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Schon mit seinem Erstlingswerk “Moon” (2009, mit Sam Rockwell) konnte Duncan Jones die Fachpresse sowie das eher anspruchsvollere Publikum überzeugen - auch wenn erwartungsgemäß der ganz große finanzielle Erfolg ausblieb. Dennoch hat ihm das Kritikerecho dazu verholfen, für seinen zweiten Film ein ungleich höheres Budget sowie eine Riege namhafter Darsteller zur Verfügung zu haben. Beste Voraussetzungen also für “Source Code”.

US-Soldat Colter Stevens (Jake Gyllenhaal) erwacht in einem Zug Richtung Chicago. Obwohl die ihm gegenübersitzende Christina (Michelle Monaghan) ihn zu kennen scheint, hat er hat selbst keine Ahnung wer sie ist oder wie er hier her kommt - bestehen seine letzte Erinnerungen doch aus seinem Einsatz in Afghanistan. Die Suche nach Antworten auf diese mysteriösen Umstände wird jäh unterbrochen, als im Zug eine Bombe detoniert und jegliche Passagiere in den Tod reißt. Ortswechsel: Abermals erwacht Stevens ohne Orientierung, diesmal in einer scheinbar hermetisch abgeriegelten Kapsel. Einzige Verbindung nach draußen stellt ein Monitor dar, über den die Militärangehörigen Goodwin (Vera Farmiga) und Dr. Rutledge (Jeffrey Wright) Kontakt mit ihm aufnehmen. Bevor diese jedoch den nach wie vor völlig verwirrten Stevens wirklich aufklären können, entsenden sie ihn erneut auf eine Mission: Ein weiteres mal findet sich der US-Soldat im Zug nach Chicago wieder - mit dem Auftrag, den Attentäter zu finden; der Beginn einer Tour de Force…

So mancherorts ist von der Auferstehung des intelligenten und geistreichen Blockbuster-Kinos zu lesen; allen voran “Inception” (2010, mit Leonardo DiCaprio) und nun auch “Source Code” werden als Beweise für diese These angebracht. Zwangsläufig findet man auch Vergleiche zwischen eben jenen Filmen. Eine solche Gegenüberstellung ist jedoch alles andere als angebracht: Neben dem Leitmotiv der verschiedenen Realitätswahrnehmungen könnten die Filme bezüglich ihrer Machart unterschiedlicher nicht sein. Während “Inception” als lautes und bombastisches Action-Spektakel mit philosophischen Anspruch brilliert, erweist sich “Source Code” als ein viel kleinerer, ruhigerer und somit auch fokussierter Film. Anstatt durch eine Vielzahl von Ebenen zu springen und die Handlung möglichst komplex zu gestalten, präsentiert sich der Streifen beinahe als Kammerspiel mit einer im Endeffekt gar nicht mal allzu komplizierten Geschichte.

In diesem Punkt finden sich also einige Parallelen zu “Moon”: Die Story entfaltet sich ohne jegliche Hast und arbeitet auch nicht auf einen vielerorts beliebten Mindfuck zum Schluss hin, der alles Gesehene auf den Kopf stellen will. Im Gegenteil, wie schon bei Jones’ Erstwerk werden die Überraschungen schon im Mittelteil des Films enthüllt und dienen fortan als Motor für die Handlung, nicht als knalliger Endstreich. Die relativ simple Handlung ist dabei einfach nachzuvollziehen, bietet im Nachhinein aber dennoch genügend Gesprächsstoff aufgrund der angeschnittenen, aber nie plakativ behandelten philosophischen Themen. Durch die fehlende Effekthascherei kann sich somit eine beklemmende Atmosphäre verbreiten, die durch die begrenzte Zahl an Handlungsorten unterstützt wird. Dennoch kommt der Film optisch nicht bieder daher: So setzen beispielsweise Colter’s surreal anmutende Kapsel wie auch manch beinahe anmutig wirkende Zugexplosionen optische Highlights. Aufgrund all dieser Ruhe präsentiert sich der Streifen zwar nicht als hochgradig spannend, aber dafür stets atmosphärisch.

Bei den Darstellerleistungen gibt es keinerlei Grund zum Meckern: Jake Gyllenhaal meistert all die Facetten seines US-Soldaten, sei es nun die anfängliche Verwirrung oder die spätere Entschlossenheit. Die mit ihm agierende Michelle Monaghan hat nicht ganz so viel zu tun: Im Gegensatz zu Gyllenhaal’s Figur bekommt ihre Christina keine Chance zur charakterlichen Entwicklung, weshalb die Anforderungen sich auf ein sympathisches Wesen beschränken, um die keimende Love-Story zu rechtfertigen - dieser Part gelingt ihr mühelos. Differenzierter sieht es da bei Vera Farmigas Goodwin aus, deren Hin- und Hergerissenheit zwischen beruflicher Pflicht und moralischen Grundsätzen gut zur Geltung kommt. Jeffrey Wright darf als Dr. Rutledge einfach Mal das gewissenlose Arschloch spielen, was ihm nicht allzu schwer fällt.

Fazit:Source Code” ist ein ruhiger, philosophisch angehauchter Film, der mehr durch Atmosphäre als durch Spannung überzeugt. Ein toll spielender Jake Gyllenhaal wird dabei von einer gut aufgelegten Nebendarstellerriege unterstützt. Feiern wir nun wirklich einen Siegeszug des intelligenten und anspruchsvollen Films? Die Einspielergebnisse eines “Dark Knight” oder “Inception” wollen es einen glauben lassen, die Zahlen von “Source Code” lassen zweifeln. Die Zuschauerströme eines “Pirates of the Caribbean 4” oder eines “Transformers 3” haben bzw. werden einen dann vollends eines Besseren belehren. Vielleicht in einer anderen Realität…

8/10

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