Denkt man an Weihnachtsfilme, dann kommen einem automatisch die immer gleichen Geschichten von Versöhnung, Familienzusammenführung und amerikanischem Herzschmerzkitsch, eingekleidet in verschiedene Variationen von Comedy, entweder slapstickhaft oder romantisch gefärbt, in den Sinn - so wie uns das von der Filmindustrie nun mal gern vorgelebt wird, so richtig schön plüschig und bunt verpackt und mit dem rechten Sinn für das (vorgeblich) christliche Fest.
Schön, wenn es auch anders geht - auch, wenn die Österreicher den frischen Wind bringen müssen, weil hierzulande niemand was auf der Pfanne hat.
Regisseur Harald Sicheritz samt Co-Autorentrio (darunter Hauptdarsteller Christian Tramitz) geht die Sache erfrischend unprätentiös von einer ganz anderen Seite an, indem er einfach eine witzige Idee als Ausgangspunkt nimmt (der Sohn Gottes kommt zu Weihnachten auf Besuch beim auf Erden weilenden heiligen Geist vorbei und verkündet die Apokalypse zu Sylvester) und diese dann in der Folge munter sketchhaft ausbaut.
In verwandtschaftlicher Nähe zu Kevin Smiths "Dogma" läßt Sicheritz dann in der verschneiten Bergwelt ein bizarr-absurdes Spiel vom Stapel, das sich (dankbarerweise) eben nicht darauf beruft, entweder dem christlichen Gedanken in den Hintern zu kriechen oder eben diesen komplett zu entblößen bzw. in den Dreck zu ziehen.
Die biblischen Metaphern bleiben in diesem Fall simpler Unterbau, alles konzentriert sich auf eine geschickt konstruierte, aber niemals platte Gagparade im Dienste des Skripts, das überraschend geschlossen wirkt, angesichts der Tatsache, daß dem Zuschauer eben mal nicht irgendeine Botschaft um die Ohren gehauen werden soll.
Mal mit Biss, mal einfach nur zur Unterhaltung taumeln der jugendlich-ahnungslose Jesus (in 2000 Jahren fast alles vergessen) und der resignative heilige Geist (seit 2000 Jahren auf Erden arbeitslos) durch drei klassische Notsituationen: nämlich einerseits den Weltuntergang verhindern, dann eine versehentlich überfahrene Nachtclubtänzerin wieder zum Leben zu erwecken und schlußendlich ein egozentrisches Musical ("Holy Ghost Megastar") in einem Rotlichtclub mit russischen Lap-Dancern rechtzeitig auf die Bühne zu bringen.
Ohne grell ins Mustöpfchen greifen zu müssen, hat die wenig betonte Basis den größten Biss: der teuflische Nachtclubbesitzer, mit der Vorliebe für heidnisch-brutales Brauchtum, der sich in die ältliche Haushälterin verliebt; Gott an der Rotlichttheke beim Drink (der die Frage nach seinem eigenen Gottglauben mit einem vagen Mundverziehen beantwortet), Wiedererweckungsrituale im Selbstversuch, ein genußsüchtiger und nicht ganz so themenfester Dorfpfarrer (mit Genuß und Witz dargestellt von Kabarettlegende Alfred Dorfer) und der (Aus)Verkauf der christlichen Gedanken anhand von kirchlichen Weihnachtsartikeln.
All das hätte düster und verkopft geraten können, nimmt aber dank der äußerst motivierten "Zweifaltigkeit", einem fröhlich-naiven Matthias Schweighöfer und dem kaum geforderten, weil bullyparadesk aus der Hüfte spielenden Christian Tramitz als heiliger Geist einen leichten und unbeschwerten Zug an, der Spaß machen kann, wenn man nicht moralische Schwere erwartet. Munter dilettieren sich die beiden verbal und physisch durch den Plot und verteilen freigiebig kleine Spitzen an die moderne Weihnachtsgesellschaft, während sie hauptsächlich mit ihren eigenen Problemen beschäftigt sind und eben nicht mit den wirklich großen Dingen (wie dem Weltuntergang).
Schön zu sehen, daß dabei weder unbedingt allem brutal auf die Füße getreten werden muß, noch daß man derlei Fehltritte unbedingt vermeiden will (auch wenn man sich wie weilend in "Dogma" es erspart, den Gottvater auch nur ein Wort äußern zu lassen), um Kontroversen zu umschiffen. Tramitz und Schweighöfer sind dabei außergewöhnlich in Schwung, auch wenn sie im Vergleich zu früheren Rollen eigentlich nichts Neues zu spielen haben - der Spaß am Skurilen macht hier eindeutig die Motivation aus. Ohne Fremdschämreflexe in Reihe zu gebären, entwickelt sich aus den vielen Sketchideen ein mehr als munteres Treiben, daß der modernen Perversion des Weihnachtsfestes mit entspannten Absonderlichkeiten begegnet, treffende Pointen inclusive.
"Christmas Counterprogramming" ohne weltverändernde Absichten - selten war die Apokalyse zur Sylvester so eine schöne Rakete. (8/10)