Review

Zähne statt Noppen!


Ein New York-Film, ein Gaypic, ein Creature Feature (mit praktischen Effekten von keinem Geringeren als Jörg Buttgereit!) und ein Film Noir. Eine Satire und eine Parodie, total deutsch und dennoch amerikanisch genug, damit Troma in Windeseile zugebissen hat. Ein Auswandererfilm und ein Cop-Crime-Thriller. Ein Trashfilm, eine Komödie, einer der unterschätztesten und zu unrecht gescholtensten Filme, den ich kenne. Ein neuer Lieblingsfilm. Bad Taste Done Right. Ein Film, für den sich die einen schämen, von dem die anderen schwärmen. Ein Partykracher, ein Sexfilm, ein Film, der seiner Zeit voraus war. Monstermovie, Quatsch mit Sauce, augenzwinkernde Sauerei. Ein Bahnhofskino-Querschläger, ein Biertier, ein Alptraum für jeden Mann. Nie Ernst zu nehmen, sich seinem Niveau bewusst, gleichzeitig aber viel besser geschrieben, als man es je vermuten könnte. Ein dreckiger Gutelaunehengst, ein Pimmelabbeisser, eine Billy Boy-Dauerwerbung. Eine Präsidentenvoraussage, ein Produkt seiner Zeit, ein laufendes Comic, einer der besten Filme, die Troma je aufgekauft hat, politisch unkorrekt vom Scheitel bis zum Hoden. Kultfilm, Kracher, Polarisierer. Iris Berben und Hella von Sinnen, in den Kerben und völlig von Sinnen. All das und noch viel mehr ist „Kondom des Grauens“ aus 1996, der (gerade hierzulande!) viel mehr Aufmerksamkeit und Liebe verdient hätte, in dem ein italo-amerikanischer Hard Boiled-Polizist mit 30-Zentimeter-Pferdeschwanz und den dicksten Eiern der Stadt Killerkondome jagt, die liebend gerne auf harten Dödeln rumkauen...

„Kondom des Grauens“ oder „Killer Condom“, wie er international vertrieben wurde, sollte eigentlich deutsches Kulturgut sein, kann sich noch immer sehen lassen. Und was tun wir? Wir blenden ihn aus, lachen über statt mit ihm, schämen uns eher als wir stolz sind. Die über den Globus verteilten Trashfans sehen das natürlich und völlig zurecht ganz anders, auch ich habe mich Hals über Kopf in dieses wunderschöne Unding und pralle Teil verliebt. Vom astreinen Deutsch, das scheinbar jeder im Big Apple spricht, über hochklassige Darsteller wie Iris Berben oder Peter Lohmeyer in den skurrilsten Rollen ihrer Laufbahn (für die sie sich hoffentlich nicht schämen!) bis hin zu den rotzigen Sprüchen, der astreinen Political Uncorrectness oder der Regenbogenmessage, von den handgemachten Latexbeissern über das lässig-bescheuerte Voice Over bis hin zu Splatter und Monstern „Made in Germany“ - „Kondom des Grauens“ ist gefühlsecht, mit (schlechtem) Geschmack und verhilft einem locker-flockig zu einem Höhepunkt der deutschen Nachkriegsfilmgeschichte. Kein Witz. Das Teil ist spitz, riesig, hart und geil! Und ich habe mich köstlich amüsiert. Am besten drei Kästen Bier und drei gleichgesinnte Kumpels bereitstellen - und ab geht die Lutzi! 

Fazit: der beste „schlechteste“ Film, der je aus Deutschland kam?! „Killer Condom“ hat erbarmungslos etliche wunde (Humor-)Punkte bei mir getroffen und mich einfach nur grandios unterhalten. Da können sich all die Killerhasen, Horrordonuts, Monsterameisen, Mörderreifen und Haitornados von heute eine ganze Käsetheke von abschneiden. Brillant, verkannt, entmannt. Sattelfest und feucht-fröhlich. 

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