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Schon ein wenig unsicher in dem, ob man nun ein Ammenmärchen für Große oder Kleine, gleichzeitig aufgekratzt, brutal, infantil und gewichtig sein will, inszeniert Benny Chan seinen City under Siege als eine von verschiedenen Emotionen belastende Merkwürdigkeit. Sicherlich nicht einzig in seiner Art, aber für das derzeitige Kantonesische Kino eine Art geschmähter Novität, die Uraufführung eines reinen Effektfilmes über Mutanten, das Wagnis einer Inkongruenz.

In nicht unbedingt guter Gesellschaft zu Wong Jings Future X-Cops und Jeffrey Laus Kung Fu Cyborg - Metallic Attraction, und somit schon von vornherein im Treibsand des live-action-comic Tingeltangels statt auch nur in der Nähe wirklich ernst zu nehmenden Schaffens gesetzt, entspringt die ab April 2009 konkret gewordene, ab Oktober 2009 von Sirius Pictures International, einem Unterarm des amerikanischen Satelliten-Pay-Radioanbieters Sirius XM Radio in Angriff genommene $10 Million USD Produktion dabei gleich aus mehreren Verschränkungen der Irrationalität. Nicht bloß, dass das sci-fi theme Setting eine von vornherein anzunehmende und letztlich auch bestätigte Verschwendung mancherlei Talente ist, auch stellt man sich als nahezu Einzeldarbietung eines Sommerblockbusters aus der üblichen Masse heraus in die Peripherie dessen hinein. In einer Zeit, in der man konträr eben nicht mehr wie noch um die Jahrtausendwende die Ausreise in den Internationalen Markt anstrebt, sondern sich auf das extrem boomende Mutterland China schielend eher period piece lastig in die abgeklärte Vergangenheit begibt – einen Weg, den Chans auch kommerziell unzweifelhaft vielversprechenderes Nachfolgeprojekt [New] Shaolin [Temple] erstmals selber beschreitet –  , tritt schon die Synopsis der äußeren Handlung sprunghaft durchbrochen als gleichzeitig ambitionierte, exhibitionistische und närrische Erschütterung hervor. Ein virtuoses, ein unfreiwillig lächerliches, nicht gleich unwillkommen geheißenes Misslingen. Mit Chan in Personalunion als Regisseur, Produzent, Co-Autor und Co-Editor die alleinige Verantwortung übernehmend:

Malaysia, 1945.
Ein biochemisches Experiment im Kriegsgebiet der eingedrungenen Japaner zeigt verheerende Wirkung auf das Kampfvermögen ihrer Soldaten, aber auch entsprechende Nebenwirkungen auf. Bevor das Eingreifen in die Genetik vollends aus dem Ruder gerät, wird das Geheimnis unter einem Explosionshagel der Briten begraben. Erst 2015 wird durch die Mitglieder Cheng Tai-chu [ Ngai Sing ], Yao Li [ Karen Cheung ], He Jun [ Gao Yanchao ], Chang Tie-gun [  Jaffy So ] und Liu Cheng-sing [ Tie Nan ]  des durchreisenden "Thunderbolt Circus" von Tak [ Yuen Wah ] auf der Suche nach einem vermeintlichen Goldschatz die Überbleibsel wieder aufgedeckt und die noch vorhandenen Proben prompt eingeatmet. Während sich der unfreiwillig in die gefährliche Situation hineingezogene Sunny Li [ Aaron Kwok ] relativ schnell von den giftigen Dämpfen erholen kann und nahezu nur positive Wirkungen dessen bezieht, ergeht es den anderen Männern wesentlich übler. Körperlich mutiert und geistig nur auf Raub, Mord und Totschlag fixiert, überfällt die Truppe Hongkong, wo die Polizei unter Inspector Tong [ Ben Wong ] und Inspector Chan [ Gary Chiu ] der neuen Bedrohung quasi wehrlos gegenüberstehen. Einzig die eingeschaltete Zwei-Mann-Spezialeinheit der damit erprobten Suen Ho [ Jacky Wu Jing ] und Partnerin Ching Shau-wah [ Zhang Jingchu ] sowie Sunny selber stellen sich als Verteidigung der Gesellschaft hervor, während die Reporterin Angel Chan [ Shu Qi ] zunehmend den Lockvogel für die Gangsterbande spielt.

Stilsicher ist dies Herzensprojekt vor allem im Knotenpunkt der Handlung mit Aaron Kwok besetzt, der schnurstracks und ohne zu Zucken vom Simpleton zum exaltierten Showman wechseln, und aufgrund eigenen sportlichen Interesses auch die akrobatischen Einlagen ohne Probleme verkaufen kann. Als passende Argumentation für den auch darauf berufenden Mainstream-An- und Absatz erschafft das Werk eine wie üblich für seinen Filmemacher gewisse grundeinfache und so spielend leicht zu fassende Tonfolge, die mit ihrer in sich selbst begrenzten geistigen Wirkung als allerhand leuchtende Nachmittagsveranstaltung, erst im angenehm gelb-grau, dann im üblichen Grünstich und schließlich doch komplett buntgemischt im Farbeimer entpuppt. So wird sich befleißigt, Mensch und Halbwesen durch einen Zusammenhang der Dinge zusammen und eine Ganzheit auch selbst bei Pathos, Peinlichkeit und Rambazamba aufrecht zu erhalten. Lebt man von der Faszination der Verzerrung, ist zuweilen grotesk in Metaphorik und Personendarstellung, dann wieder sehr schlicht in Anordnung der Erzählkomplexe und zu bemüht in emotioneller Motivik. Ein absurdes pulp-level Vexierbild vom „traurigen Clown“.

Der Pop-und-Bühnen-Glamour der kleinen und scheinbar besonders leichten Kunst, in der man als antinaturalistische Geschichte auf Verlockung der Reize im gewohnt objektivierenden Darstellungsstil abzielt; in dem Fall weniger die recht durchschaubare Tricktechnik der eigens angeheuerten Spezialisten um Menfond Electronic Art and Computer Design Co Ltd , sondern vielmehr der Hang zur Abwechslung und die großen Tonsetzer in ihr. Nach dem Maße der Fruchtbarkeit des Genres muss man sich bei den eher wenigen, dafür dann aber größer angelegten, gerne in der Totalen eingefangenen und vergleichsweise voluminös ausgespielten Actionszenen um den Kampf böser Mutanten gegen den Guten plus dem Eingreifen der Cops auf vermehrtes Wirework und der Bearbeitung zahlreicher Nebenkonsequenzen einstellen. Ein bodenständiges Vorgehen, dass die Stärken gerade von Jacky Wu Jing und Ngai Sing und eine möglichst unsensible Vehemenz mit in den Vordergrund stellt, sucht man in der Umsetzung durch Ma Yuk-shing und Nicky Li vergebens, auch wenn die Resultate des Budenzaubers fern der Schwerkraft und hin zu vielen und dadurch auch zu lähmenden Zeitlupen sowie einem insgesamt schon drahtseilaffinen Sicherheitsnetz selber durchaus vorzeigbar, da im Kontext tänzelnd, übersichtlich und trotzdem mit Druck und Aufprall hergerichtet sind.

Physische Stunts der Beteiligten, der Stars in der Manege, in der meterweit durch die Luft geflogen, auf umstehende Gegenstände und in ein wenig Glas geprallt und viel Mobiliar zerstört wird, sorgen für angenehm energetische Resonanz, wobei sich nach Destruktion im Innendekor eines Loft und eines Fernsehstudios final auch auf die vollbesetzte Straße gewagt und dort mit Widerhall ausgetobt wird. Leider stellt man die Verwüstungen der Mutanten und das Abwehrbollwerk der Gesetzeshüter oft nur in der knappen Montage statt von langer Hand vorbereitet und so angesichts des schon immensen Aufwandes ein wenig verschwendet dar, so dass man auch deswegen trotz einiger nomadisierender Einstellungen vom Chaos im Auto- und Menschengewimmel nicht gänzlich den Zustand eines "Emergency Alert" [ wörtliche Übersetzung des chinesischen Titels ] in den Abzweigungen der Metropole hervorrufen kann.

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