett des Films ist Rutger Hauer, gnadenlos cool als rächender Pennbruder, aber auch mit einer nachdenklichen Seite, die Hauer selbst innerhalb dieses abgedrehten Szenarios zum Tragen bringen kann, z.B. wenn er Neugeborenen gegenüber über die Schattenseiten des Lebens monologisiert. Molly Dunsworth ist eine Entdeckung, Gregory Smith und Nick Bateman herrlich schmierige Übelwichte als Drakes Söhne. Drake-Darsteller Brian Downey ist leider ein wenig furchteinflößender Wurzelzwerg, dem jegliches Charisma abgeht und der dementsprechend versagt als Antagonist, der Rest vom Fest spielt reichlich vergessenswert.

Einige gute Ideen, ein starker Rutger Hauer und teilweise echt gelungene Oneliner – „Hobo with a Shotgun“ hat seine Meriten, ist insgesamt aber eine ziemliche Enttäuschung. Pubertäres Rumgesplattere auf der Suche nach dem nächsten Tabubruch, ohne große Schauwerte abseits der Gewalt und erzählerisch schwach auf der Brust. Dank solcher Einfälle wie der Gestaltung der „The Plague“-Killer gerade noch Mittelmaß, aber auch das nur knapp.

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