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Nicht nur in den USA herrscht Angst vor einer wirtschaftlichen Apokalypse, einem verheerenden Sturm, der das Leben eines Menschen im Mittelstand von einer Sekunde auf die andere aus dem geregelten Alltag hebeln könnte.
Darüber dürfte sich Autor und Regisseur Jeff Nichols ausgiebig Gedanken gemacht haben, jedoch nicht, wie er den Spannungsbogen seiner Geschichte konstant aufrecht erhalten kann.

Bauarbeiter und Familienvater Curtis (Michael Shannon) führt mit seiner Frau Samantha (Jessica Chastain) und der tauben Tochter Hannah (Tova Stewart) eigentlich ein beschauliches Dasein auf dem Lande, bis ihn plötzlich Alpträume und Visionen plagen und Curtis beginnt, einen Sturmbunker im Garten aufwendig auszubauen. Dreht der Mann langsam durch oder ist etwas Wahres an seinen apokalyptischen Visionen?

Vielleicht ist Macher Nichols besonders wetterfühlig, doch die kontrastreichen Bilder mit dichten, tief hängenden Wolken sehen großartig aus und stehen als wirksame Metapher für die Unberechenbarkeit einiger Wetterkapriolen, auf die wir genauso wenig Einfluss haben, wie auf die uns umgebende wirtschaftliche Entwicklung.
Curtis steht im Mittelpunkt dieser Entwicklungen, ein in sich gekehrter Mann, der zwischen Wahn und Obsession handelt, der aus Angst nicht mehr offen mit seiner Frau spricht und eine Entfremdung eher in Kauf nimmt als den totalen Kontrollverlust, der dennoch unweigerlich im Hintergrund seine Stränge ziehen wird.

Dabei stellt sich eigentlich nur die Frage, ob Curtis, vielleicht auch gentechnisch von seiner psychisch kranken Mutter vererbt, einen an der Klatsche hat und sich in seine Angstvorstellungen hinein steigert, oder ob der von ihm errichtete Schutzbunker irgendwann als Unterschlupf der äußeren Katastrophe dienen wird, denn auf eine solche steuert die latent unbehagliche Stimmung auf jeden Fall zu.

Allerdings gestaltet Nichols dies über weite Teile behäbig, zäh und eindimensional.
Zwar ist es für das Geschehen wichtig, einige Alltagssituationen der Familie einzubetten, doch eine deutliche Straffung wäre ein ums andere Mal wünschenswert gewesen. Zumal sich die visualisierten Alpträume auf Dauer reduzieren, so dass im letzten Drittel lediglich ausgeführt wird, was sich bereits einige Zeit im Vorfeld angedeutet hat.
Anderweitig werden detaillierte Lebensumstände allenfalls angerissen, etwa, was es mit dem medizinischen Eingriff bei Tochter Hannah auf sich hat, oder wie Curtis zu seinem Arbeitskollegen oder zum Rest der Familie steht.

Bei alledem halten die Darsteller und ihre nachvollziehbaren Dialoge das Geschehen aufrecht. Shannon ist so der markante Typ Richtung Willem Dafoe, der mit nuanciertem Spiel viele Mankos seiner nicht immer rund gezeichneten Figur ausbügeln kann. Gleiches gilt für seine Mitstreiterinnen, wobei die auch im wahren Leben taube Tova Stewart ein paar goldige Momente mit ihren Filmeltern zustande bringt und auch Chastain zeigt, dass sie bereits zu Recht für einen Oscar nominiert wurde.

Dennoch bleibt dieses Psychodrama auf Dauer zu behäbig und gleichermaßen zu vorhersehbar, wobei der eher positiv gelagerte Ausgang durchaus Raum für Interpretationsmöglichkeiten lässt. Darstellerisch stark, optisch häufig sehr stimmig und atmosphärisch, fehlt es „Take Shelter“ dennoch an gewissen tief gehenden Momenten, die den mit Ängsten umgebenden Alltag eines amerikanischen Mittelstandbürgers noch bedrohlicher hätten gestalten können.
6 von 10

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