„Moderne Frauen – dieselbe alte Scheiße!“
Das Spielfilmdebüt des britischen Regisseurs Neil Marshall („The Descent – Abgrund des Grauens“) aus dem Jahre 2002 ist ein Beitrag zum nicht gerade mit hochwertigen Veröffentlichungen gesegneten Werwolf-Horror-Genre. Britische Soldaten trainieren in den Wäldern der schottischen Highlands den Ernstfall und treffen auf die Überreste einer Eliteeinheit, eine einsame Zoologin (Emma Cleasby) und hungrige Werwölfe…
„Dog Soldiers“ beginnt mit zwei Rückblenden – einer Werwolf-Attacke auf ein zeltendes Pärchen sowie den Konflikt zwischen dem Azubi zum Elitekiller Cooper (Kevin McKidd, „Hannibal Rising“) und seinem Ausbilder, dem sadistischen Hundehasser und Tiermörder Captain Ryan (Liam Cunningham, „Breakfast on Pluto“). In der filmischen Gegenwart erfahren wir sodann, dass Cooper auf die Elitetruppe pfeift und sich der Armee angeschlossen hat, die sich nun zu besagter Übung im tiefsten Schottland eingefunden hat. Der Auftakt ist atmosphärisch düster, ernst und der Ton zunächst sehr armee- bzw. autoritätskritisch. Dieser wird jedoch im folgenden Verlauf zunehmend militaristischer, während die Charaktere so ziemlich jedes idiotische Militärklischee erfüllen. Die Truppe um den verletzten Sergeant Wells (Sean Pertwee, „Dangerous Parking“) und Private Cooper wird zum Sympathieträger erklärt, während Ryan die Rolle des undurchsichtigen, bösartigen, seine Leute zu Tötungsmaschinen drillenden Unsympathen einnimmt. Dieses kurzsichtige „Good army, bad army“-Spiel will nicht so recht aufgehen; letztlich fragt man sich bei beiden Seiten, was diese eigentlich in den Highlands zu suchen haben. Der sporadische Einsatz britischen Humors soll die Sause mit einem auflockernden Augenzwinkern versehen, wirkt aber wie ein unpassender Fremdkörper bzw. wie ein Alibi für die Einfallslosigkeit der Charakterzeichungen und ihres Habitus. Stets einen vermeintlich coolen Spruch auf den Lippen versucht man, zu überleben und aus Captain Ryan, dem verdächtig schnell genesenden und einzigen Überlebenden der Elitetruppe, Informationen herauszuquetschen, denn er scheint mehr zu wissen als die anderen. Letzteres wird allerdings sehr halbherzig angegangen, denn in der Waldhütte, die unsere Protagonisten wie bei Schneewittchen und den sieben Zwergen mit gedecktem Tisch erwartet, wird viel geredet, geflucht und gebrüllt, doch niemand scheint ernsthaft daran interessiert, Ryan zum Reden zu bringen – „Ich will, dass er redet!“-Bekundungen zum Trotz.
Damit geht leider bald die innere Logik des Films vor die Wölfe, äh, Hunde, denn während man erwartet, dass man etwas zu den Hintergründen des tödlichen Phänomens erfährt – das Resultat eines geheimen Militärexperiments? –, bleibt es bei Andeutungen, die nicht weiter verfolgt werden. Auch der Zoologin, die mit der Gefahr vertraut scheint, schenkt man kaum Gehör, jedoch wirkt dieser Umstand nicht wie ein bewusst gewählter, beispielsweise männerbündnerischen Sexismus persiflieren wollender Kniff des Drehbuchs als vielmehr wie Schludrigkeit der Autoren, die zu ungläubigem Kopfschütteln seitens des Publikums in Anbetracht des eigenwilligen Verhaltens der gar nicht mehr so tapferen Burschen führt. Damit verkommt „Dog Soldiers“ zu einem Katz-und-Maus- bzw. Werwolf-und-Soldat-Spielchen nach Schema F und selbst innerhalb dieser Prämisse wird die Gefahr nicht wirklich greifbar; nie erfährt man, wie viele dieser Ungeheuer tatsächlich im Wald lauern, willkürlich in die Dramaturgie eingefügt erscheinen ihre Angriffe. Die Werwölfe selbst sehen nun auch nicht allzu angsteinflößend aus, die Maskenarbeit bzw. die Kreaturengestaltung wirkt bemüht, jedoch nicht allzu gekonnt. Auf eine faszinierende, tricktechnisch aufwändige Verwandlungsszene wartet man leider vergebens.
Stattdessen wird man aus der aufgebauten klaustrophobischen Paranoia-Stimmung immer wieder herausgerissen, wenn diese für schnelle makabre Lacher wie ein sich in den freiliegenden Gedärmen des verletzten Wells verbeißenden Hund oder beinahe slapstickartige Einlagen fahrlässig geopfert wird. Filmfreunde dürfen sich jedoch an einigen Anspielungen erfreuen: So hört man Ryan in den Highlands sagen „Es hätte nur einen geben dürfen!“ und einer der Soldaten hört auf den Namen Bruce Campbell. Als oberflächlicher Unterhaltungsfilm funktioniert „Dog Soldiers“ nicht zuletzt wegen seiner guten schauspielerischen Leistungen – insbesondere Liam Cunningham tut sich als hassenswertes Arschloch hervor – passabel und auch das Ambiente der dunklen schottischen Waldlandschaft weiß zu gefallen, zu einem harten, ernstzunehmenden Horrorfilm reicht es trotz einiger Gore- und Splatterszenen jedoch nur selten. Zu sehr pendelt man zwischen Gewalt, Panik und Wut auf der einen und ironische bis alberne, bisweilen bemüht karikierende Relativierung auf der anderen Seite – womit man viel Potential verschenkt. Wirklich lachen musste ich aber bei der unerwarteten Wiederaufnahme der Fußballländerspielthematik (England – Deutschland) im Abspann – ein gelungener, versöhnlicher Gag. 5,5/10 Punkten ist mir dieser Versuch, dem Werwolf-Subgenre neues Leben einzuhauchen, wert, Genrefans dürfen gern mal einen Blick riskieren – die Erwartungshaltung etwas nach unten korrigiert.