Peter Weirs neuer Film „The Way Back“ ist die Verfilmung von Slawomir Rawicz`s Erfolgsroman „Der lange Weg“. Erzählt wird hier die Geschichte von sechs Gefangenen eines Arbeitslagers in Sibirien, denen im Jahre 1941 die Flucht gelingt, die sie 5000 km zu Fuß durch die Wüste Gobi, Tibet und den Himalaya bis nach Indien führt.
Der Anführer der Flüchtlinge ist Janusz (Jim Sturgess), der von seiner Frau bei den Russen denunziert und daraufhin ins Lager gesteckt wurde. Mit ihm auf der Flucht sind der Amerikaner Mr. Smith (Ed Harris), der russische Kriminelle Valka (Colin Farrell), ein nachtblinder Pole, ein Bäcker und ein Buchhalter.
Da sich die Gruppe größtenteils auf russischem Territorium bewegt und die Angst aufgegriffen zu werden groß ist meidet sie sowieso spärlich vorhandene Siedlungen und schlägt sich durch die Wildnis. Dabei sind Hunger, Durst sowie Kälte, Hitze und letztlich auch der Tod ihre ständigen Begleiter...
Geschichten wie die von Rawicz erzählte sind vordergründig nahezu prädestiniert für eine Verfilmung. Entbehrungen, Naturgewalten, Kameradschaft, Gruppenschicksal und Einzelschicksale, exotische Locations und das alles inspiriert von realen Ereignissen. Das hört sich an wie großes Kino, ist aber letztlich nur etwas besserer Durchschnitt geworden . Woran liegt`s?
Zuerst einmal weniger an der Geschichte selbst. Diese beinhaltet zwar die meisten der genannten Zutaten, aber in einer Zusammensetzung, in der etwas entscheidendes fehlt. Ich würde das fehlende Element hier mal Anteilnahme nennen. Das Problem ist, dass man als Zuschauer zwar die einzelnen Akteure und deren Vergangenheit im Laufe der Spielzeit kennenlernt, aber niemals eine engere Bindung zu einem davon zustande kommt. Manche Charaktere werden nur schwach beleuchtet, andere wiederum wie Valka sind zu unsympathisch oder wieder nicht interessant genug um dem Zuschauer eine Identifikationsfigur geben zu können.
Letztlich sind alle der Flüchtlinge doch irgendwie gute Kerle, denn die Flucht schweißt sie zusammen und bringt den guten Kern in ihnen zum Vorschein. Dies zeigt sich vor allem im Zusammentreffen mit der jungen Polin Irena (Saoirse Ronan), die von den in jeder Hinsicht ausgehungerten Männern dezent hofiert, beschützt und bis zu ihrem Tode auch noch durch die Wüste getragen wird.
Was letztlich auf der Flucht geschieht ist leider auch wenig überraschend oder gar spektakulär und besteht aus den üblichen Verdächtigen, also Nahrungs-, Wassermangel und die damit verbundenen Leiden sowie der Kampf gegen Hitze und Kälte. Alles das hat man schon mindestens ein paar Male in anderen Filmen gesehen. Genauso klar ist auch, dass nicht alle Flüchtlinge ihr Ziel und die wirkliche Freiheit erreichen werden.
Trotz dieser Mankos ist „The Way Back“ bei weitem kein schlechter Film, denn er ist trotz seiner Länge von über zwei Stunden jederzeit unterhaltsam und filmtechnisch auf hohem Niveau angesiedelt. Dabei denke ich vor allem an die Kameraarbeit von Russell Boyd, der einige wirklich atemberaubende Naturaufnahmen einfangen konnte.
Die Darsteller spielen ebenfalls solide, allerdings ohne großen Erinnerungswert. Einzig Colin Farrells Auftritt als Valka ist ein weiterer Schritt des Mimen sich endlich vom Image des gelackten Schönlings zu verabschieden und darüberhinaus eines der Highlights des ganzen Films. Dieser Valka ist nicht nur eindeutig anders und vielschichtiger angelegt als die anderen Charaktere, auch sein äußeres ist hier deutlich weniger ansprechend als sonst. Farrell in der Originalfassung mit recht gelungenem russischen Akzent, über und über mit Tattoos übersät ist schon eine Schau.
Aber nicht nur vom Erscheinungsbild her sticht Farrell aus dem Ensemble hervor. Auch sein Charakter ist interessant. Anfangs im Lager hat er keine Probleme einen Menschen wegen einer Jacke umzubringen, später auf der Flucht stellt er sich eindeutig in den Dienst der Gruppe und bringt es dann doch nicht übers Herz seine Heimat zu verlassen. Colin Farrell bringt die Figur des Valka absolut glaubhaft rüber und beweist, dass er schauspielern kann, wenn man ihm die Gelegenheit dazu gibt.
Die Regie von Peter Weir ist solide, wenn auch nicht so markant wie bei seinen deutlich besseren Filmen „Die Truman Show“ oder auch „Der einzige Zeuge“.
Was dem ganzen Film natürliche seine besondere Würze verleiht ist die Vorstellung, dass sich diese Flucht tatsächlich so ereignet hat. Der Autor des Buches ließ zumindest seine Leser und den Rest der Welt in diesem Glauben. Jüngere Nachforschungen förderten jedoch Dokumente zu Tage, die belegen, dass Slawomir Rawicz im Jahre 1942 aus russischer Gefangenschaft entlassen wurde, was seiner Geschichte jeglicher Basis beraubt.
Wie dem auch sei, jede Geschichte hat zumindest einen wahren Kern. Welcher dies hier ist werden wir wohl nie erfahren, da Rawicz im Jahre 2004 verstarb. So bleibt immerhin die Vorstellung intakt, dass...
Fazit: „The Way Back“ erfindet das Sub-Genre abenteuerlicher und tragischer Flucht-Streifen absolut nicht neu, unterhält über die gesamte Spielzeit aber gut ohne den Zuschauer jedoch wirklich zu fesseln.