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Trotz Slasher-Boom in den 1980ern dauerte es ganze sieben Jahre, bis der Beinahe-Klassiker „Prom Night“ versequelt wurde. „Prom Night 2“, auch bekannt als „Mary Lou“ oder unter dem Originaltitel „Hello Mary Lou“, hat mit dem Vorgänger aber wenig mehr als den Filmtitel und den Abschlussball als zentrales Element gemeinsam.
Es geht im los im Jahr 1957. Dort ist Mary Lou Maloney (Lisa Schrage) ein leichtes Mädel, das den Pfarrer mit Beichten ihrer Eskapaden schockiert, sich von dem reichen Billy Nordham (Steve Atkinson) zum Ball ausführen (und aushalten) lässt, aber dann doch zum Schäferstündchen mit Buddy Cooper (Robert Lewis) abzischt. Das kann der Gehörnte nicht auf sich sitzen lassen und es kommt zu einem jener Scherze, die in Horrorfilmen selten gut ausgehen. Bill will Mary Lou im Moment ihrer Krönung als Prom Queen mit einem Feuerwerkskörper erschrecken, doch ihr Kleid aus Vollsynthetik fängt dabei Feuer. Missratene Streiche bedeuten Rache im Horrorfilm, noch so eine minimale Parallele zum Erstling.
30 Jahre später ist Bill (Michael Ironside), inzwischen ohne Y am Namensende, trotz des Zwischenfalls irgendwie Rektor der Schule geworden, Buddy (Richard Monette) wird jetzt Vater Cooper genannt und ist Priester. Bills Sohn Craig (Louis Ferreira) geht auf den Schulabschluss zu und ist mit Vicki Carpenter (Wendy Lyon) zusammen, deren gestrenge Mutter nicht für ein Abschlussballkleid bezahlen will. Also durchsucht Vicki den Fundus im Keller, wo aus unerfindlichen Gründen das überraschend intakte Kleid und die Prom-Night-Krone Mary Lous aufbewahrt werden. Damit entfernt sich „Prom Night 2“ von den Slasherwurzeln des Erstlings, sondern bringt eine gehörige Portion Besessenenhorror mit hinein, wenn der rachsüchtige Geist Mary Lous in die unbedarfte Vicki einfährt.

Mary Lou hat natürlich primär eine Rechnung mit Bill offen, den sie für ihren Tod verantwortlich macht, aber ist auch sonst kein Kind von Traurigkeit. Sie modelt Vicki von der grauen Maus zur offenherzigen Rebellin um und killt sich durch deren Freundes- und Bekanntenkreis…
Naja, vielleicht mit einer Einschränkung, denn das Morden geht eigentlich erst in Hälfte zwei los. In Hälfte eins muss nur eine Freundin Vickis dran glauben, die sich an Marys Lous Krönchen zu schaffen macht – anscheinend ist die gute multibesessenheitsfähig und nicht nur an Vicki gebunden. Also hat Vicki erst einmal reichlich Tagträume und Visionen von Mary Lou und deren Parallelwelt, die überdeutlich an die „Nightmare on Elm Street“-Reihe erinnern, in Sachen Kameraarbeit und Einstellungen außerdem klar von Sam Raimi und seinen „Evil Dead“-Filmen inspiriert sind. Das sind nicht die einzigen offensichtlichen Vorbilder. Der Besessenheitsklassiker „Der Exorzist“ wird im Dialog sogar offen genannt, während „Carrie“ mehrfach überdeutlich Pate stand: Von der christlich-fanatischen Mutter der Protagonistin über deren schüchternes Auftreten bis zum Abschlussball-Showdown geht der klare Ideenklau. „Prom Night 2“ versucht sich als Hommagefilm, in dem diverse Figuren nach Horrorregisseuren benannt sind (Carpenter, Hennenlotter, Craven, Dante, O’Bannon, King, Romero), aber das hatte „Night of the Creeps“ im Vorjahr auch schon gemacht (und gleichzeitig das Horrorgenre deutlich pointierter auf die Spitze genommen).
So schlafen dem Zuschauer in Hälfte eins auch beinahe die Füße ein, denn wirklich viel hat „Prom Night 2“ hier nicht zu erzählen. Das Teenie-Material hat wenig Profil, nur zwei sind wirklich sympathisch, doch die eine geht gen Filmmitte drauf, der andere erweist sich auf der Schlussgeraden als arschiger Opportunist und Erpresser. Vicki selbst ist ein weitestgehend leeres Blatt und dürfte zu den uninteressantesten Hauptfiguren des Eighties-Horrorfilms gehören, ihr Boyfriend Craig nur unwesentlich markiger. Die Visionen haben ein paar hübsche Ideen (etwa die Tafel, die sich zum pechschwarzen Pool wandelt, oder die Cafeteria des Grauens), sind aber nur kurze Highlights.

Wenn die farblosen Opfer dann in Hälfte zwei durch den Wolf gedreht werden, nimmt „Prom Night 2“ wenigstens etwas Fahrt auf, doch exorbitante Höhen erreicht der Bodycount nicht. Manche Kills sind immerhin einfallsreich (vor allem der Spindmord ragt heraus), wirklich spannend ist es aber selten, da man eh meist direkt erahnt, wen es wann erwischen wird. Im 08/15-Showdown wird der Spuk dann nach erwartbaren Verlusten gebannt, ehe dann der Schlussgag kommt, den man so klar kommen sieht, dass wohl nur ausgesprochen unbedarfte Gemüter überrascht sein dürften. Uneinheitlich ist auch der Ton des Ganzen: Da werden mal kurz Themen wie religiöser Fanatismus, ungewollte Schwangerschaft und (vermeintlicher) Selbstmord angesprochen, die dann zwar zwei Szenen später keine Rolle mehr spielen, aber den Ton ins Ernste verschieben. Dann wiederum gibt es Humor und zweideutige Anspielungen (Stichwort: „How did you blow that?“), die eher albern und pubertär daherkommen.
Auch darstellerisch kommt „Prom Night 2“ bestenfalls durchwachsen daher. Michael Ironside, der sich trotz seiner Rollen in Hits wie „Top Gun“, „Total Recall“ oder „Ausgelöscht“ nie für irgendwelchen B-Schlonz zu schade war, knarzt sich als von der Vergangenheit gequälter Rektor mehr als brauchbar durch den Film. Lisa Schrage, deren Mary Lou man wohl nur neuen Ikone á la Freddy Krüger aufbauen wollte, ist als Bitch from Hell sogar ziemlich stark, beim Rest vom Fest sieht es eher düster aus. Gerade Hauptdarstellerin Wendy Lyon, die große Teile des Films bloß kuhäugig oder belämmert durch die Gegend starrt, ist ein ziemlicher Ausfall, aber auch der Rest ist kaum besser. Die Regie schickt Lyon auch durch eine Duschszene, die in Sachen Sleazigkeit die entsprechenden Vorbildszenen aus „Carrie“ noch in die Tasche steckt – das kann man mutig nennen, aber an ihrer Schauspielleistung verbessert es auch nichts.

„Prom Night 2“ ist damit immer noch besser als sein dröger Vorgänger, denn mit einigen schick gestalteten (Alp)Traumszenen und gelegentlich originellen Kills ist hier immerhin phasenweise für B-Film-Entertainment gesorgt. Doch das von Bruce Pittman inszenierte Sequel braucht ewig, um in die Puschen zu kommen, wartet mit einer schwachen Hauptdarstellerin auf und ist offensichtlich aus diversen, bekannteren und besseren Vorbildern zusammengeklaut – so wirklich gut ist auch der hier nicht.

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