Für viele Cineasten sind die Coen-Brüder fast schon das Maß aller Dinge, doch wer einen preisgekrönten Western mit John Wayne remastered und das Ganze zu einer epischen Genre-Huldigung aufbläst, darf sich nicht wundern, trotz zehn Oscar-Nominierungen am Ende leer auszugehen.
Vielleicht unter anderem, weil man außer gewohnt detaillierter Charakterisierungen und toller Panoramabilder etwas mehr Eigensinn und Kreativität erwartet hätte.
Fort Smith in Arkansas: Die 14-jährige Mattie (Hailee Steinfeld) will den Mörder ihres Vaters, Tom Chaney (Josh Brolin) ausfindig machen und hängen sehen.
Helfen soll ihr der einäugige Trunkenbold Marshall Cogburn (Jeff Bridges), der die Begleitung der vorlauten Göre zunächst ablehnt…
In Sachen Figuren-Etablierung gelingt die Erzählung wunderbar: Mattie ist für ihr zartes Alter gebildeter und schlagfertiger als die meisten erwachsenen Damen jener Epoche, sie kokettiert mit juristischem Wissen ebenso, wie sie mit knallharten Verhandlungsstrategien zum Erfolg kommt. Auch Marshall Cogburn wickelt sie schnell um den Finger, obgleich dieser eigentlich andere Strategien verfolgt und sich diesbezüglich vom zeitweiligen Begleiter LaBoeuf (Matt Damon) oftmals provozieren lässt.
Die Figuren bieten phasenweise ein vortreffliches Trio mit einigem Augenzwinkern, doch leider steht mehr die Beziehung der Vierzehnjährigen zu den beiden Männern im Fokus, als die eigentliche Verfolgung des mutmaßlichen Killers und der Bande, der er sich angeschlossen hat.
Infolgedessen schwelgt man spannungsfrei in gefälligen Bildern, wälzt alte Geschichten am Lagerfeuer, untermauert das gnadenlose Saufen des alten Marshalls mit zügellosen Schießübungen auf Whiskeyflaschen und trifft einen selbsternannten Zahnarzt, der an dieser Stelle auch nichts weiter zur Handlung beiträgt.
Als man zwei Zeugen aufspürt und die Gangster in einer Nacht- und Nebel Aktion abpassen will, kommt endlich ein wenig Suspense ins Spiel.
Erst im letzten Drittel, als es zur Begegnung zwischen Mattie und dem Mörder ihres Vaters kommt, schlägt die Stimmung um und widmet sich einiger fulminant festgehaltener Action, die einen Distanzschuss aus 400 Yards so spannungsgeladen einbindet, dass man sich wünscht, der Streifen hätte mehr solcher denkwürdiger Momente hervorgebracht.
Auch zum Showdown kommt es zu einigen düsteren Szenen, die für den etwas behäbigen Mittelteil ein wenig entschädigen, mit einem Fall in eine Schlangengrube, einen nächtlichen Ritt gegen die Zeit und einem emotional gut temperiertem Abschluss.
Die beste Performance geht auf jeden Fall auf das Konto von Hailee Steinfeld, welche die entschlossene Göre mit viel Power und doch leichten Nuancen genial verkörpert. Einerseits gibt sie die unerschrockene junge Dame mit viel Überzeugungskraft, doch zwischen den Zeilen kommt ihr kindliches Gemüt zum Vorschein, was ihre ambivalente Figur durch und durch sympathisch erscheinen lässt.
Jeff Bridges hat es hingegen schwer, gegen die oscargekrönte Rolle von John Wayne anzukommen und neigt daher einige Male zum Overacting, bringt aber ebenfalls eine gelungene und charismatische Figur auf die Leinwand. Alle übrigen Darsteller, darunter viele bekannte Gesichter, machen ihre Sache sehr ordentlich und durchweg überzeugend.
Wäre der Roman von Charles Portis erstmalig verfilmt worden, könnte man sicherlich von halbwegs innovativen Ideen und einer interessanten Figurenkonstellation sprechen.
Letzteres ist zwar der Fall, doch die Geschichte birgt mehr einen Abgesang und zugleich eine Huldigung des Genres, als eine spannende Handlung schnörkellos auf den Punkt zu bringen.
Toll gespielt und mit superber Kamera eingefangen, doch zeitweise zu selbstverliebt und zu spannungsarm, um über die volle Zeit von 110 Minuten zu fesseln.
6 von 10