Sofern man nicht gerade im Sterben liegt, ist eine außerkörperliche Erfahrung erschreckend und im positiven Sinne überwältigend zugleich. Das kann beispielsweise bei totaler Übermüdung geschehen, kurz vorm Einnicken mit dem Gedanken ans Bett, kann man sich selbst für einen Moment dort liegen sehen.
James Wan nimmt jene Astralprojektion als Aufhänger für seinen Geisterfilm, der irgendwo zwischen „Poltergeist“, „Paranormal Activity“ und „Tanz der toten Seelen“ bunt zusammengewürfelt, aber mit Gespür für spannende Momente inszeniert ist.
Familie Lambert bezieht endlich das Eigenheim mit den drei Kindern, doch nach einiger Zeit häufen sich unerklärliche Vorfälle, bis Sohn Dalton in einen komaähnlichen Zustand fällt.
Doch damit reißen die unheimlichen Ereignisse nicht ab und auch ein Umzug bringt keine Veränderung. Es muss Hilfe von außen her…
Es ist mal wieder der klassische Einstieg für den konventionellen Geisterhausfilm: Frischer Umzug, alles ist super, wenn auch etwas stressig, doch alle haben sich lieb.
Auf angenehm altmodische Art mehren sich die kleinen Schockeinlagen, von der Gestalt hinter der Tür über die Flüsterstimme im Babyfon oder dem blutigen Handabdruck auf dem Bettlaken. Geschickt dreht Wan an der Spannungsschraube, setzt die Kamera effektiv mit Gespür für die passenden Blickwinkel ein und konzentriert sich zunächst voll auf die Ahnungslosigkeit und die damit verbundene Hilflosigkeit der Protagonisten.
Renai, die dreifache Mutter ist davon besonders betroffen, während ihr Mann Josh, da muss dann doch mal die Klischeeverteilung herhalten, alles als Zufall und Hirngespinste abtut.
Mit dem erneuten Umzug, der wiederum eher selten für einen Geisterfilm ist, wechselt die Gangart ein wenig und es erfolgen diverse Auflockerungen durch zwei Nerds mit paranormalen Ambitionen und dem Medium Elise, die Kontakt zu Geistern und Dämonen in der Zwischenwelt aufbauen kann. Spätestens, als Elise ihre Gasmaske aufsetzt, ist es ein wenig mit der Gruselstimmung dahin, es folgen einige unfreiwillig komische Einlagen, einschließlich Nebeleffekte und leicht trashiger Masken der Alptraumfiguren.
Mit dem Übergang ins so genannte Ewigreich unterhält Wan auf jeden Fall nicht mehr so sehr mit spooky scenes.
Was anbei recht gut funktioniert, sind die Darsteller in Sachen Glaubwürdigkeit und Zusammenspiel. Patrick Wilson und Rose Byrne geben ein weitgehend harmonisch aufeinander abgestimmtes Paar ab, Lin Shaye gibt als Medium Elise eine hervorragende und intensive Performance, während Barbara Hershey als Joshs Mutter ein wenig zurückhaltend daherkommt.
Auch Score und Sounduntermalung wirken eher hintergrundartig, doch innerhalb der Schockmomente sind sie effektiv eingesetzt und sorgen für den nötigen Gänsehautfaktor.
„Insidious“ bietet also weniger Spukhausfilm, denn Geisterfilm im klassischen Sinne, - auch wenn die meisten Gruseleinlagen wenig innovativ sind und am Ende etwas viele Geisterbahneffekte den Showdown dominieren, so unterhält die Erzählung dennoch von Anfang bis zur letzten Sekunde des Abspanns.
Sonderliche Plot Twists werden zwar nicht geboten und auch der Ausgang überrascht wenig, doch im Gesamtbild offenbart sich fast schon eine Hommage an die klassischen Genrebeiträge in Sachen Spuk und Geister: Nicht sonderlich einfallsreich, jedoch überwiegend auf den Punkt in Szene gesetzt und mit einigen spannenden und intensiven Momenten versehen.
7 von 10