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Michael Shapiro hatte für Produzent Jerry Bruckheimer 1998 eine Folge der Fernsehserie „Die Schattenkrieger“ gedreht und wurde von dem Kinomogul, der zu jener Zeit verstärkt ins Fernsehgeschäft drängte, noch im gleichen Jahr für den TV-Film „Max Q“ angeheuert.
Max Q ist nicht nur der Name einer Astronautenbar in dem Film, sondern auch der Zeitpunkt maximalen Drucks auf ein Raumschiff beim Start. Damit müssen auch die NASA-Piloten Clay Jarvis (Billy Campbell) und Scott Hines (Ned Vaughn) umgehen. Im Simulator bauen sie eine Bruchlandung, unter anderem weil coole Dudes wie sie nicht auf den Computer hören, den Rena Winter (Paget Brewster) programmiert hat. Clay und Rena verstehen sich blendend, sind aber kein Paar, was natürlich nur bedeuten kann, dass sie am Ende des Films eines werden.
Das ist zu diesem Zeitpunkt aber noch rund 90 Minuten entfernt, vorher ist erst einmal die nächste Mission angesagt. Da die NASA etwas knapp bei Kasse ist und die öffentliche Wahrnehmung zu wünschen übrig lässt, findet der aktuelle Flug im Kooperation mit der Firma Kaysat statt, für die man einen neuen Satelliten ins All bringen soll. Da Kaysat-Bonze Elliot Henschel (Christopher John Fields) umso mehr Ahnung von PR hat, schickt er den Journalisten und Emmy-Gewinner Jonah Randall (Geoffrey Blake) mit ins All, um die Mission zu filmen. Komplettiert wird das Astronautenquartett durch Karen Daniels (Tasha Smith), deren Hauptaufgabe im Film darin besteht Mann und Kind zu haben. Clay muss ja Single sein, damit er nachher Rena abkriegt, Scott hat die schwangere Ehefrau daheim, damit so gut wie jede sorgenvolle Familienkonstellation abgedeckt ist.

Die vierköpfige Crew schraddelt jedenfalls fröhlich ins All, hat jedoch Probleme beim Lösen des Satelliten. Als man das Teil durch Zündung des Antriebs in die richtige Position bringen will, verbrutzelt der Satellit jedoch wichtige Teile der Steuerungseinheit und das Space Shuttle hängt manövrierunfähig im All…
„Max Q“ fühlt sich an wie Resteverwertung im Hause Bruckheimer, wie nebenbei in den Kulissen von „Armageddon“ gedreht, nur ohne dessen Budget oder Interesse der Macher dahinter. Beabsichtigt oder nicht recycelt man gegen Ende noch eine Idee aus dem Bruckheimer-Vorjahreshit „Con Air“, wenn im Showdown kein Flugzeug in Las Vegas, sondern ein Shuttle auf einer Landstraße bruchlandet. Und weil Astronauten so geile Typen sind, endet das Notfallmanöver nicht mit drölfzig Verkehrstoten oder wütenden bis traumatisierten Autofahrern, sondern mit spontanen Applausbekundungen für die coolen NASA-Dudes. Nun könnte man „Con Air“ vorwerfen, dass auch dort Menschenleben beim Crash Landing in Gefahr waren, aber dort saß ein waschechter Knastvogel am Steuerknüppel und der Film war deutlich humorvoller und bewusst überzeichneter als dieses bierernste Rührstück.

Denn das Drehbuch-Duo aus Marty Kaplan und Robert J. Avrech fährt hier so gut wie jedes Klischees des Raumfahrt- und Katastrophenfilms auf. Da gibt es den skrupellosen Kapitalisten, der im Angesicht der Katastrophe noch vor allem darum bangt, dass seinem Satelliten etwas passiert sein könnte. Also die Art von Mensch, die in „Der weiße Hai“ die Badestrände offenlässt oder in „Flammendes Inferno“ beim Brandschutz pfuscht. Dann gibt es die Angehörigen in den Geschmacksrichtungen Ehefrau (schwanger), Ehemann und Kind, die vor allem großäugig in Himmel oder auf den Bildschirm starren oder sich gegenseitig trösten, damit das Publikum auch ja die achso doll menschliche Seite des Ganzen versteht. Und den Sidekick des coolen Piloten-Johnnys, der auch gern so ein cooler Piloten-Johnny wäre und deshalb einen Eifersuchtsanfall bekommt, der für kurzzeitige Knatsch sorgt.
Wobei Kurzzeitknatsch das Gebot der Stunde ist, denn kaum ein Problem darf allzu lange im Raum stehen. Der Sidekick kommt schnell wieder zur Vernunft. Eine kurzfristig angedachte Rettungsmission durch ein zweites Shuttle wird schnell wieder verworfen, weil a) zu gefährlich und b) sich coole Piloten-Johnnys lieber selbst retten. Selbst der interessanteste Subplot, der sich darum dreht, ob Jonah ein Wiesel ist, dass lieber seinen Arbeitgeber deckt als später die Wahrheit über den Zwischenfall erzählen zu wollen, wird verhältnismäßig schnell wieder aufgelöst.

So wird dann viel geredet und wenig gesagt, wenn der sabbelintensive Katastrophenfilm vor sich hin kriecht. Die Dialoge sind tausendmal gesagte Klischeesätze ohne Leben, das Dazwischen aber auch kaum besser. Denn für vernünftige Effekte war kein Geld da, weshalb alle Szenen, die nicht mit NASA-Stock-Footage gedeichselt werden können, extrem künstlich und fake aussehen, was natürlich der Tod für jeden Raumfahrt- und Spektakelmoment in diesem Film ist. Wehmütig vergleicht man dies mit Aufwand, der in die Produktion von „Apollo 13“ gesteckt wurde, bei dem man zur Simulation von Schwerkraft in Flugzeugen im freien Fall dreht. Einzig und allein eine Sequenz hat etwas für sich und das ist die eine einzige Reparatur, die Clay an der gestrandeten Mühle vornimmt. Wenn der Held im Raumanzug Präzisionsarbeit leisten muss und sich nach in klassischer Spannungserzeugungsmanier immer neue Hindernisse auftun, weil eine Methode nicht funktioniert oder die Luft knapp wird, dann zieht „Max Q“ immerhin für kurze Zeit in seinen Bann, ehe dann der schlecht getrickste Heimflug mit der erwähnten Bruchlandung nach „viel gewollt und wenig gekonnt“ aussieht und die aufgebaute Spannung mit dem Hintern wieder einreißt.
Zu dem schwachen Script, den mauen Tricks und der farblosen Inszenierung kommt dann auch ein entsprechend schlappes Ensemble, in dem allenfalls Geoffrey Blake als leicht windiger Journalist und Dokumentarfilmer noch kleine Akzente setzen kann. Billy Campbell spielt seinen Helden routiniert, aber wenig einprägsam, Paget Brewster, Ned Vaughn und Tasha Smith laufen auf Autopilot. Christopher John Fields spielt sich die reinste Schmierenkomödie als Abziehbild eines Konzernarschlochs zusammen, während auch ein paar Charaktergesichter wie Denis Arndt oder Chris Ellis in unscheinbaren Nebenrollen nichts ausrichten können.

So bleibt eine routiniert-langweilige Variante von Werken wie „Apollo 13“, hoffnungslos unterfinanziert und dementsprechend schlecht getrickst, noch dazu klischeehaft und vorhersehbar zusammengeschrieben, fast durchweg schwach gespielt und ebenfalls profillos inszeniert. Eine brauchbare Spannungssequenz und ein gut aufgelegter Geoffrey Blake sind angesichts dieser Ödnis ein schwacher Trost.

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