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Lange bevor New York City zur gepflegten Hochglanz-Metropole wurde, war der „Big Apple“ für Außenstehende oftmals gleichbedeutend mit einem heißen Pflaster voller Kriminalität, Drogen und Elend. Damit jedoch bot die Stadt auch günstigen Wohnraum für junge Menschen ohne großen Mammon und zog kreative Köpfe an. Celine Danhiers Dokumentarfilm „Blank City“ aus dem Jahre 2010 greift die Zeit von Mitte der 1970er bis Anfang der 1980er auf, in der Nachwuchs-Filmemacher wie Jim Jarmusch, Susan Seidelman und Vincent Gallo das spontane No-Budget-Independent-Kino von Vorreitern wie Warhol & Co. aufgriffen, auf individuelle Weise fortführten und damit die „No Wave“-Kino-Bewegung begründeten, die schließlich in das „Cinema of Transgression“ überging.

Danhier lässt zahlreiche Protagonisten der Bewegung zu Wort kommen, die seinerzeit ohne große Ansprüche, filmische Ausbildung oder nennenswerte finanzielle Mittel Underground-Filme oftmals Grenzen auslotenden und überschreitenden oder experimentellen Inhalts mit Unterstützung ihrer Freunde drehten und in kleinen Kinos aufführten – woraus sich im Laufe der Zeit immer ernstzunehmendere Werke entwickelten, die auf immer größeren Publikumszuspruch stießen. Die Ausführungen der Filmemacher, Schauspieler etc. sind gespickt mit zahlreichen Anekdoten und vermitteln die kreative Aufbruchsstimmung der damaligen Ära; unterlegt wurden sie mit einer Vielzahl an Filmausschnitten, ein Großteil davon in Schwarzweiß, sowie diversen historischen Konzerteindrücken, die die im Film herausgestellten Punk-Bezüge und -Überschneidungen illustrieren.

Doch auch die Schattenseiten finden Berücksichtigung: Drogensucht und Aids rafften traurigerweise viel zu viele Menschen aus dem „No Wave“-Umfeld frühzeitig dahin, Gentrifizierung und Kommerz vertrieben und zerstörten die Grundlagen der Bewegung. Insgesamt gelingt es Danhier prima, jene US-amerikanische Bewegung anhand von Zeitzeugen nachzuzeichnen, die so wichtig für die weitere Entwicklung unabhängigen Kinos wurde, und dabei gleichsam inspirierend auf die Zuschauer aktueller Generationen zu wirken. Neben bereits genannten bekannteren Namen konnte Danhier weitere Stimmen von Amos Poe, Eric Mitchell, Michael Oblowitz, John Waters, Lydia Lunch etc. gewinnen und somit eine beachtliche Anzahl Mitverantwortlich vor die Kamera bekommen. Stilistisch verfolgt „Naked City“ konsequent die Linie, auf einen Sprecher oder Fragesteller zu verzichten und ausschließlich mit O-Tönen zu arbeiten, worin hier auch die Herausforderung liegt: Nämlich die einer sinnstiftenden Montage und eines entsprechenden Schnitts, um einen roten Faden erkennen zu lassen und nicht von einem Nebenschauplatz und Zeitpunkt zum anderen und zurück zu springen. Für Laien wären diesbzgl. ein paar Handreichungen wie Zeitleisten o.ä. evtl. nützlich gewesen, denn auch in seiner postproduzierten, aufgeräumten Form erscheint „Blank City“ bisweilen nahezu überladen, gleichzeitig hektisch – damit jedoch auch stets quirlig genug, um seiner Thematik und ihren Machern gerecht zu werden.

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