Review

Der Originaltitel







"Afghan Luke" dieses kanadischen Films passt meines Erachtens (ob seiner Doppeldeutigkeit) besser als die deutsche Fassung, die von der "Hölle Afghanistan" spricht. Zusammen mit dem doch eher reißerischen Cover wird dadurch der Eindruck eines klassischen Kriegsfilms vermittelt, was jedoch der Film nicht einhält, aber auch eigentlich nicht einhalten will. Statt das Kriegsgeschehen in den Mittelpunkt zu stellen, geht es ihm um die Darstellung des Kriegsgeschehens, um die Sicht/Perspektive der Journalisten, die aus Afghanistan von den Ereignissen, aber auch vom Land selber berichten.

Erzählt wird die Geschichte des Journalisten Luke Benning, der während eines Aufenthalts in einer fiktiven afghanischen Provinz meint, Zeuge eines Kriegsverbrechens zu werden. Im Objektiv seiner Kamera glaubt er zu sehen, wie Angehörige der ISAF-Streitkräfte erschossenen Taliban-Kämpfern die Finger als Trophäen abschneiden. Da er keine Beweise für diese Taten hat (seine Kamera wird zerschossen), lehnt sein Redakteur es nach der Rückkehr Lukes nach Canada ab, die Geschichte in der Zeitung  abzudrucken. Luke beschließt zusammen mit seinem Freund Tom erneut nach Afghanistan zu reisen, um die fehlenden Beweise zu schaffen. Zusammen mit dem afghanischen Führer Mateen macht er sich dort auf eine Reise ins "Herz der Finsternis" (um Joseph Conrad zu zitieren). Er begegnet dabei nicht nur den allgegenwärtigen Drogen ("Afghan Luke"), korrupten Regierungsbeamten, einem durchgeknallten Forscher, der im Auftrag der UN Kriegsgräber aushebt, sondern auch der afghanischen Kultur und den Menschen, die hier leben, die ihm aber bisher immer weniger wichtig waren als seine Story. So durchläuft Luke Benning im Verlauf des Films eine Wandlung, indem er nicht nur sich selber (und seinen eigenen Abbgründen) näher kommt, sondern auch den Menschen um ihn herum (allen voran seinem Führer Mateen). Hier thematisiert der Film einen typischen "Clash of Cultures".

Man merkt, dieser Film will mehr als nur unterhalten. Er zeigt eine kritische Auseinadersetzung mit der Berichterstattung aus Afghanistan und den Journalisten selber (und ihrem Ethos) auf. Dies versucht er mit einem recht besc heidenen Budget, was  man dem Film auch an verschiedenen Stellen dann doch anmerkt. Trotz allen Bemühens wirkt zum Beispiel das in der kanadischen Provinz nachgebaute afghanische Dort dann doch "bemüht nachgebaut". In dem hörenswerten Audiokommentar des Regiesseurs Mike Clattenburg verrät dieser, wie man darauf bedacht war, Produktionskosten zu sparen bzw. wie man getrickst hat, um mehr Atmosphäre entstehen zu lassen, als tatsächlich vorhanden war (so stand dem Team nur ein gepanzertes Fahrzeug zur Verfügung, was immer wieder in den verschiedensten Szenen und in den unterschiedlichsten Pespektiven auftreten musste, um so einen größeren Fuhrpark vorzugaukeln).
Dafür, dass der Film in zwanzig Tagen im Kasten sein musste, kann sich das Ergebnis meines Erachtens durchaus sehen lassen, wenngleich der Preis, mit dem DVD und Blu-ray hierzulande vertrieben werden, etwas anderes vermuten lässt.

Die Schauspielerleistungen sind ebenfalls recht ordentlich, ob Nick Stahl als Journalist Luke Benning, Stephen Lobo als sein  Führer Mateen oder Vik Sahay als sein Konkurent Imran Saher. Die im Film gezeigte Landschaft ist vielleicht nicht Afghanistan (sondern liegt in British Columbia - Canada), sie ist aber nicht minder beeindruckend.

Wenn man sich also nicht blenden lässt vom Cover (und so mit falschen Vorstellungen an den Film herangeht), wenn man sich auf die Geschichte, die der Film erzählen möchte, einlässt (und keine Actionsequenzen erwartet), dann hat man einen gewinnbringenden Filmabend vor sich, der auch das ein oder andere Filmzitat im Gedächtnis verbleiben lässt (meist aus dem Mund des Führers Mateen):

"There are no enemies in Afghanistan, only future allies."

"Warum kommen so viele gut bewaffnete Touristen nach Afghanistan?" (gemeint sind die Briten, die Russen und schließlich die ISAF-Truppen)

"Für uns Afghanen ergibt das hier keinen Sinn, aber ihr Touristen (gemeint sind die Journalisten) versteht es?!"


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