Die Grundidee einer zweiten Erde die von unserer Erde aus sichtbar wird ist genial und die Gefühle der Menschen sind von diesem setup sofort stark emotional berührt. Science-Fiction Fans haben ad hoc eine Reihe von Ideen wie eine Story hier genre-gerecht umzusetzen wäre. ANOTHER EARTH kümmert sich allerdings bewusst nicht um diese primären Wünsche und wartet deswegen nicht mit entsprechenden Effekten oder gar einer Blockbuster kompatiblen Umsetzung oder bekannten Schauspielern auf. Der Science-Fiction Aspekt bleibt im Hintergrund und der Film hat einen stark dokumentarischen Ansatz.
Die 17-jährige Astrophysik Studentin Rhoda Williams feiert ausgiebig während am Himmel ein neuer Planet erscheint, der wie die Erde aussieht. Sie verursacht in dieser Nacht einen Unfall bei eine Frau und ein Kind sterben. Der Vater überlebt. Nach vier Jahren im Gefängnis kehrt Rhoda nach Hause zurück und nimmt parallel an einem Wettbewerb teil, bei dem es eine Fahrt zum neuen Planeten, der Erde 2 genannt wird, zu gewinnen gibt....mehr soll hier nicht verraten werden um sich weitgehend unvoreingenommen auf den Film einlassen zu können. Er ist es auf jeden Fall wert.
Mit einem Budget von nur ca. 200.000 Dollar hat Regisseur Mike Cahill nach seinem Debüt KING OF CALIFORNIA (mit Starbesetzung) ohne es zu ahnen einen low-budget Gegenentwurf von Lars von Triers MELANCHOLIA gemacht ohne natürlich dessen apokalyptisch übersteigerte Mythologie zu übernehmen. ANOTHER EARTH ist sich seines Independent Charakters bewusst und man nimmt dem Film die oft wackligen handkamera-artigen Doku-Bilder aus TV- und Radiosendungen die den Kontakt zur "Erde 2" herstellen wollen nicht übel.
Das geringe Budget ist sichtbar und so will und kann der Film zu einen nicht emotional dauerhaft so fesseln wie MELANCHOLIA. Auch seine philosophische Aussage wird nicht weiter vertieft, die Voraussetzungen dazu wären aufgrund des hervorragenden Plots potentiell gross gewesen. Im Kontext einer zarten Romanze lässt der Film bewusst vieles offen und lässt die Protagonisten mit der Ungewissheit über das eigene und das Schicksal der Erde als ganzes zurück. Ist es das Ende oder ein neuer Anfang .....?
Am Ende bleibt ein Independent Film mit poetischer Kraft und ohne übermässigen Kitsch der einem auf eine fast märchenhafte Weise mit schönen Bildern und guten Darstellern einfängt und auf eine Gedankenreise schickt. Er schöpft jedoch bei weitem nicht alle Möglichkeiten der guten Story in bezug auf Emotionalität und Vertiefung der philosophischen Gedankenspiele aus.
Wer von Logik und Rationalität von Story und Inhalten im Science-Fiction Genrekontext geprägt ist und offen-unerklärte Handlungen nicht mag wird den Film ablehnen. Der Film wird die Zuschauer definitiv polarisieren. ANOTHER EARTH gewann auf dem Sundance Film Festival 2011 den Spezialpreis der Jury als bestes Drama und den Alfred-P.-Sloan-Preis. Der Soundtrack ist auch empfehlenswert.
7/10 Punkten