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"Sklavin des Herzens" bedeutete sowohl für Alfred Hitchcock als auch seine Hauptdarstellerin Ingrid Bergman eine Zäsur in ihrer Karriere. Bergman verliebte sich noch im selben Jahr bei den Dreharbeiten zu "Stromboli" in Roberto Rossellini und verliess Familie und Hollywood, Hitchcock mußte seine eigene Filmproduktionsfirma wieder aufgeben, nachdem auch sein zweiter selbst produzierter Film "Sklavin des Herzens" ein veritabler Misserfolg wurde.

Doch im Gegensatz zu "Cocktail für eine Leiche", der schon lange eine hohe Anerkennung geniesst, fristet "Sklavin des Herzens" auch heute noch ein Schattendasein in Hitchcocks Oevre. Dabei experimentierte Hitchcock in beiden Filmen mit den selben langen Einstellungen. Während er damit in "Cocktail für eine Leiche" den Eindruck eines Kammerspiels in Echtzeit erreichte, gelingen ihm hier wunderbar lange ungeschnittene Kamerafahrten durch die opulente Villa der Fluskys. Doch im Gegensatz zu dem makabren Spiel um eine Leiche, setzte Hitchcock in seinem Australien-Epos auf die Gattung des Melodramas in der Optik eines Kostümfilms.

Aus der heutigen Sicht, muß man sich fragen, warum Hitchcock, der ja als Produzent völlig freie Hand hatte, ausgerechnet diese Thematik wählte. Das Argument, der Film wäre ein Vehikel für seinen Star Ingrid Bergman, greift zu kurz, denn eine Thematik im klassischen Suspense-Genre hätte sicherlich einen ähnlichen Effekt gehabt. Näher kommt man seiner Intention, betrachtet man den Fakt, dass er hier seinen zweiten Farbfilm drehte nach "Cocktail für eine Leiche". Doch während er diese Technik dort gar nicht nutzte, lebt er sich hier völlig aus. Prächtige Screenpaintings im Hintergrund, opulent ausgestattete Villen und farbenprächtige Kostüme vermitteln gemeinsam mit einer raffinierten Belichtung eine geradezu schwülstige Atmosphäre.

Passend dazu entwickelt sich auch die Story, die damit beginnt, dass der Ire Charles Adare (Michael Wilding) in Sydney ankommt, um hier ein neues Leben zu beginnen. Zu seinem Vorteil wurde gerade sein Vetter neuer Gouverneur von Tasmanien, was ihn aber nicht davon abhält, sich ausgerechnet mit Sam Flusky (Joseph Cotten) einzulassen - einem erfolgreichen Geschäftsmann, der hier einen schlechten Ruf geniesst. Bei diesem handelt es sich - wie bei vielen Bewohnern Australiens - um einen ehemaligen Häftling, der in seinem Heimatland Irland einen Mord begangen haben soll und nur knapp dem Galgen entkam.

Als Adare zu einem abendlichen Dinner bei Flusky eintrifft, muß er feststellen, daß nicht nur dessen schlechter Ruf, sondern auch der geistige Zustand seiner Frau Henrietta (Ingrid Bergman) erheblichen Einfluss auf Fulskys gesellschaftliche Stellung haben. Die Ehefrauen der geladenen Honoratioren haben alle unter fadenscheinigen Gründen abgesagt und es ist nur offensichtlich, dass sie sich den Auftritt der Dame des Hauses ersparen wollten, die sichtlich angetrunken mit nackten Füßen bei dem Dinner erscheint.

Doch Aldare erkennt Henrietta als eine Jugendfreundin wieder und sie schließen sofort Freundschaft, die er in den folgenden Tagen dazu nutzt, sie wieder etwas aufzuheitern und aus ihren Depressionen zu befreien. Ihr Mann Sam hatte scheinbar jede Hoffnung bezüglich seiner Frau aufgegeben, so dass er Aldare frei walten lässt und nicht bemerkt, dass dieser sich zunehmend in Henrietta verliebt. Doch da ist noch seine Haushälterin Milly (Margret Leighton), die sämtliche Vorgänge innerhalb des Hauses im Griff hat, und die dem ehemaligen Stallburschen Sam Fulsky die Liaison zwischen Aldare und Henrietta, die in Irland der höheren Gesellschaftsschicht angehörten, verrät. Als Beide zu einen Ball des Gouverneurs gehen, zu dem Fulsky nicht eingeladen ist, eskaliert die Situation...

Was sich nach einer melodramatischen Romanze anhört, ist doch Hitchcock pur. Ähnlich wie in vielen seiner Filme, ist hier nichts so ,wie es erscheint. Unterhalb der scheinbar offensichtlichen Vorgänge und klaren Rollenverteilungen, gibt es Abhängigkeiten und tatsächliche Intentionen, die sich erst mit dem Fortschreiten des Films offenbaren. Dabei entwickelt der Film einige Spannung, die bei ihrem Höhepunkt erhebliches Gruselpotential entwickelt und psychisch überzeugend aufgebaut ist. Dabei beweist Hitchcock ein angemessenes Timing, dass sich gerade in besonders dramatischen Momenten beweist. Ähnlich wie Douglas Sirk in seinen Melodramen blendet Hitchcock genau in dem Moment aus, in dem eine Situation in übertriebenen Kitsch abgleiten würde.

Zusätzlich wird er noch unterstützt vom äußerst lakonischen Stil seiner männlichen Hauptdarsteller, die einen schönen Widerpart zu Ingrid Bergman darstellen, die die gesamte Klaviatur der emotionalen Ausbrüche bedient. "Sklavin des Herzens" wird so eine überzeugende Mischung aus kitschigem Melodrama, intelligentem Psychogramm und klassischem Spannungskino, daß dazu noch mit filmtechnischen Finessen, einer opulenten Farbgebung und überzeugenden Schauspielerleistungen aufwarten kann.

Das einzige was "Sklavin des Herzens" nicht erfüllt, ist irgendeine Erwartungshaltung, was wahrscheinlich zum Scheitern des Films geführt hat. Ein Film zum Wiederentdecken - nicht nur für Hitchcock-Fans (8/10).

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