It´s time for some oldschool classic!
Die großen Klassiker des Horrorgenres haben für mich seit je her einige Probleme, die es mir in den meisten Fällen schwer machen, den Kultstatus, den sie unter Anhängern genießen, gänzlich nach zu vollziehen. Meist lassen sich diese Probleme gar nicht den Film selbst ankreiden, sondern den modernen Sehgewohnheiten. Noch schwerwiegender jedoch als der etwa gemächliche Spannungsaufbau oder die gekünstelt agierenden Schauspieler (tatsächlich haben viele alte Filme mehr vom klassischen Theater als von dem was man heutzutage als filmisches Werk anerkennt), sind es jedoch die Geschichten, die zwar damals neu und innovativ, heute jedoch in allen Variationen durchgekaut nur noch ein mildes Lächeln ermöglichen (besonders auffällig etwa beim „Carnival of Souls“ oder dem vielgepriesenen „Halloween“). Diesen Filmen jedoch genau diesen Vorwurf zu machen ist natürlich unfair – dennoch, als Kind der 80er, das erste Gruselerfahrungen mit den „Ghostbusters“ gemacht hat, erwartet man einfach eine straffere Inszenierung und massig Effekte. Natürlich ungeachtet der Tatsache, dass die skurrilen Geisterjäger die heutige Jugend auch nicht mehr wirklich hinterm Ofen hervor locken.
Don Coscarelli war mir bis dato bekannt durch seinen Beitrag zur ersten Staffel der Masters of Horror, „Incident on and off a mountain road“, den ich recht gelungen fand, und das Bruce Campbell-Vehikel „Bubba-Ho-Tep“. Letzteren fand ich bei damaliger Sichtung nicht nur weit überschätzt sondern allgemein einfach ziemlich misslungen, langweilig und konsequent unlustig. Da mir ein geschätzter Bekannter jedoch vor wenigen Wochen den Film als Geheimtipp empfahl und ich ihm in dieser Hinsicht eigentlich vertraue, werde ich in Kürze einen zweiten Versuch machen und dem „Untoten Pharao vs. Elvis & JFK“ eine weitere Chance geben.
Das bekannteste Werk des libyschen (!) Regisseurs ist jedoch der 1979 in den Kinos angelaufene Horrorstreifen „Phantasm – Das Böse“, den er mit beeindruckend blutjungen 22 Jahren drehte. Bedenkt man das Alter des guten Herrn und das äußerst geringe Budget, das ihm zur Verfügung stand (hier gehen die Quellen leider auseinander, aber Wikipedia.com schätzt es auf 300.000 US$, während auf anderen Seiten eine deutlich geringere Summe genannt wird), muss man vor dem fertigen Werk durchaus seinen Hut ziehen.
Von Anfang an ist die Stimmung angenehm düster und der Synthiesoundtrack, der anscheinend stark Pate für die "Silent Hill" O.S.T.´s von Akira Yamaoka stand, tut sein Übriges dazu, diese zu verstärken. Dementgegen – und da fangen die Probleme leider an – steht eine sehr langsame Erzählweise, die in den ersten zwanzig Minuten auch zu keiner Zeit an Fahrt gewinnen will. Kommt die eigentliche Geschichte dann aber langsam ins Rollen, weiß Coscarelli mit einigen, teilweise recht trashigen, Ideen zu gefallen. Ob es nun die bekannte Sphäre ist oder ein abgehackter Finger, der sich in eine Art Käferfledermaus verwandelt - spätestens ab der Hälfte ist eigentlich immer etwas los und richtig langweilig wird es nicht mehr.
Leider, leider, leider wird es jedoch auch nie wirklich spannend. Das liegt zum Einen an den erst viel zu spät sympathischer werdenden Protagonisten: Denn während der Einführungsphase werden sie alle als dermaßen verschlossen und unnahbar gezeichnet, dass eine Identifikation mit ihnen schlicht nicht möglich ist. Jody, der zu Beginn als eingebildeter Schönling, oder eben Mike, der als verzogenes Spannerkind dargestellt wird. Viele der Aktionen sind schlicht schwer nachvollziehbar und so sinkt der Empathiewert rasch zu Boden. Dass dieser Fakt nicht den Schauspielern (wenn auch vielleicht zum Teil, waren sie doch damals allesamt Laien) geschuldet ist, wird spätestens bei einem recht coolen Kampf gegen einen Zwerg (!) im Leichenwagen ersichtlich – da wird „Fönfrisur-Jody“ plötzlich schon fast zu einer Art Ash light.
Hier liegt der Fehler eindeutig bei Drehbuch und Inszenierung. Diese ist äußerst unausgewogen. Während gerade zu Beginn viele lange statische Einstellungen den Film dominieren, bleibt die Erzählung bis zum Ende überaus sprunghaft und abgehackt. Als Zuschauer ist man ständig damit beschäftigt, sich die fehlenden Bruchstücke der Geschichte selbst zusammenzureimen. Das gilt für Handlung wie auch für Personen und deren Hintergründe. Nicht das ich etwas dagegen hätte auch mal mein Hirn anzustrengen, aber all diese Sprünge waren auf Dauer schlicht zu anstrengend für einen wirklichen Genuss. Ständig fragt man sich, wie kommt diese Person jetzt plötzlich da hin und warum macht der jetzt das, oder im schlimmsten Fall: Warum lebt der oder die jetzt wieder? Budgetbedingt finden dann manche erhellende Szenen nur im Off statt und müssen dann von irgendeiner Person dem verdutzten Helden und dem Zuschauer erklärt werden (eines der Highlights im letzten Drittel ist die Befreiung einiger Damen). Hinzu kommen einige offensichtliche Drehbuchfehler, die sich aber angesichts des Genres verschmerzen lassen, und einige selten dämliche Zeilen, bei denen es mich wundert, dass die Schauspieler nicht selbst laut loslachen mussten.
Hier mein Lieblingsbeispiel: „Da hinten ist eine Tür. Und dahinter ist etwas.“
Nein, wirklich? Gut man könnte jetzt natürlich darauf hinweisen, dass beim südkoreanischen Gruselfilm „Hansel und Gretel“ auch eine Tür war, die stand da mitten im Wald und auf beiden Seiten befand sich nur der Wald und der Held wusste gar nicht wie ihm geschah und deshalb … aber das würde dann doch den Rahmen dieser Rezension sprengen.
Apropos "sprengen". Effektmäßig lässt sich Coscarelli, gerade in Anbetracht des Budgets, nicht gerade lumpen. Da geht dann auch schon mal ein Auto in Flammen auf. Wobei ich gestehen muss etwas irritiert gewesen zu sein, da nur kurz zuvor ein Auto mit Schrot beschossen wurde und feuerlos in die ewige Schrotthalde im Himmel abberufen wurde. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich noch, entweder hat der Kerl kein Geld oder er will es realistisch zeigen – wie gesagt, zweitere Vermutung wurde kurz darauf entkräftet.
Bis jetzt klingt das alles ja so ein bisschen nach „soso lala“. Allerdings muss ich fairerweise erwähnen, dass das Ende (vor allem wenn man die Reihe mit Teil 1 als abgeschlossen sieht) einige meiner vorherigen Kritikpunkte originell außer Kraft setzt (nämlich die holprige Erzählstruktur). *Leichter Spoiler, der kaum jemandem weh tun dürfte* Fast könnte man im Nachhinein von einer Lynch-ähnlichen Vergangenheitsbewältigung sprechen (und da wären wir dann doch wieder bei "Carnival of Souls"). *Ende Spoiler* Da jedoch noch drei weitere Teile folgen sollten (Nummer Fünf ist angeblich auch schon abgesegnet), werde ich bei meiner Kritik bleiben, zumal „Phantasm“ auch seine ganz besonderen Qualitäten hat.
Habe ich mich noch zu Beginn über die ständig wiedergekäuten Horrorplots mokiert, gibt es diesbezüglich bei diesem Film keinerlei Grund zur Beanstandung. Ganz im Gegenteil, diese Story gabs wirklich noch nie und ist seitdem auch nie wieder (was auch an Coscarellis beharrlicher Weigerung liegt, die Remakerechte heraus zu rücken) aufgegriffen worden. Und es wundert einen nicht. Denn ein riesiger Mann, der, bewacht von einer Kugel mit Schweizer Armeemesserfähigkeiten, Leichen stiehlt und sie auf halbe Größe schrumpft um sie durch ein Dimensionstor zu schicken, damit sie auf einem fremden Planeten, angepasst an die erhöhte Schwerkraft als Sklaven arbeiten können, ist dermaßen weit hergeholt, dass man sich den Psylocibinrausch den der junge Regisseur gehabt haben muss, um darauf zu kommen, wahrscheinlich nicht mal annähernd vorstellen kann. Auf jeden Fall: Von der Idee her, ganz großes Kino. Dann eben die Musik und Stimmung. Schön düster, leicht gruselig, so wie ich es mag, wenn auch teilweise etwas aufdringlich. Die Effekte, wenn sie denn mal vorkommen, sind ebenfalls völlig in Ordnung, wenn auch teilweise etwas zu leicht zu durchschauen. Rückblickend ist auch die Story an sich recht gelungen und manche Kameraeinstellung ist richtig gut gewählt. Das hätten die großen Filme der Zeit auch nicht sehr viel besser machen können. Blutige Splattereffekte sollte der geneigte Filmfreund jedoch nicht erwarten. Selbst nach damaligen Maßstäben wäre locker eine „ab 16“-Bewertung drin gewesen, zumal der einzige Effekt mit rotem Lebenssaft nicht wirklich beängstigend oder gar realistisch wirkt.
Was also bleibt, ist der Eindruck eines nicht völlig zu Unrecht beliebten Films, der seinen Platz in der Horrorgeschichte schon allein wegen der Skurrilität verdient hat. Die berechtigte Frage ist eigentlich nur, bei soviel Platz nach oben, wie die weiteren Teile die Geschichte fortspinnen. Dann wird sich zeigen, ob Coscarelli‘s „Phantasm“ seinem Klassikerstatus gerecht wird, oder ob es sich um einen weiteren – der Jugenderinnerung wegen – überschätzten Kiesel- statt Meilenstein handelt. Ich bin gespannt!