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Riggs und Murtaugh sind zurück. Und vorweg: Es macht immer noch verflucht viel Laune.

Mit der Einschränkung allerdings, dass erstmals gewisse Abnutzungserscheinungen zu beobachten sind, die mutmaßlich viel mit dem erweiterten Geltungsrahmen der Reihe zu tun haben. Im Vorspann dominiert diesmal die fast sinnliche Akzentuierung der Bewegung lodernden Feuers, das sich unter dem sanften Titelsong “It’s probably me” von Sting und Eric Clapton zu einer “3" zusammensetzt und vor den Schriftzug positioniert. Ein Opener, der an Bond-Filme erinnert und die Explosivität des Actionfilms ästhetisiert, sie im Wissen um den hohen Status der Franchise geradezu zelebriert und für Genussmenschen in eine goutierbare Form gießt. Ein paar Ecken sind abgefeilt worden, denn von der teils fatalistischen Stimmung des ersten Films ist nicht viel geblieben. Im Gegenteil: Der traditionell abrupte Filmeinstieg über eine Actionsequenz zeigt einen absolut irrational handelnden Riggs, der sich und seinen Partner in ein evakuiertes Gebäude zerrt, in dem eine Bombe tickt. Angesichts des Umstands, das Murtaugh nur wenige Tage vor der Pensionierung steht, ist Riggs' Aktion zumindest als fragwürdig zu bewerten. Die Drehbuchautoren um Shane Black überstrapazieren bereits im Auftakt über Gebühr Mel Gibsons Gabe, Wahnsinn in Energie umzuwandeln – dem wohl effizientesten Mittel von „Lethal Weapon 3“, auf die beiden Vorgänger noch einen draufzusetzen.

Später dann feiern wir ein Wiedersehen mit Joe Pesci als Leo Getz, einer Figur, die konzeptionell eigentlich fest an den Plot des zweiten Teils gekoppelt war. Ein neuer Makler-Job in Vertretung der aufgelösten Kronzeugen-Problematik macht es möglich, dass sich das neue Maskottchen in den nächsten Teil retten konnte. Neues soll dennoch in jeder Episode addiert werden, also tritt Lorna Cole auf den Plan. Gespielt von Rene Russo, die mit ihrer Anfang der 90er aufblühenden Popularität eine Patsy Kensit aus “Lethal Weapon 2" vollends in den Schatten stellt. Eine weibliche Riggs, die im Piratenstil die Männerdomäne Actionfilm entert und sich damit federführend als eine Leitfigur der ersten Welle amerikanischer Asskickerinnen empfiehlt, die in den 90ern den Mainstream eroberten.

Und doch - so richtig böse kann man der Entwicklung eigentlich nicht sein. Nur wenige Minuten und man fühlt sich automatisch wieder als Teil einer großen Familie, in deren ungebremstem Zusammenspiel man augenblicklich aufgeht. Es muss einfach an den Dialogen liegen. Die Zeilen der Darsteller fließen nahtlos ineinander über; sie bieten großes Tennis im eigentlichen Wortsinn. Sie vereinen Zyniker und Optimisten ebenso wie Feingeister und Brachialromantiker. Die Mängel des inzwischen überreizten Fortsetzungsprinzips, das im zweiten Teil noch so reibungslos funktioniert hatte, werden völlig in den Hintergrund gedrängt. In diesem Moment ist man einfach wieder zurück.

Da wird selbst der ewig quasselnde Sidekick zu einem Quell der Erholung. Mit Freuden schaut man dabei zu, wie Joe Pesci daran feilt, seinen nervigen Quacksalber zu einem ganz speziellen Charakter zu formen. Spätestens als man merkt, dass er entscheidenden Anteil daran gewinnt, wie das Motorgetriebe der Reihe konstruiert ist, wie also Riggs und Murtaugh auf höchste Drehzahlen gepusht werden, traut man sich kaum mehr, ihn aus der Gleichung zu nehmen – und prompt hat er sich unverzichtbar gemacht. Rene Russo traut man von Anfang an eine ähnliche Entwicklung zu. Auch sie, das hat die Entwicklung von Leo Getz gezeigt, wird ohne jeden Zweifel schnell zum etablierten Kern gehören und das duale Konzept der klassischen Buddy-Comedy weiterentwickeln.

Denn Entwicklung ist weiterhin das zentrale Stichwort. Danny Glovers Murtaugh steht nun endgültig kurz vor der Pensionierung und sein Alter, das im zweiten Teil etwas aus dem Fokus gerückt war, drängt sich als Problempunkt immer weiter in den Vordergrund. Er trägt neuerdings einen Hüftgürtel und in der Umkleidekabine der Polizei geht ihm aus Versehen die Waffe los. Dass Riggs und Murtaugh nach der Bombenentschärfungssequenz aus dem Intro zu Verkehrspolizisten degradiert werden, verbessert den Optimismus für die Zukunft nicht unbedingt.

Während Murtaugh am Ende eines Lebensabschnittes steht und auf ein leeres Feld der Perspektivlosigkeit starrt, steht Riggs ihm zur Seite und revanchiert sich gewissermaßen dafür, in Murtaugh und seinem Anhang eine Familie gefunden zu haben. Auf dieser Situation basiert diesmal die Beziehungszeichnung zwischen den beiden Kollegen, und nach wie vor schafft sie es, in ihren Bann zu ziehen. Als Riggs einen Wutanfall vortäuscht und Schränke zuschlägt, um den Schuss zu übertönen, der sich versehentlich bei der Waffe seines Partners gelöst hat, wird man Zeuge einer von vielen kleinen Gesten, mit denen sich „Lethal Weapon“ seit jeher von seinen Epigonen abhebt.

Komplex wird es dann, als der diesmalige Fall und seine erschreckenden Nebenwirkungen in den trauten Alltag einbrechen. Die Story selbst bleibt allerdings diesmal wie die Riege der Schurken relativ blass. Es geht im Wesentlichen um Waffenschmuggel und sogenannte “Copkiller”, Munition, die kugelsichere Westen durchstößt. Das sorgt zwar für einen ironischen Touch im Finale, ansonsten ist das Gerüst aber ziemlich dünn. Stuart Wilson verweilt in Tradition seiner Vorgänger, indem er lästige oder untreue Gehilfen umnietet und gleichzeitig damit noch seine Geschäftspartner einschüchtert, aber eine bedrohliche Aura kann er ungeachtet seiner interessanten Vergangenheit als Polizist nicht aufbauen.

Es sind viel mehr die Nebenschauplätze, die bedrückend wirken in diesem ansonsten von Spaß an der Freude dominierten Film. Mit den Jugendgangs, die in den Waffenschmuggel involviert sind und dafür später vom Leben bitter bestraft werden, baut Richard Donner einen peripheren Blickwinkel ein, der vom gewöhnlichen Actionfilm normalerweise ignoriert wird. Das Wirken große Kartelle, Schmuggel im großen Stil und chargierende Bosse sind dem Action-Afficionado kein fremder Anblick, aber nur selten bekommt er Einzelschicksale von Individuen zu Gesicht, die in diesen Strom geraten. Donner nimmt sich die Zeit. Erfreulich, dass über den Freund von Murtaughs Sohn Nick der Plot um eine weitere Facette angereichert wird, die den Plot auf eine etwas persönlichere Ebene hievt. Damon Hines als Nick tritt erstmals aus der Familien-Silhouette heraus, während Traci Wolfe als seine große Schwester Rianne inzwischen mit den Dreharbeiten zu einem Film beschäftigt ist - eine schöne Weiterentwicklung zur Werbespot-Szene aus Teil 2.
Ohnehin trägt “Lethal Weapon 3" auch weiter zu einer Serialisierung im Kinoformat bei, wie sie damals nicht zwangsweise üblich war. Rückblickend wird klar: In „Lethal Weapon 2“ wurden die Grundsteine für gleich mehrere Running Gags gelegt, die nun gefestigt werden. Ob nun Riggs in der “Wunden-Austausch-Szene” zahlreiche Verletzungen zeigt, die er sich in “Lethal Weapon 2" eingefangen hat oder ob er sich schon wieder seine Schulter ausrenkt, der Wiedererkennungswert ist sehr hoch und sollte man wider Erwarten die Vorgänger nicht kennen, entgehen einem zahlreiche Insider-Gags, die geschickt eingeflochten werden. Auch sie tragen dazu bei, jeden einzelnen Fall der beiden Cops nicht wie ein eigenständiges Werk aussehen zu lassen, sondern wie eine lange Geschichte. Ein wenig mag die Zeit an der Kreation von Shane Black genagt haben, zumal wir uns inzwischen schon Anfang der Neunziger befinden, doch jeder der Filme ist unzweifelhaft Teil eines zusammenhängenden Ganzen.

Alles darüber hinaus ist Action-Comedy nach Maß. Mit Sicherheit ist nicht mehr alles Gold, was glänzt - das beweist zumindest der Subplot um eine Stalkerin, die wie ein Frettchen hinter dem verheirateten Murtaugh her ist, was in mehrfacher Hinsicht wie ein Fremdkörper wirkt. Nach wie vor bietet Donner aber einen hohen Standard nicht nur an Humor, sondern auch an Stunts, und macht seine Actionreihe zu einem Vorzeigemodell. Unverkennbar dabei ist aber auch die weitere Entwicklung gen Faszination für Explosionen und großflächige Zerstörung. Sie haben sich neben den standesgemäßen Autoverfolgungsjagden zur prägenden Signatur für die Action-Momente entwickelt.

Trotz der klassischen Fortsetzungsschwächen, die nun auch die “Lethal Weapon”-Filme eingeholt haben, ist der dritte Teil im Gesamteindruck immer noch ein ausgesprochen starker Film. Das hat er in erster Linie der nicht enden wollenden Spielfreude von Mel Gibson und Danny Glover zu verdanken, die sich immer besser aufeinander einspielen und alleine genug Legitimation für den vierten Teil bieten, der 1998 nachgeschoben wurde. Dass die Geschichte um die Waffendealer kaum Raffinessen bietet und Stuart Wilson zu allem Überfluss nicht besonders prägnant in Erinnerung bleibt, ist halb so tragisch - einerseits, weil die Baddies in dieser Serie noch nie so besonders wichtig waren, andererseits, weil mit den Vorfällen um die Jugendgang des Freundes von Murtaughs Sohn Nick noch ein Nebeneffekt ins Spiel gebracht wird, der sich gut mit der Charakterentwicklung der Figuren verbindet (obwohl Nick selbst eher eine vermittelnde Funktion übernimmt). Für einen dritten Teil ist das jedenfalls immer noch ziemlich starkes Material, demnach man es niemandem übel nehmen kann, dass man die “Lethal Weapon” noch immer nicht vergraben wollte. Vorhang auf für den nächsten Fall. Und sie werden immer älter für diesen Scheiß, aber nicht schlechter. Nur älter.

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