Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von Ken Bruen, der mir nicht vorliegt und deswegen bekommt LONDON BOULEVARD eine vom Roman unabhängige Chance. Aber auch unabhängig davon ist er ein sehr interessanter Bastard von Thriller, der verdammt cool und lässig beginnt und auf große Hose und Pose macht und damit viel Erwartung aufbaut.
Im Mittelteil vergisst LONDON BOULEVARD vor lauter Cool- und Hipness und stets einzelnen wieder sehr gut komponierten Szenen, dann ein wenig den chauvinistischen Zuschauer bei der durchaus erregten Stange zu halten und hat einige narrative Schwächen, die ihn für mich fast in die untere Mittelklasse-Schublade bugsiert hätten.
Daran kann auch der unglaublich erfrischende und unverbrauchte Soundtrack nichts ändern. Die Geschichte (OHNE SPOILER!) von Mitchel (Colin Farrell) der frisch aus dem Gefängnis entlassen sich zwischen erneutem Gangsterleben und einem Neuanfang entscheiden muss dümpelt zuerst recht unentschlossen und ziellos daher. Dann passiert aber das völlig Unerwartete und es entsteht ein wirklich subtiler und immer stärker werdender hypnotischer Sog der diese Schwächen mehr als kompensiert und das kompromisslose Ende pushed LONDON BOULEVARD in ungeahnte Höhen.
Der Film versteht es die vermeintliche Schwäche der Unorientiertheit in eine Stärke der faszinierenden Ungewissheit zu transformieren. Hut ab! Selten hat für mich ein Film so die Kurve gekriegt und mich letztlich doch noch überzeugt. Für mich ist es kurz gesagt die beste Darstellung Farrells, auch wenn Farrell Fans vielleicht noch andere Ideen und Meinungen haben und er generell nicht gerade über die abenteuerlichste und abwechslungsreichste Mimik aller Zeiten und Mimen verfügt. Die anderen Charaktere können auch überzeugen, allen voran Retro-Pate Ray Winston und auch Keira Kneightly.
Wenn ich sie nicht auch in anderen durchwachseneren Rollen kennen würde, wäre ich veranlasst zu schreien, dass ich viel mehr von ihr sehen möchte. Aber in LONDON BOULEVARD ist sie kurz gesagt “zum verlieben“ und vermag der undurchschaubaren Charlotte ein erstaunlich facettenreiches Gesicht zu geben. Andernorts gesehen Vergleiche mit Ritchie oder sogar Tarantino-Werken sollte man allerdings gleich wieder in die verstaubte Klischee-Schublade stecken und sich an dem zwischenzeitlichen durchwachsenen, aber in der Schlussnote unerwartet starken Abgang von LONDON BOULEVARD erfreuen.
7/10 Paparazzi....äh,....Punkten