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Wisconsin, 1683: Die aufgebrachten Bürger des kleinen Städtchens Devonsville machen sich über drei vermeintliche Hexen her, die sie zunächst foltern und anschließend auf allerlei abscheuliche Arten ins Jenseits befördern. Vor ihrem Tod kann eine der Frauen jedoch vom Scheiterhaufen aus noch einen Fluch über die Anwesenden aussprechen. 300 Jahre später ermordet der Kaufmann Gibbs seine kränkelnde Ehefrau und aktiviert dadurch anscheinend den besagten Fluch. Die Nachfahren der damaligen Hexentöter sind nun auch schnell davon überzeugt, dass es sich bei den frisch zugezogenen Großstädterinnen Jenny, Chris und Monica um Reinkarnationen der damals getöteten Frauen handeln muss, die nun auf Rache aus sind. Keine ganz unberechtigte Vermutung, wenn man bedenkt, dass Jenny plötzlich von Alpträumen geplagt wird, in denen sie selbst auf dem Scheiterhaufen landet. Hypnosesitzungen bei dem Dorfarzt Warley bringen dann schnell die Wahrheit ans Tageslicht, aber da ist es vielleicht schon zu spät, um dem Zorn der Einwohner von Devonsville zu entgehen... Hinter dem recht reißerischen deutschen DVD-Titel "Totentanz der Hexen" verbirgt sich nichts anderes als Ulli Lommels 1983er-Horrorfilm "The Devonsville Terror", der es damals aus unerfindlichen Gründen nicht nach Deutschland geschafft hatte und dem eine hiesige Veröffentlichung erst mit zwei Dekaden Verspätung zuteil wurde. Nun ja, besser spät als nie, zumal das Budget-Label CCI den Streifen ja mit einer relativ sorgfältigen Synchronisation versehen hat und ihn trotz FSK 16-Freigabe auch in ungekürzter Form präsentiert... worauf man sich in den 80ern ja auch nicht automatisch verlassen konnte. Der Film hat es auch verdient, dass man ihn uncut zu Gesicht bekommt, denn Fassbinder-Spezi Lommel hat sich hier die inszenatorische Stärke seines "The Boogey Man" bewahrt und koppelt mit lockerer Hand einige atmosphärisch dichte Sequenzen aneinander, die noch über die Stimmungs-Beschreibungen aus den bereits bekannten Hexen-Exploitern hinausgehen. Bereits die ersten paar Minuten mit ihren ausgefuchsten Torturen (das Rädern war auch für mich neu) zeigen da schnell, wie der Hase läuft. Der latent dümpelnde Hass in der verfluchten Kleinstadt, deren Einwohner allen Außenstehenden - und insbesondere den Frauen - feindlich gesonnen sind, wird da recht gut herausgearbeitet und wirkt stellenweise erschreckender als die graphischen F/X, wobei auch die durchaus das Zeug zu echt horriblen Höhepunkten haben. Das Finale hat dann sogar ein paar Effekte in petto, die man bereits aus Steven Spielbergs "Jäger des verlorenen Schatzes" kennt, denn da explodieren Köpfe und schmelzen Gesichter, dass es nur so eine Freude ist. Handwerklich ist das alles nicht ganz so perfekt gemacht wie beim offensichtlichen Vorbild, aber dafür werden diese Gore-Einlagen auch nur kurz angerissen und ganz allgemein ist man sowieso eher beeindruckt, dass sich überhaupt jemand an ein so elaborates Splatter-Set-Piece gewagt und dann trotz beschränkter Mittel doch noch ein so achtbares Ergebnis erzielt hat. Für Fans handgemachter Effektarbeit hält "Totentanz der Hexen" also viel Entdeckenswertes bereit und selbst die in einigen Traum-Sequenzen zum Einsatz kommenden, belustigenden Monster-Masken haben auch noch ihren ganz eigenen Charme. So wirklich bemerkenswert ist dann aber, dass das alles in eine auffallend stilsichere Inszenierung gebettet ist, die man dem ollen Lommel, der seinen Lebensabend ja damit verbracht hat, im Grunde genommen nicht ansehbare Billig-DVD-Scheisse im Akkord runterzukurbeln (und damit wohl auch beim genügsamsten Allesgucker das letzte bisschen guten Willen verspielt haben dürfte), so rückblickend betrachtet gar nicht zugetraut hätte. Das klassische Erzählkino bedient man dabei zwar nicht und um so etwas wie Logik wird sich auch nicht wirklich geschert, doch dafür verbreitet "Totentanz der Hexen" viel reinweg phantastisches Flair. So müsste dann auch jeder Genre-Fan mit diesem kleinen, aber dafür umso unterhaltsameren B-Movie mehr als zufrieden sein, zumal die Geschichte an sich ja allemal unheilvoll genug ist und die Frage, ob es sich bei den drei Frauen tatsächlich um die Reinkarnationen der getöteten Hexen handelt, lange genug offen bleibt, um das Publikums-Interesse über die volle Distanz aufrecht zu erhalten. Zum Abschluss für alle Skeptiker, die sich an schundigem Schrott wie "Dungeon Girl" oder "Zombie Nation" (oder gar "Daniel der Zauberer", Gott bewahre!) die Finger verbrannt haben und die Werke des Regisseurs seitdem weiträumig umfahren, hier nochmal klipp und klar: in Lommels frühem und damals weitestgehend noch ernstzunehmendem Œuvre markiert "Totentanz der Hexen" für mich das Highlight und eine Sichtung lohnt sich tatsächlich auch heute noch. Gefällt!

9/10

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