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„Ich versteh’ überhaupt nicht, was das soll!“

Nach zwei genrefremden Produktionen machte sich Ende der 1970er der erst 23-jährige, in Libyen geborene US-Bürger Don Coscarelli daran, einen wahrhaft phantastischen, alptraumhaften Low-Budget-Horrorfilm zu drehen, der längst Kultstatus besitzt. Coscarelli soll dabei von der Regie über das Verfassen des Drehbuchs bin hin zu Produktion, Kamera und Schnitt fast alles selbst gemacht haben, und angesichts dessen ist das Ergebnis von erstaunlich hoher Qualität.

Dabei mutet die Handlung zunächst einmal gar absonderlich an: Ein hünenhafter Totengräber, im Film schlicht „Tall Man“ genannt und anscheinend nicht von dieser Welt, stiehlt die ihm überantworteten Leichen, um sie in Gefäßen zu Zwergen zu schrumpfen und sie über eine Dimensionsschleuse (oder so) als Sklaven in eine karge, fremde Welt zu schicken bzw. ihnen Kutten überzuziehen und sie als seine Schergen auf der Erde zu instrumentalisieren. Als weitere Waffe stehen ihm chromglänzende, fliegende Kugeln zur Verfügung, die sich mittels einer ausgetüftelten Mechanik durch die Schädeldecke ihrer Opfer rammen und ihnen das Schädelinnere absaugen. Einem irgendwie abgesaugten Schädel würde man wohl auch diese Story zuschreiben, doch Coscarelli und seinen Schauspielerin gelingt das Kunststück, all das in so düster-atmosphärische, bisweilen gar richtiggehend künstlerische Bilder zu verpacken und fast gänzlich auf Humor und Ironisierungen zu verzichten, dass der Zuschauer die schräge Ausgangssituation in vollem Umfang akzeptiert und sich vom überaus gekonnt inszenierten Grusel packen lässt.

Einen großen Anteil daran haben die Schauspieler Michael Baldwin, der als präpubertierender Vollwaise Mike zunächst nur seinem großen Bruder Jody (Bill Thornbury) hinterherspioniert, nach einer unheimlichen Beobachtung aber versucht, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, und Angus Scrimm, der als „Tall Man“ Angst und Schrecken verbreitet. Während es Baldwin gelingt, seine Rolle ohne jegliches Overacting absolut souverän und glaubwürdig zu verkörpern, schafft es Scrimm allein schon durch seine Gestalt und seine Mimik, keinen Zweifel an der abgrundtiefen Boshaftigkeit seiner Figur aufkommen zu lassen und etablierte damit eine wahre Horror-Ikone, die sich ihren Platz im Langzeitgedächtnis des Genrefreunds gesichert hat. Erwähnenswert ist auch Reggie Bannister, der den gleichnamigen Kumpel Mikes und Jodys konzentriert und einwandfrei darstellt und sich als eine Art sympathischer Verlierer in die Herzen des Publikum spielt. Generell ist trotz des Einsatzes von Laiendarstellern kein schauspielerischer Ausfall zu beobachten, zumindest ist in mir in dieser Hinsicht nichts aufgefallen. Hinzu kommen sorgsam eingesetzte Spezialeffekte, Masken etc., die allesamt mit Liebe zum Detail auf hohem Niveau umgesetzt wurden und für einige optische Schauwerte sorgen. Auf akustischer Ebene erhält der Film Unterstützung von einer simplen, aber eingängigen Melodie, die mich in ihrer Effektivität an John Carpenters musikalische Arbeiten erinnert, zugegebenermaßen aber recht penetrant eingesetzt wurde. Etwas weniger wäre hier evtl. mehr gewesen, zumal eine allgegenwärtige, bedrohliche Geräuschkulisse ebenfalls ihren Teil zur Gänsehautstimmung beiträgt.

Aber es sind auch gewisse Einzelmomente, die „Das Böse“ zu etwas Besonderem machen, den Zuschauer überraschen und sich im Gedächtnis festsetzen. So z.B. die Szene, als Mike und seine Freunde den Raum mit den Zwergengefäßen und der Dimensionsschleuse betreten und den Zuschauer mit einem in gleißendes Licht getauchten, fremdartig, künstlich und kühl wirkenden Ambiente konfrontieren, der zudem auch noch einen Blick auf die andere Seite des Dimensionstors – und das „Dazwischen“ – erhaschen darf. Surreale Bilderwelten par excellence.

Zunächst vermutlich unbemerkt, gewinnt der Film nach seinem Beginn stetig an Dynamik und zieht den Zuschauer immer weiter in seinen Bann, bis hin zu einem wirkungsvollen Schockmoment in einem offenen Ende – just, als dieser wahrscheinlich damit beschäftigt war, das Gesehene zu verarbeiten, zu interpretieren und eine Erklärung für die seltsamen Geschehnisse zu finden. Hat Mike alles nur geträumt? Sollte das eine metaphernreiche Allegorie auf die Gefühlswelt eines von Schicksalsschlägen und Verlustängsten geprägten Jungen, dessen Pubertät unmittelbar bevorsteht, sein? Direkte Antworten liefert „Das Böse“ nicht, sondern verweist quasi auf die erst neun Jahre später fertiggestellte Fortsetzung. Aber das ist ein anderes Kapitel...

Fazit: Ein in nahezu jeder Hinsicht überraschend gelungener Low-Budget-Genrebeitrag eines talentierten, ambitionierten Jungfilmers, das aus der Welt des phantastischen Films nicht mehr wegzudenken ist.

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