„Alles was einen Superhelden ausmacht, ist die Entscheidung, das Böse zu bekämpfen!“
„Super“ ist der bis dato jüngste Regie-Streich von US-Amerikaner und Ex-Troma-Mitarbeiter James Gunn („Slither“), der damit quasi parallel zu „Kick Ass“ dessen bösen kleinen Bruder entwickelte: Eine Superhelden-Persiflage im bitterbösen Tragikomödien-Gewand.
Der wenig auffällige Frank (Rainn Wilson, „Haus der 1000 Leichen“) zehrt in seinem Leben in erster Linie von zwei Ereignissen: Der Heirat seiner hübschen Frau Sarah (Liv Tyler, „Der Herr der Ringe“-Trilogie) und dem einen Moment, in dem er einem vorbeieilenden Polizisten einen entscheidenden Hinweis über den Fluchtweg eines mutmaßlichen Spitzbuben geben konnte. Letzteres gibt bereits einen Einblick in Franks Selbstwertgefühl und so ist es wenig verwunderlich, dass er in eine tiefe Krise stürzt, als seine ehemals drogenabhängige Frau einen Rückfall erleidet und in die Fänge des schmierigen Unterwelt-Barons Jacques (Kevin Bacon, „The Flatliners“) gerät. Erste Versuche, Sarah nach Hause zurückzuholen, scheitern, zudem scheint man ihn überhaupt nicht ernstzunehmen. Doch naive christliche Superhelden-Cartoons im TV bringen ihn auf die ultimative Idee und mithilfe von Recherchen im örtlichen Comic-Laden sowie einer göttlichen Eingebung wird er zum „Blutroten Blitz“, bewaffnet mit einer Rohrzange. Er knöpft sich manch Missetäter auf der Straße vor, erweist sich als wenig zimperlich und teilt kräftig aus. Schließlich erhält er Unterstützung von der Comic-Verkäuferin Libby (Ellen Page, „Juno“) und bläst zur großen Sarah-Rückhol-Aktion…
„Du sollst nicht vordrängeln!“
James Gunn torpediert die Erwartungshaltung des unbedarften Zuschauers, indem er entgegen allen Gesetzen der Romantic Comedy seinen von der Frau verlassenen Verlierer zwar vorführt, ihn jedoch nicht zum unbedingten Sympathieträger hochstilisiert, der nach einigen Anläufen zielsicher auf ein Happy End zusteuert. Nein, Frank näht sich eher unbeholfen seinen Superhelden-Dress zusammen und muss bald lernen, dass ihm a) die Verbrecher nicht gerade in die Arme laufen und ein erwartungsvolles, nächtliches Kauern hinter Mülltonnen verdammt langweilig sein kann und er b) in Ermangelung tatsächlicher Superkräfte dringend eine Waffe benötigt – so nimmt er fortan seine Rohrzange mit auf seine Touren und entwickelt einen Heidenspaß daran, mal mehr, mal weniger moralisch verwerflich Handelnden kräftig mit ihr eins überzubraten, dass das Blut nur so spritzt. Damit greift Gunn zum einen die splatterige Tradition seines ehemaligen Arbeitgebers „Troma“ sowie seines Regie-Vorgängers „Slither“ auf und zeigt zudem extrem schwarzhumorig und in voller Konsequenz die möglichen Folgen fragwürdiger Selbstjustizhandlungen selbsternannter Helden. Immer wieder bekommt der Zuschauer einen Schuss vor den Bug, sobald er Gefahr läuft, sich ein Stück weit mit Frank zu identifizieren. Ultrabrutal geht es dabei bisweilen zu, die grobe Kelle bestimmt das Handwerk.
Immer wieder baut Gunn auf die Unvorhersehbarkeit seiner grotesken, gnadenlos überzeichneten, jedoch nie zu absurden Handlung und schafft dadurch auf ihre individuelle Weise spannende Unterhaltung, die irre Einzelgänger und Eigenbrötler wie Frank und seinen Sidekick „Blitzi“ – jene Comichändlerin, die sich als noch verrückter als Frank entpuppt – auf skrupellose, widerwärtige Drogendealer treffen lässt, bis es folgerichtig irgendwann dann doch noch so richtig eskaliert und der Action-Anteil des Films in die Höhe schnellt. Zwischendurch wird das eine oder andere Superhelden-Klischee auf die Schippe genommen, wird in Rückblenden gezeigt, wie Frank und seine Sarah zusammenkamen und stellen manch animierte Comic-Einsprengsel auch stilistisch einen Bezug zur Welt der gezeichneten Bilder her. Akustisch führt ein lockerer Rock-Soundtrack durch den Film, durchaus hörenswert und ebenfalls die eigentliche Bitter- und Grausamkeit des Films konterkarierend.
Der Epilog, der beschreibt, was nach dem Finale passierte, ist – ich erinnere an meine Worte bzgl. der Erwartungshaltung – vollkommen unlustig, eigentlich tieftraurig, letztlich jedoch innerhalb dieses bizarren Films der vermutlich realistischste Moment, dessen Inhalt ich an dieser Stelle natürlich nicht verrate. Evtl. ist er in seiner ernüchternden Aussage sogar als Kompromissmöglichkeit, mit der es sich für „Verlierertypen“ wie Frank arrangieren lässt, zu verstehen. Wie dem auch sei, neben dem Beschriebenen wird auch schauspielerisch einiges geboten, denn Rainn Wilson scheint prädestiniert für seine Rolle und spult die ganze Palette von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt nach Art eines erbarmungswürdigen Clowns absolut gekonnt ab. Ellen Page gibt überzeugend einen unberechenbaren kleinen Teufel im Körper eines vermeintlich niedlichen Mädchens und darf sich u.a. in einer der sicherlich außergewöhnlichsten Sexszenen in der Geschichte des Superhelden-Films verausgaben. (Beide standen übrigens bereits in „Juno“ gemeinsam vor der Kamera.) Liv Tyler hat nicht so viel zu tun und muss eigentlich die meiste Zeit nur sediert aus der Wäsche gucken. Natürlich ist sie in einem Film wie diesem an der Seite einer Rolle wie der des „Blutroten Blitzes“ ein echter Hingucker. Kevin Bacon schlüpft einmal mehr in die Rolle des Widerlings, die ihm stets auf den Leib geschneidert scheint – so auch hier.
Fazit: „Super“ ist genau das und dürfte für viel Entsetzen, aber auch für viel Spaß sorgen – je nach Publikum…