Der junge malaysiche Regisseur James Wan den viele insbesondere von dem phantastischen ersten SAW Teil kennen hat hier mit INSIDIOUS (= heimtückisch, hinterlistig) einen sehr guten Beitrag zum Horrorgenre abgeliefert. Es ist kein "Meisterwerk" wie hier einge schreiben, ich erkläre unten warum, aber ein insbesondere im ersten Teil ein extrem gruseliger Film der selbst mir als hartgesottenen Seher den Herzschlag in einigen Momenten sehr beschleunigt hat. Mit nur 1,5 Millionen Dollar Budget ist dies umso herausragender zu sehen, denn sowohl die Schauspieler als auch die Ausstattung sind ohne wenn und aber sehr hochwertig. Wie so oft würde ich auch hier empfehlen den Trailer vorher nicht zu sehen, dann sind die Überraschungen umso grösser.
Die Story ist zunächst einfach und gradlinig. Eine Familie mit Kindern zieht in ein neues Haus ein - man ahnt schon was kommt - und eins der Kinder fällt unerklärlicherweise ins Koma. Bald darauf kommt es zu sehr verstörenden Ereignissen und die Kinder als auch insbesondere die Mutter erleben unheimliche Stimmen und Erscheinungen. Selbst nachdem die Familie erneut umgezogen ist bleiben die Ereignisse und eine hinzugezogene Parapsychologin mit 2 Ghostbuster-Nerds im Schlepptau nimmt sich dem Fall an und geht den Dingen nachhaltig auf den Grund.
Der Film erhöht den Suspense Faktor im Laufe der Handlung stetig. Ganz überragend ist er tatsächlich in der ersten Hälfte als das Grauen und die übernatürlichen Vorkommnisse nur zart angedeutet und physische Erscheinungen der "Geister" noch nicht stattfinden. Es gibt einige Szenen, z.B. die Stimmen die aus dem Babyphon kommen oder das nachhaltige Klopfen an der Haustür, die Weltklasse sind in bezug auf die Spannung die beim Zuschauer ob dieses unbekannten, unfassbaren Grauens erzeugt wird. Deswegen könnte man den Film soweit sehr vereinfachend tatsächlich als "PARANORMAL ACTIVITY mit Budget und guten Schauspielern" bezeichnen. Bis hierhin hätte ich klar zu Höchstnoten gegriffen.
Der Film verliert leider deutlich an Wirkung als sich die unerklärlichen Ereignisse in geisterhaften "Menschen" oder dauerhaft sichtbare Wesen manifestieren. Real aussehende und handelnde Wesen, sicherlich schauerlich anzusehen, aber eben so entrückt im Sinne von "irreal" anmutend, dass man sich hier verliert und auf einmal in einem Geisterfilmchen mit "Rette sich wer kann Effekt" wiederfindet.
Dieser auch für mich unerwartete explizite Geisterhorror mit seinen vorgegebenen Problemen und der Gefahr der Lächerlichkeit ist leider abwertend zu sehen. Der Zuschauer fügt doch sowieso die Dinge selbst in seiner Phantasie in noch drastischer Weise zusammen. Also etwas weniger wäre besser gewesen. Nicht falsch verstehen, ich bin ein Fan auch extremst- explizitem Gore-Einsatzes aber der Film hat nachhaltig seine eindeutigen und wirklich innovativen Stärken anfangs wenn das Grauen noch nicht so überdeutlich greifbar manifestiert ist.
Dazu trägt auch der ein oder andere läppische Hui-Buh Effekt bei und hier und da wird die Grenze zu Trash zwar nicht überschritten aber angedeutet. Sehr gut wiederum funktioniert eine zentrale Figur eines satanähnlichen Dämons, fast immer nur kurz und angedeutet zu sehen, schafft es diese Figur aufgrund von geschickt provozierten archarischen Urängsten (ganz in schwarz, Klauen, rotes Gesicht) erneut sehr eindrücklich Schrecken zu verbreiten. Auch die Szenen in der "Parallelwelt" der Geister sind sehr gut gelungen da hier wieder im Dunkeln die Dinge oft nur angedeutet werden (können).
Anzutreffende Vergleiche mit Kult-Regisseuren wie Carpenter, Lynch oder sogar Cronenberg möchte ich weit von mir weisen. Diese Klasse erreicht der Film bei weitem nicht. Ich würde ihn als intellektuell ausgebaute Variante für Halloween, Scream, Jason und Freddy Krüger Fans bezeichnen. Oder für PARANORMAL ACTIVITY Fans denen das gesehene dann doch etwas zu unkonkret war. Sehr nervig ist leider streckenweise die Musik die immer wieder durch sehr laute verzerrt-asynchrone Streicher versucht die Spannung noch anzuheizen. Hier wäre auch weniger mehr gewesen.
Der Film überrascht dann noch zuletzt mit dem bösen, hier nicht im Detail verratenen Ende, und er sammelt auch hier wieder Punkte durch seine Konsequenz und dass er die Story nicht in Hollywood Manier in "Ende gut, alles gut"-Wohlgefallen auflöst. Trotz der oben geäusserten Kritik an dem Element der zu frühen und zu deutlichen Verkörperlichung des Grauens alles in allem trotzdem ein must-see für Horrorfans - es wird die Gemeinde spalten in Begeisterte oder Ablehnende, indifferent wird man sich dem Film gegenüber kaum verhalten können. Und das ist ja auch eine Leistung eines Films die erst einmal erreicht werden muss.
7/10 Punkten (enthält viel Respekt vor dem niedrigen Budget und der doch so mutigen Umsetzung)