Misslungene Suizidversuche sind im Allgemeinen eine traurige Angelegenheit, denn nicht selten wird den Betroffenen noch obendrein mit Häme und Spott begegnet. Wer vor sich selbst oder erdrückenden Problemen weglaufen wollte, konnte in zwei Staaten der USA sogar dafür belangt werden und auch das Christentum wehrte sich lange gegen eine Bestattung in geweihter Erde.
Gut, nicht immer ist Selbstmord die schlechteste Lösung, aber wie findet man jetzt die Brücke zu vorliegendem Streifen und seinen Machern?
Es begab sich zu einer Zeit, da Kunststudent Nicolas seine Autoaggressionen nicht länger unter Kontrolle hatte und eines Tages beschließt, seinem Leben ein Ende zu setzen.
Doch er wird blutüberströmt in der Wanne gefunden und ins Hospital eingeliefert, wo Nicolas seinen ärgsten Alpträumen begegnet…
„Schuld zeigt keine Gnade“
Das ist der immer wiederkehrende Satz in diesem überaus geschwätzigen Streifen, der wie ein bebilderter Trip auf irgendeiner chemischen Droge anmutet.
Denn Regisseur Bart Mastronardi bemüht sich erst gar nicht um einen Kontext, sondern wirft die grotesken Sequenzen ohne Verbindung in den Raum und lässt seine Hauptfigur von einer surreal erscheinenden Station zu nächsten wandern.
Dabei begleitet ihn häufig ein missgestalteter Kerl mit Augenverletzung und tiefer Stimme, mit der er an Nicolas Gewissen appelliert: Er soll sich vergewissern, was ihn zum Suizidversuch geführt hat und Erleuchtung finden.
Erleuchtet wird man als Betrachter hingegen nicht. Mal davon abgesehen, dass die blasse Hauptfigur null Sympathien erweckt, weil es grundlegend keine Figurenzeichnung gibt, verfügt die Erzählung über keinen dramaturgischen Bogen und es kommt zu keiner Zeit Spannung auf.
Als Nicolas seinen verabscheuungswürdigen Vater besucht, der ihm ausschließlich niederträchtige Worte an den Hals wirft, ist zumindest noch so etwas wie Aktion- Reaktion wahrzunehmen, was nach dem misslungenem Suizidversuch jedoch schlagartig endet.
Ein Treffen mit der längst verstorbenen Mutter, der Besuch bei einer Wahrsagerin, das Beiwohnen einer grotesken Fotosession und das Treffen mit seinem Bruder, - lauter Stationen, die kaum Sinn ergeben, selbst wenn man die fortgeschrittene Traumdeutung nach Carl Gustav Jung zurate zieht.
Verpackt sind die Szenerien in schräge Kamerawinkel, trübe Farben und viele Verfremdungen wie Schwarzweißbilder, grobkörnige Snapshot-Momente oder ausgewaschene oder gar ausgeblendete Umgebungen. Hinzu kommen einige Soundkollagen, welche den eigentlichen Score ersetzen, zuweilen auch die Dialoge.
Zu sehen sind dabei Typen mit starren Blick, maskenartige Gesichter und Antlitze voller Blut, welche noch nicht einmal etwas mit Hauptperson Nicolas zu tun haben, wie sich gegen Ende herausstellt, als eine Schwangere ebenfalls mit der Frage nach der Schuld konfrontiert wird.
Auch wenn im letzten Drittel noch ein wenig Blut fließt und die Darstellerleistungen im Durchschnitt passabel ausfallen, wirkt dieser Independent-Streifen wie ein fiebriger Alptraum ohne tieferen Zusammenhang.
Zwar wird noch Edgar A. Poe zitiert und man versucht die Farbe Rot ein wenig psychologisch zu deuten, doch am Ende ergibt die ganze Angelegenheit nur wenig Sinn, vor allem langweilt sie und fordert übermäßig viel Geduld ab.
Und dafür gibt es keine „Vindication“…
2 von 10