Review

Im Grunde kann man die Amis verstehen. Immer waren sie es, die mit einer großen Armee in ein Land einrückten, um dort von Partisanen geärgert zu werden, ob in Vietnam oder aktuell noch im Irak oder Afghanistan. Oder wie sagt so schön der Irak-Veteran Jed Eckert (Chris Hemsworth) "Dort haben wir für Ordnung gesorgt, hier verbreiten wir jetzt Chaos". Denn diesmal wurde die USA selbst von einer überlegenen Armee angegriffen und endlich dürfen die Amerikaner auch mal die Partisanen spielen - zumindest im Film.

Ganz neu ist der Gedanke nicht, aber dafür mussten bisher immer irgendwelche Aliens herhalten, die mit überdimensionalen Raumschiffen die Erde unterjochten. Ein wenig realistischer sollte der Film schon werden, weshalb man sich an ein Vorbild aus der guten alten Zeit des eindeutigen Feindbildes erinnerte - "Red Dawn" (Die rote Flut) von 1984, in dem die USA von der Sowjetunion angegriffen wurde. Während der Hochphase des kalten Krieges, begleitet von atomarer Aufrüstung, bediente man damit vorhandene Ängste, aber selbst das heutige politisch desinteressierte Popcorn-Publikum hätte diese Kröte nicht geschluckt, weshalb man diesmal auf Nordkorea zugriff, bekanntlich der Hort des Bösen. Um einen kausalen Zusammenhang zum weiteren Geschehen herzustellen, beginnt "Red Dawn" mit dokumentarischen Aufnahmen, die von geheimen Atomtests und der viertgrößten Armee der Welt berichten.

Die Gefahr, die von einem unberechenbaren Staat wie Nordkorea ausgeht, ist nicht von der Hand zu weisen, aber wie es diesem gelingen soll, die halbe Erdkugel mit unzähligen Flugzeugen zu umkreisen, um in den frühen Morgenstunden die USA mit Fallschirmspringern so dicht zu besetzen, dass auch die hier im Mittelpunkt stehende Provinzstadt davon befallen wird, erklärt sich daraus nicht, bedenkt man dass Nordkorea gerade einmal 24 Millionen Einwohner hat, deren Ernährung unzureichend gesichert ist. Angeblich gelingt dieses Unterfangen mit einer Art Elektrobombe, die alle Technik der USA außer Kraft setzt, gegen die die nordkoreanische Armee selbst aber resistent ist. Nur werden sie dieses Wunderwerk kaum schon beim Start in Nordkorea gezündet haben, weshalb genügend Zeit vorhanden gewesen wäre, um angesichts der riesigen Flotte gemeinsam mit den verbündeten Staaten einzugreifen.

Doch diese erwähnt der Film erst gar nicht - schließlich sind die Kids in den USA auch alleine tough - weshalb er sich auch nicht die Frage stellen muss, was mit dem von allen jungen Kämpfern verlassenen nordkoreanischen Terrain geschehe, wenn tatsächlich das Unterfangen gelänge, mit zwei Millionen Soldaten die 300 Millionen Einwohner der USA in Schach zu halten. Zwar relativiert "Red dawn" diese Konstellation später ein wenig, spricht auch von freien Gebieten, aber das ändert wenig an einem Hirngespinst, gegen den jeder Alien-Angriff von radikal realistischem Zuschnitt wäre. Doch warum so kleinlich sein? Lassen wir diese Ausgangssituation einfach bestehen als Basis für einen coolen Action-Film, indem hübsche, junge amerikanische Menschen gezwungen werden, das Kriegshandwerk der Partisanen zu lernen, um ihre Heimat zu verteidigen. Denn darin lag doch die Intention des Films?

Hätten die Macher sich tatsächlich darauf eingelassen, wäre vielleicht ein guter Action-Film daraus geworden, aber stattdessen verbreitet "Red dawn" nur einen Haufen Unwahrscheinlichkeiten mit Wackeloptik. Schon der Gedanke, dass die Nordkoreaner zwar innerhalb von 24 Stunden die USA erobern, aber den Kids in fußläufiger Entfernung die Gelegenheit geben, in Ruhe für ihr Freischärler-Dasein zu trainieren - dabei ständig mit ihren Handys agierend - ist abwegig. Über Ernährung, Schlafmangel oder Hygiene verliert der Film entsprechend kein Wort, weshalb es auch nicht mehr überrascht, dass die Aktionen der Widerstandskämpfer mit geschickt platzierten Bomben und mitten in der Stadt ausgehobenen Gräben beginnen. Es gibt Filme, deren Story sich allein um die Verkabelung eines Bombenattentats im feindlichen Gebiet dreht - hier wird das einfach als gegeben vorausgesetzt.

Kombiniert mit dem Verzicht auf jede nähere Charakterisierung der glattgesichtigen, selbst nach Wochen im militärischen Einsatz immer gepflegt und natürlich cool aussehenden Jung-Darsteller (wie behält Chris Hemsworth eigentlich seinen akkuraten 5-Tage Bart?) entsteht eine Stimmung der Beliebigkeit unter Verzicht auf jede Spannung. Der Konflikt zwischen den beiden Brüdern Matt (Josh Peck) und Jed erstickt in Konventionen, der angesichts des Risikos seltene Verlust von Gruppenmitgliedern erzeugt keine Tragik und den Kampfszenen fehlt die klare Struktur, dank des wenig neuzeitlichen Einsatzes der Handkamera. Selbst die unvermeidlichen patriotischen Appelle haben die US-Amerikaner schon triefender hinbekommen, weshalb "Red Dawn" das seltene Kunststück gelingt, auf wirklich allen Ebenen zu versagen.

Daraus zu folgern, der Film müsste komplett durchfallen, ist falsch. Zu sehr verwendet "Red Dawn" aktuell beliebte Elemente - hübsche Menschen, anspruchslose Dialoge, coole Klamotten, martialische Autos und Waffen, klare Feindbilder, emotionale Selbstbestätigung und brave Romanzen zwischen heterosexuellen Partnern. Auf die Zusammensetzung kommt es dann nicht mehr an - den Frosch schluckt das Publikum auch so (1/10).

Details
Ähnliche Filme